Däne bekommt einen Defibrillator Christian Eriksen und der schwierige Weg zurück

Stand: 17.06.2021 12:38 Uhr

Dem dänischen Mittelfeldspieler Christian Eriksen wird nach seinem Kollaps ein Defibrillator eingesetzt. Doch selbst wenn er seine Karriere fortsetzen kann, wird sein Leben als Fußballer wohl nie mehr so sein wie früher.

Wenn Daley Blind am Donnerstag (17.06.2021) zum zweiten EM-Spiel der niederländischen Fußball-Nationalmannschaft gegen Österreich den Rasen betritt, dann hat er seinen Lebensretter mit dabei. Der 31-Jährige trägt einen Defibrillator unter der Haut.

Der hat ihm im August 2020 wohl das Leben gerettet. Da griff sich der Innenverteidiger in Diensten von Ajax Amsterdam in einem Testspiel gegen Hertha BSC plötzlich an die Brust und kollabierte. Als sein Herz zu versagen drohte, sendete das kleine Titankästchen Schock-Impulse aus. Nach einer kurzen Pause konnte Blind zur weiteren Behandlung den Platz verlassen.

Bei Blind wurde im Dezember 2019 eine Herzerkrankung diagnostiziert. In einem Champions-League-Spiel gegen den FC Valencia war ihm aus dem Nichts schwarz vor Augen geworden. Ein Herzmuskel war schwer entzündet. Um seine Karriere fortsetzen zu können, ließ er sich den Defibrillator implantieren. Die Entscheidung, trotz seiner Herzprobleme weiter Profisport zu betreiben, fällte Blind nach reiflichen Überlegungen und in enger Absprache mit den Medizinern. "Die Ärzte sagen, ich bin in Sicherheit", sagt Blind.

Auch Eriksen bekommt Defibrillator

Nachdem der Däne Christian Eriksen bei der EURO im Spiel gegen Finnland auf dem Platz zusammenbrach und wegen eines Herzstillstands wiederbelebt werden musste, stellen sich Fans in aller Welt auch die Frage, wie es weitergeht mit dem sympathischen Mittelfeldspieler. Und jetzt steht fest: Er kann seine Karriere vielleicht fortsetzen.

Denn auch der 29-Jährige bekommt einen Defibrillator eingesetzt. Das gab der dänische Verband am Donnerstag (17.06.2021) bekannt. "Bei Christian wurden verschiedene Herz-Untersuchungen durchgeführt. Danach wurde entschieden, dass er einen Defibrillator bekommen sollte. Diese Entscheidung ist nötig, nachdem Herzrhythmusstörungen bei ihm eine Herzattacke ausgelöst hatten", wird der dänische Mannschaftsarzt Morten Boesen in der Mitteilung des Verbands zitiert.

Die Angst spielt mit

Es gibt Zeiten, in denen Blind seine Geschichte verdrängen konnte. In diesen Tagen kann er das nicht. Das Drama um Eriksen, mit dem er bei Ajax Amsterdam zusammenspielte und mit dem er eng befreundet ist, traf Blind mit unerhörter Wucht. Gegen die Ukraine ließ er sich danach unter Tränen auswechseln. "Für mich war es ein Déjà-vu, das macht es so intensiv. Auch für meine Familie. Meine Eltern, meine Frau. Es war eine große emotionale Barriere, die ich durchbrechen musste, um überhaupt auf den Platz gehen zu können", sagte er sichtlich bewegt nach dem Spiel: "Ich habe ernsthaft überlegt, es zu lassen."

Klar ist: Auch wenn sich Blind körperlich sicher fühlen mag, sendet sein Kopf zurzeit andere Signale. Wie lange bei ihm noch die Angst mitspielt, ist ungewiss.

Auch Engelbrecht spielte mit Defibrillator

Dass Leistungssport mit Herzproblemen möglich, aber schwierig ist, zeigt auch die Geschichte von Daniel Engelbrecht. Er brach im Juli 2013 in einem Spiel für die Stuttgarter Kickers bei Rot-Weiß Erfurt nach einem Herzstillstand auf dem Spielfeld zusammen und musste reanimiert werden. Die Diagnose: Eine Herzmuskelentzündung und chronische Herzrhythmusstörungen.

Nach vier Operationen feierte er im November 2014 sein Comeback. Er war der erste  Fußballprofi in Deutschland, der mit einem Defibrillator auflief. Doch die Herzprobleme blieben - wie auch bei Blind. Nach erneuten Beschwerden beendete Engelbrecht 2017 seine aktive Karriere.

"Ich habe mir die Szene oft angeguckt. Meine Szene ist identisch abgelaufen", sagte Engelbrecht am Dienstag in der ZDF-Talkshow "Markus Lanz": Auch er war an der Außenlinie zusammengebrochen, als er bei einem Einwurf für sein Team auf seinen Mitspieler zulief. "Der erste Schritt, wo er seine Koordination verloren hat, kam mir sofort in den Sinn: Oh mein Gott, bitte nicht! Im nächsten Moment liegt er auf dem Boden, und in diesem Moment hat es bei mir am ganzen Körper gerappelt, ich habe angefangen zu zittern und Gänsehaut gekriegt. Ich habe mir gesagt: Steh wieder auf, steh wieder auf, steh wieder auf", berichtete der Ex-Profi.

"Fußball ist nun wirklich hinten angestellt"

Wie es mit Christian Eriksen jetzt genau weitergeht, weiß auch Engelbrecht nicht zu sagen: "Wir sind alle froh, dass er wieder wohlauf ist und die ersten Grüße aus dem Krankenhaus geschickt hat. Jetzt kommt aber die spannende Frage: Wie kommt er aus der Geschichte raus?"

Er rechnet mit aufwändigen Untersuchungen. "Wenn es Herzrhythmusstörungen waren, dann müsste man jetzt schauen, wo kommen die her. Wo sitzt der Herd, wo sie ausgelöst werden. Kann man die eventuell veröden oder vereisen, um sie so zu eliminieren, dass er wieder ein normales Leben führen kann - ohne Gefahr zu laufen, dass er plötzlich wieder zusammenbricht. Das dauert. Ich rechne nicht damit, dass er diesem Jahr noch einmal Fußball spielt", sagte der 30-Jährige, der noch heute unter Panikattacken leide. Und er stellt klar: "Fußball ist nun wirklich hinten angestellt."

Eriksen hat noch nicht entschieden

Auch Blind wünscht sich für seinen Freund nur eines. "Bitte lassen Sie Christian in Ruhe. Geben Sie ihm Raum und Zeit, sich zu erholen", sagte er jüngst in einem Interview in Richtung der Medien. Eriksen selbst hat übrigens dem medizinischen Eingriff an sich zugestimmt - ob er dann aber auch seine Karriere fortsetzen will, das hat er noch nicht gesagt.