Afrika-Cup 2022 in Kamerun Afrika-Cup – zwischen Horror, Hitze und sportlichen Sensationen

Stand: 07.02.2022 07:29 Uhr

Der Afrika-Cup war überschattet von einer Zuschauertragödie mit acht Todesopfern. Was sonst hängen blieb? Schwierige Bedingungen und sportliche Überraschungen.

Die 33. Auflage des Afrika-Cups ist vorbei, nach dem Sieg des Senegal über Ägypten im Endspiel am Sonntag (06.02.2022) kehren die Stars des afrikanischen Fußballs wieder in ihre Heimatvereine zurück.

Natürlich: Die Zuschauertragödie am Rande der Achtelfinal-Partie zwischen Gastgeber Kamerun und den Komoren hat den Afrika-Cup schwer erschüttert. Über die Sinnlosigkeit eines solchen Unglücks ist in den Tagen nach dem Unglück in Kamerun intensiv diskutiert worden, ohne jedoch wirklich zu einem fassbaren Resultat zu kommen.

Wie konnte das passieren? An der Architektur des Stadions und seiner Eingänge habe es nicht gelegen, resümmierte der Afrikanische Fußballverband CAF und gab die Arena nach einer Untersuchung wieder frei. "Menschliches Versagen" wurde letztlich als Grund herausgefiltert - die Security an den Toren habe Fehler gemacht, so hieß es.

Hitze sorgte für tempoarme Partien

Was bleibt sonst vom Turnier hängen? Die Hitze in den Stadien, die ein Mitgrund dafür war, dass fussballerische Highlights rar gesät waren. Die Teams spielten angesichts der hohen Temperaturen kraftsparend und weitgehend mit angezogener Handbremse. Teams wie Nigeria oder Gambia, die in der Vorrunde Gas gegeben hatten, mussten anschließend Tribut zollen. Und schieden in den K.o.-Spielen frühzeitig aus.

Überraschend: Titelverteidiger Algerien mit Man Citys Riyad Mahrez musste ebenso in der Vorrunde die Segel streichen wie Ghana, das mit einigen Stars aus der englischen Premier League besetzt war. Beide Teams, denen im Vorfeld eine Favoritenrolle zugerechnet wurde, spielten vom ersten Anpfiff an zaghaft, ohne Verve.

"Es gibt in Afrika keine Kleinen mehr"

Das rächte sich, denn nicht nur Gernot Rohr, der ehemalige Nationaltrainer Nigerias, stellte zwischenzeitlich fest: "Es gibt auch in Afrika keine Kleinen mehr. Die schwächeren Nationen haben enorm aufgeholt, man kann keine Punkte mehr im Vorbeigehen mitnehmen."

Hinzu kam der ungünstige Modus des auf 24 Teilnehmermannschaften aufgeblähten Cups: Weil neben den beiden Gruppenersten aus den sechs Vorrunden auch noch die vier besten Gruppendritten den Sprung ins Achtelfinale schafften, begnügten sich viele Teams in den ersten Spielen auf das Sichern der Defensive. Man wollte die wenigen nötigen Punkte für das Weiterkommen quasi im Gehen mitnehmen.

Das ist einigen gelungen – neben der erst allmählich in Fahrt gekommenen Elfenbeinküste mit Stars wie Franck Kessie (Milan), Nicolas Pepe (Arsenal), Sébastien Haller (Amsterdam), Wilfried Zaha (Crystal Palace), Serge Aurier (Villarreal) und Amad Diallo (Manchester United) auch Mo Salahs Ägypten und der Senegal, der von Liverpools Sadio Mané angeführt wurde. Dass die zunehmend mutiger agierende Elfenbeinküste im Achtelfinale dann an defensivstarken Ägyptern scheiterte, passte zum Turnierverlauf.

Komoren - trainiert wie eine Vereinsmannschaft

Es waren die Stars aus der englischen Premier League, die dem Afrika-Cup eigentlich ihren Stempel aufdrücken sollten. Eher hängen bleiben in der Erinnerung werden aber die starken Auftritte der sogenannten "Kleinen" des Turniers wie Komoren, Gambia, Malawi und den Kapverden. Sie alle greifen auf Spieler zurück, die teils gar nicht in Europa unter Vertrag stehen – und wenn, eher in unterklassigen Ligen.

Die Komoren beispielsweise, die seit 2015 in nahezu gleicher Besetzung wie eine Vereinsmannschaft trainiert werden, greifen auf Spieler zurück, die nahezu sämtlich aus dem Süden Frankreichs stammen und dort in der 2. oder 3. Liga unterwegs sind. Ihr Trainer Amir Abdou – selbst in Marseille geboren – hat nach ihren afrikanischen Wurzeln geforscht und ein Team zusammengebaut, deren Spieler vor ihrer Nationalmannschaftkarriere kaum einmal auf den Komoren gewesen sind.

Außenseiter Gambia - Weltenbummler als Architekt

Ganz erstaunlich auch der Auftritt Gambias. In dem kleinen westafrikanischen Land, in dem gerade einmal um die zwei Millionen Menschen leben, arbeitet seit 2018 Fußball-Weltenbummler Tom Saintfiet als Nationaltrainer. Der Belgier, der seit 2010 weltweit schon über 20 Trainerstationen in seine Vita fügte, hat dort offenbar seine zweite Heimat gefunden. Sein Team der Namenlosen bestach beim Cup mit extremer mannschaftlicher Geschlossenheit, sicherer Defensive und überfallartigem Konterspiel.

Sierra Leone und Burkina Faso - Sport inmitten des Chaos

Und wie sich die Spieler Sierra Leones oder Burkina Fasos angesichts der widrigen Umstände in ihren Heimatländern auf ein derartiges fußballerisches Highlight konzentrieren konnten, wird ihr Geheimnis bleiben. Sierra Leones Akteure trotzten in der Vorbereitung auf das Turnier geradezu katastrophalen wirtschaftlichen Verhältnissen in ihrem Land, das sich noch lange nicht von einem blutigen, zehn Jahre währenden Bürgerkrieg erholt hat.

Und in Burkina Faso brach während des Cups Chaos aus, nachdem ein Militärputsch den Staatspräsidenten vom Stuhl gefegt hatte. Nach wochenlangen Unruhen in dem westafrikanischen Land hatte sich das Militär am 24. Januar an die Macht geputscht - einen Tag, nachdem das Nationalteam sich ins Viertelfinale gekämpft hatte. Die Verfassung sei außer Kraft, die Regierung und das Parlament aufgelöst, teilten die Putschisten um Junta-Chef Paul-Henri Sandaogo Damiba nach der Übernahme mit. Burkina Fasos Fußballer liefen derweil zur Höchstform auf und scheiterten erst knapp im Halbfinale am Senegal. Auch das war der Afrika-Cup 2022.