Klatscht gerne Applaus: Antonio Conte

Eintracht-Gegner Tottenham Hotspur Tottenhams Coach Conte - Heiß wie ein Vulkan

Stand: 11.10.2022 14:11 Uhr

Er ist ein besonder Trainertyp: Antonio Conte hat bei Frankfurts Champions-League-Gegner Tottenham Hotspur einiges in Gang gebracht. Seine impulsive Art wirkt ansteckend.

Es ist eine Woche her, da hörte sich Antonio Conte wie ein Fußballlehrer an, der zum ersten Male die ganze große Bühne betreten hatte. "Es ist in den Stadien nicht so ganz einfach bei einem solchen Lärm", sagte der Italiener nach der Nullnummer der Tottenham Hotspur bei Eintracht Frankfurt. Dann stimmte Conte einen Lobgesang auf die "großartige Atmosphäre" im Stadtwald an - als ob seine Startruppe ansonsten nur in der Provinz antreten würde.

Der Trainer hat vier Meistertitel in Italien gewonnen

Aber solche Auftritte wie nach dem dritten Champions-League-Spieltag im schwarz getünchten Presseraum der Frankfurter Arena sind Methode. Der 53-Jährige ist vor dem Gruppenspiel der "Spurs" gegen den Europa-League-Sieger (Mittwoch 21 Uhr) jetzt bald ein Jahr im Amt - und unterschiedet sich erheblich von einem Gentleman, der schweigend im Klubanzug auf der Trainerbank die Geschehnisse verfolgt. Statt dessen brodelt in der Coaching Zone ein Vulkan.

Seine eindrucksvolle Gestik und Mimik gehören zu seinem Repertoire. Dass er sich mitunter aufführt wie ein gestochenes Tier, liegt nicht nur in seinem Naturell begründet. Nicht wenige kennen den italienischen Meistertrainer, der Inter Mailand 2021 seit längerer Zeit den Titel der Serie A bescherte und mit Juventus zwischen 2012 und 2014 einen feinen Hattrick hinlegte, auch als exzellenten Showmaster. Zudem dienen ausladende Handbewegungen auch dazu, sein nicht ganz perfektes Englisch zu übertünchen.

Englischer Meister mit dem FC Chelsea 2017

Viele hatten damit gerechnet, dass sich eine gehobene Adresse der Premier League aus dem multikulturellen Nordkosten der Metropolregion London nach dem grandios gescheiterten Portugiesen Nuno Espirito Santo wieder einen Briten auf die Bank holt, der die Gepflogenheiten und den Sprachgebrauch im Mutterland des Fußballs besser beherrscht, aber Klubbesitzer Daniel Levy entschied sich im Herbst 2021 anders. Und holte seinen Wunschkandidaten, der das gewünschte Ergebnis brachte: Die "Spurs" kletterten mit ihrem pragmatischen Stil noch auf Platz vier. Das Ticket für die Königsklasse. Manchester United und der FC Arsenal waren die Leidtragenden.

Conte wusste wegen seines Engagements beim FC Chelsea (2016 bis 2018), was auf der Insel verlangt wird. Doch von ihm den ganz großen Coup zu verlangen, wie einst bei den "Blues", als er gleich in seiner Premierensaison zu Meisterehren kam, scheint ein bisschen zu viel des Guten. "Champions League und Premier League sind zwei der besten Wettbewerbe der Welt: Das kostet eine hohe Energie", sagt Conte, der allerdings bislang den Spagat mit seiner Mannschaft gut hinbekommt.

Italienische Abwehrkunst und englische Angriffslust

Ungeachtet der Niederlage bei Sporting Lissabon (0:2) sind die "Spurs" mit vier Punkten in der Königklasse in der Gruppe D noch auf Kurs – vorausgesetzt sie werden ihrer Favoritenrolle gegen den Bundesligisten gerecht. Und der dritte Platz nach neun Spieltagen im Liga-Alltag - nur drei Punkte hinter der Supertruppe von Manchester City - ist auch aller Ehren wert.

Das im Sommer durch den brasilianischen Nationalspieler Richarlison, den Ex-Bundesliga-Profi Ivan Perisic, den vom FC Barcelona geliehenen Abwehrmann Clement Lenglet oder den malischen Mittelfeldspieler Yves Bissouma verstärkte Aufgebot hat zwar vielleicht nicht eine solche Stardichte wie die "Citizens" oder der FC Chelsea zu bieten, aber definitiv mehr Optionen als der Coach öffentlich zugibt. Gerne beklagt Conte zwischendrin bei Verletzungen mal wieder die fehlende Tiefe seines Kaders.

Harry Kane ist einsatzbereit

Aber das ist Jammern auf hohem Niveau. Speziell mit seinen Offensivstars Heung-Min Son und Harry Kane ist diese Mannschaft immer in der Lage, jedem Topteam auf der Welt weh zu tun, auch wenn sich gerne alle Spieler dafür tief in der eigenen Hälfte verschanzen, sodass auf der Gegenseite Trainer wie Jürgen Klopp aus der Haut fahren. Tottenham beherrscht unter Conte längst die Kunst der feinen Nadelstiche.

Speziell Kane, seit 2013 im Verein, ist die Garantie, die italienische Abwehrkunst mit englischer Angriffslust zusammenbringt. Zuletzt humpelte der 29-Jährige zwar nach der letzten Premier-League-Partie bei Brighton & Hove Albion (1:0) vom Feld, aber danach gab er selbst Entwarnung: "Das war nur ein unbedeutender Schlag. Schmerzhaft, aber ich fühle mich schon ganz gut."

Englands Rekordtorjäger hatte vor seiner Auswechslung selbstredend das Siegtor erzielt. Ein minimalistisches Resultat, das Conte ganz besonders schmeckte. "Mit der Form, in der wir sind, bin ich ganz zufrieden." Und er wird es gewiss auch mit den fast 60.000 Fans sein, die sich an der White Hart Lane in dem 2019 eröffneten Schmuckkästchen für Mittwochabend ankündigen. Auch wenn es vielleicht wirklich nicht so laut wird wie vergangenen Dienstag in Frankfurt. Die Eintracht kann nur 3.000 Fans mitbringen.