Testspiel in Düsseldorf DFB-Team vor der EURO 2020 - Löw und das Ende einer langen Suche

Stand: 08.06.2021 08:30 Uhr

Mit Robin Gosens, Kai Havertz und einer neuen, alten Position für Joshua Kimmich - nach dem Testspielsieg gegen Lettland spricht einiges dafür, dass der Bundestrainer Joachim Löw seine erste Elf gefunden hat.

Die Ehrenrunde zum Abschied war eine Abschiedsrunde zu Ehren der Fans, die mal wieder ein Spiel der Nationalmannschaft sehen durften. Sechs der etwa 1.000 Zuschauer sind kurz nach dem Abpfiff der Partie bekannt geworden. Robin Gosens führte auf, dass seine Eltern, seine Verlobte, sein Bruder und zwei Kumpel das 7:1 gegen Lettland im Düsseldorfer Stadion verfolgten.

Gosens war so aufgewühlt angesichts seines ersten Länderspieltores vor den Augen der Familie, dass er "jetzt fast schon auf Italienisch" antworten wollte. Dann erinnerte sich der Profi von Atalanta Bergamo jedoch an die Umgebung und später auch daran, dass die Diskrepanz zwischen der Qualität Lettlands und der von Frankreich enorm sein wird.

Der Bundestrainer gönnte seinen Spielern den Spaß für den Moment, gab aber auch zu bedenken: "Die Arbeit fängt jetzt erst an." Die Aufgabe wird sein, für Gegner gewappnet zu sein, die komplexe Anforderungen stellen. Lettland forderte nur dazu heraus, einen Weg durch viele Abwehrbeine zu finden. Das allerdings gelang am Montag (07.06.2021) eindrucksvoll. Die sieben Treffer verteilten sich auf sieben Torschützen.

Rückkehrer Kimmich fremdelt zunächst

Acht Tage vor dem Auftakt in die Europameisterschaft drehte Löw die Zeit noch ein bisschen weiter zurück. Anders als Mats Hummels und Thomas Müller handelte es sich bei Joshua Kimmich aber um eine Rückversetzung und nicht um eine Rückholaktion. Kimmich spielte zum ersten Mal seit dem 27. Juni 2018 wieder auf der rechten Seite. An jenem Tag schied die deutsche Mannschaft durch eine Niederlage gegen Südkorea aus der WM aus.

Die Rückbesinnung kommt spät, deutete sich aber an, da die zwischenzeitlich getesteten Optionen allesamt durchfielen. Hätte sich Kimmich als Neuling beweisen müssen, wären nach der ersten Halbzeit gegen Lettland auch an ihm Zweifel erlaubt gewesen. Der Profi des FC Bayern fremdelte mit seiner neuen, alten Position, schlug viele Flanken aus dem Halbfeld, die meistens abgefangen wurden. Diese Schwäche führte hauptsächlich zu einer müden Phase zu Beginn, die aber auch vor der Pause die einzige blieb.

Rückpass von der Torlinie als Erfolgsrezept

Bezeichnenderweise brachte Gosens die Auswahl des DFB mit seinem ersten Länderspieltor in Führung, nachdem ein Kollege zum ersten Mal bis zur Torlinie vorgedrungen war und klug zurück passte, in diesem Fall war es Kai Havertz. Auch das 3:0 durch Thomas Müller fiel nach diesem Muster. Gosens, der durch eine auffällige Leistung seinen Platz für das Spiel gegen Frankreich sicher haben dürfte, leistete die Vorarbeit.

Jeder zweite Schuss ein Treffer - bis zur Pause

Die Effizienz bei Abschlüssen war eines der drei Themen, die Löw im Trainingslager von Seefeld in den Vordergrund gerückt hatte. Es war auch das einzige, bei dem das Spiel gegen den 138. der Weltrangliste Aussagekraft versprach. Die Letten waren viel zu schwach, um die Defensive auf generelle Stabilität und spezielle bei Standardsituationen zu testen.

Für die erste Halbzeit durfte der Bundestrainer sehr zufrieden mit der Chancenverwertung sein. Fünf der zehn Schüsse innerhalb des Strafraums landeten auch im Tor. Löw lobte: "Wir haben aus unseren Chancen Tore gemacht und hatten viele gute Laufwege. Das war das Ergebnis vieler intensiver Trainingseinheiten."

Die Quote sank nach der Pause allerdings beträchtlich, obwohl gleich die erste Möglichkeit genutzt wurde. Timo Werner traf nach Zuspiel von Kimmich, erneut von der Torlinie, zum 6:0. Mit der Hacke vollendete der Stürmer, der die zentrale Position in der 3-4-2-1-Grundformation von Serge Gnabry übernommen hatte.

Havertz sammelt Pluspunkte

Mit dieser Aktion führte Werner das Selbstvertrauen vor, von dem die Spieler des FC Chelsea nach dem Gewinn der Champions League sprachen. Auch bei Havertz war es zu sehen, der das Duell um einen Startplatz im Turnier gegen Leroy Sané gewonnen haben dürfte.

Ilkay Gündogan, der das Finale mit Manchester City gegen Chelsea verlor, meldete mit einer sehr ordentlichen Leistung auch berechtigte Ansprüche an.

Da Leon Goretzka für das Spiel gegen Frankreich wahrscheinlich ausfallen wird, dürfte die Elf der ersten Halbzeit gegen Lettland auch zu ganz großen Teilen die des Auftaktspiels sein. Fraglich erscheint allein die Besetzung des zentralen Stürmers. Werner und Gnabry, der möglicherweise statt Sané nach links rücken könnte, streiten darum in der knappen Woche Vorbereitung, die Joachim Löw im Basisquartier in Herzogenaurach noch bleiben.

Die wahrscheinliche Startelf für das Spiel gegen Frankreich:

Neuer - Ginter, Hummels, Rüdiger - Kimmich, Gündogan, Kroos, Gosens - Müller - Havertz, Gnabry (Werner)