SV Darmstadt 98, Trainer Torsten Lieberknecht

2. Bundesliga Die halbe Liga schaut nach oben

Stand: 19.08.2022 13:46 Uhr

In der 2. Bundesliga geht es ähnlich eng zu, wie in der vergangenen Saison. Mit dem Hamburger SV und SV Darmstadt 98 duellieren sich jetzt zwei Verfolger.

Keine Dienstreise bereitete dem Zweitligisten SV Darmstadt 98 regelmäßig so viel Vergnügen wie jene in den Hamburger Volkspark. Meist kehrten die Südhessen bester Laune aus dem hohen Norden zurück, wo sie nun am fünften Spieltag im Spitzenspiel beim Hamburger SV (Freitag 18.30 Uhr, live hören bei der Sportschau) gastieren.

Vier Siege und zwei Unentschiedenen holten die Lilien in Hamburg, die 2016 und 2017 in der Bundesliga (jeweils 2:1), dann ab 2018 auch eine Liga tiefer nie mit leeren Händen die Heimreise antraten.

Wer sich an einen Heimsieg des HSV erinnern will, muss schon ins Jahr 1981 zurück, damals überrollte ein Ensemble mit Uli Stein, Dietmar Jakobs, Felix Magath und Horst Hrubesch die Darmstädter mit 6:1. Libero spielte damals im zugigen Volksparkstadion übrigens ein gewisser Franz Beckenbauer. Ewig ist’s her.

Torsten Lieberknecht will Wiedergutmachung für ein 0:5

Torsten Lieberknecht ist viel zu sehr Pragmatiker, um sich mit der Historie aufzuhalten. Der gebürtige Kurpfälzer, der in Darmstadt so etwas wie eine zweite Heimat gefunden hat, erinnert sich am ehesten an eine krachende 0:5-Heimniederlage gegen den HSV Anfang des Jahres. Lieberknecht war damals erschreckt, wie effizient die Hamburger in Person von Torjäger Robert Glatzel zuschlugen. "Deshalb wollen wir jetzt gewinnen", sagt der 49-Jährige grinsend.

Hinter den Einsätzen der Stürmer Phillip Tietz, Oscar Vilhelmsson und Aaron Seydel stehen mehr oder minder große Fragezeichen. Aber das muss ja die Ambitionen nicht dämpfen. Am Böllenfalltor haben sie es mit einer Mischung aus Wohlgefallen und Verwunderung registriert, dass sie wieder nicht zu den ersten Aufstiegsfavoriten zählen. Dabei ist Lieberknecht bis heute überzeugt, dass es ohne den Platzverweis gegen Raubein Klaus Gjasula im Topspiel bei Werder Bremen (0:1) am 27. Spieltag der Vorsaison durchaus etwas mit dem Aufstieg hätte werden können.

So kam der SVD als Vierter ins Ziel, der HSV erreichte die Relegation, in der sich - Ironie der Geschichte - dann die HSV-Legende Magath mit Hertha BSC in den Weg stellte. Dass sie in Hamburg im fünften Zweitligajahr endlich, endlich nach oben wollen, muss keiner groß betonen. Ungeachtet aller Querelen hinter den Kulissen hat das Team von Trainer Tim Walter sogar Kurs gehalten. Nun ist auch noch Wunschspieler Jean-Luc Dompé (Zulte Waregem) an die Elbe gekommen, weitere Transfers könnten folgen.

Der FC St. Pauli hat seine offensiven Säulen verloren

"Saisonübergreifend haben wir jetzt acht der vergangenen neun Liga-Begegnungen gewonnen und nur eine verloren", sagt der HSV-Coach, "wir sind ganz klar auf einem guten Weg. Wir haben eine erkennbare Philosophie." Vielleicht spricht der 46-Jährige darüber ein bisschen zu oft, aber ein Kandidat auf den Aufstieg ist der Klub nicht nur aufgrund seines Namens, sondern auch seines Kaders.

Da hat der Lokalrivale FC St. Pauli im vergangenen Sommer erhebliche Abstriche machen müssen. Durch die schwache Rückrunde gab St.Pauli eine große Chance aus der Hand: Mit Daniel-Kofi Kyereh (SC Freiburg) und Guido Burgstaller (aus privaten Gründen nach Österreich zurück) sind die offensiven Säulen weggebrochen, daher mutet der Start mit sieben Punkten gut an. Mit einem Sieg bei Hansa Rostock kann am Sonntag (13.30 Uhr) der Vorstoß in die Spitzengruppe gelingen.

Vielleicht geht beim 1. FC Heidenheim mal mehr

Die Aufstiegsplätze belegen zwei Teams, die gerne der namhaften Konkurrenz ein Schnippchen schlagen. Beim aktuellen Tabellenzweiten FC Heidenheim - zuletzt souveräner 3:0-Sieger beim fehlgestarteten 1. FC Nürnberg - hat das fast schon Methode. Hoffnung macht zudem, dass Torjäger Tim Kleindienst im Heimspiel gegen Arminia Bielefeld (Sonntag 13.30 Uhr, live hören bei der Sportschau) wieder mitwirken soll.

Gelingt der Elf von Trainer-Urgestein Frank Schmidt gegen den Bundesliga-Aufsteiger mit seinem neuen Coach Daniel Scherning der nächste Sieg, könnten sich die Heidenheimer weiter oben festsetzen. Warum soll der so vorbildlich geführte Klub nicht in seiner neunten Zweitliga-Saison mal die Überraschung schaffen? Die Relegation gegen Werder Bremen (0:0, 2:2) vor zwei Jahren hat jedenfalls Lust auf mehr gemacht.

Beim SC Paderborn haben sie Bundesliga-Erfahrung

Im Gegensatz zum FC Heidenheim hat der aktuelle Tabellenführer SC Paderborn schon zwei Abstecher in die Bundesliga unternommen, die jeweils 2015 und 2020 unsanft mit dem sofortigen Abstieg endeten. Seitdem ist bei den Ostwestfalen ein bisschen Beruhigung eingekehrt, zumal Lukas Kwasniok geschafft hat, in die Fußstapfen des auch an der Pader besonders beliebten Trainers Steffen Baumgart zu treten.

Der 41 Jahre alte Kwasniok hat seine eigene Art, das Team und das Umfeld mitzureißen. Der Kader wird von Sport-Geschäftsführer Fabian Wohlgemuth klug zusammengestellt, auch der Abgang von Torjäger Sven Michel wurde aufgefangen. Vor dem Heimspiel gegen Holstein Kiel (Samstag 13.30 Uhr) hat Kapitän Ron Schallenberg gleichwohl von "der klassischen Momentaufnahme" gesprochen. Ihm ist Warnung genug, dass die Gäste von der Förde vor einem Jahr drei Punkte entführten, als der SCP auch von der Tabellenspitze grüßte.