EURO 2020 Fan mit Regenbogenflagge droht bundesweites Stadionverbot

Stand: 25.06.2021 15:49 Uhr

Ein Fan lief vor dem Spiel der deutschen Mannschaft gegen Ungarn mit einer Regenbogenflagge auf das Spielfeld. Er setzte sich für Vielfalt ein - nun muss der DFB entscheiden, ob der Mann ein bundesweites Stadionverbot erhält.

Beim Abspielen der ungarischen Hymne lief der Mann mit Flagge auf das Spielfeld und reckte die Flagge vor dem ungarischen Team in die Höhe. Zwei Ordner führten ihn anschließend aus dem Innenraum - unter Applaus der deutschen Fans.

DFB als Gastgeber vor unpopulärer Entscheidung

Der Mann protestierte mit seiner Aktion gegen das neue Gesetz in Ungarn, das die Informationsrechte von Jugendlichen in Hinblick auf Homosexualität und Transsexualität einschränkt, und das erst am Dienstag (23.06.2021) vom ungarischen Parlament gebilligt worden war.

Menschenrechtsorganisationen und die EU-Kommission kritisieren das Gesetz. Da der Mann aber unerlaubt auf das Spielfeld gelaufen war, steht der DFB als Gastgeber vor einer unpopulären Entscheidung: Bekommt der Mann ein Stadionverbot?

Zwei Jahre Stadionverbot für den Lauf mit der Regenbogenflagge?

Nach Angaben der Polizei München handelt es sich bei dem Mann um einen 18-Jährigen aus Nordrhein-Westfalen. "Gegen die Person wurde eine Anzeige wegen Hausfriedensbruch erstellt", teilte die Polizei mit.

Nach der kriminalpolizeilichen Sachbearbeitung sei der Mann am Stadion entlassen worden, hieß es in der Mitteilung. "Von Seiten des Veranstalters wird nun ein bundesweites Stadionverbot geprüft." Damit ist der DFB gemeint, der mit der DFB EURO GmbH im Auftrag der UEFA Gastgeber der Spiele in München ist.

Die Stadionverbotsordnung des DFB besagt, dass bei einem Hausfriedensbruch ein "schwerer Fall" vorliege, der ein Stadionverbot von "bis zu 24 Monaten" nach sich ziehen kann. Und ein Hausfriedensbruch wird dem Mann laut Polizei nun vorgeworfen.

DFB: "Fall wird geprüft"

Das Dokument besagt auch, dass die Dauer des Stadionverbots "mindestens eine Woche" betrage. Der DFB teilte auf Anfrage der Sportschau mit, dass der Fall "derzeit geprüft wird". Ein Stadionverbot gegen den Mann, der nach Angaben des "Kölner Stadt-Anzeigers" aus Frechen bei Köln kommt, wäre öffentlich zumindest schwer zu vertreten.

Die Weigerung, das Stadion in München in Regenbogenfarben erleuchten zu lassen sowie die "Prüfung" von Manuel Neuers Kapitänsbinde in Regenbogenfarben haben der UEFA Kritik eingebracht. Der DFB steht nun vor der Aufgabe zu erklären, dass er allein das Flitzen bestraft und nicht die Flagge - und wie er das voneinander trennt.

Stadionverbot: Ein umstrittenes Instrument

Fan-Organisationen und Fan-Hilfen kritisieren übrigens immer wieder die Maßnahme des Stadionverbots. Häufig werde es vorschnell und zumindest früher ohne Anhörung ausgesprochen. Auch nach Einstellung von Ermittlungsverfahren blieb ein Stadionverbot in einigen Fällen bestehen, ein Beweis der Vorwürfe sei nicht nötig. Fan-Organisationen bemängeln das Stadionverbot daher häufig als "Paralleljustiz".

Das Bundesverfassungsgericht entschied 2018, dass Stadionverbote nicht willkürlich festgesetzt werden dürfen, sondern auf einem sachlichen Grund beruhen müssen. Die Betroffenen müssen grundsätzlich vorher angehört und die Entscheidung ihnen gegenüber begründet werden.