Spanien vor dem Viertelfinale Spanien: Sarabia und Torres - so unterschiedlich wie eineiige Zwillinge

Stand: 01.07.2021 13:36 Uhr

Spanien hat sich in einen Torrausch gespielt. Die Offensive ist die derzeit beste bei der EURO 2020. Einen großen Einfluss haben dabei die Flügelspieler Ferran Torres und Pablo Sarabia, die sich ähnlich, aber auch ganz verschieden sind.

Flexibilität ist im Spitzenfußball eine besonders wichtige Größe. Der Schweizer Trainer Lucien Favre benutzte dafür in den vergangenen Jahren den etwas technokratischen Begriff "polyvalent", was bedeuten sollte, dass einzelne Spieler möglichst auf mehreren Positionen einsetzbar sind. Favre dürfte bei dieser EM besonders gerne der spanischen Nationalmannschaft zuschauen.

Deren Trainer Luis Enrique hat sich für seine Angriffskette im bevorzugten 4-3-3-System drei Spieler ausgewählt, die so unberechenbar sind, dass sie selbst den Coach immer wieder überraschen: Ferran Torres, Pablo Sarabia und Àlvaro Morata. Während der 28 Jahre alte Morata als bewegliche Nummer neun mittlerweile seine Form gefunden hat und zwei EM-Treffer erzielte, sorgen die beiden Außenstürmer Ferran Torres und Pablo Sarabia für Erstaunen. Im Grunde könnten sie eineiige Zwillinge sein, so ähnlich ist ihr Spiel - und doch sind sie so unterschiedlich.

Auf allen Offensivpositionen zu Hause

Beide sind pfeilschnell, beidfüßig, hervorragende Vorbereiter und torgefährlich. Allerdings ist Sarabia bereits 29 Jahre alt, Torres erst 21. Sarabia wurde in seinem Klub Paris St. Germain auf allen drei Offensivpositionen eingesetzt, genau wie Torres bei Manchester City.

"Ferran hat einen unglaublichen Sinn für Tore. Er hat Tempo, Qualität und gute Entscheidungen", sagte City-Coach Pep Guardiola jüngst. Ex-PSG-Trainer Thomas Tuchel holte Sarabia 2018 zu sich ins Team. "Ich liebe seine Mentalität. Er hört nie auf, nach hinten zu arbeiten. Solche Spieler brauchen wir", sagte der deutsche Fußballlehrer damals.

Sarabia ist Topscorer der EM

Bei Enrique spielt Torres auf der rechten Außenbahn, Sarabia auf der linken. Allerdings kleben beide Spieler nicht an ihren Positionen, sondern zeigen sich in Absprache mit Morata lauf- und wechselwillig, was die gegnerischen Abwehrreihen ziemlich durcheinanderwirbelt. Bei den Kroaten war diese Verwirrung bestens zu beobachten.

Sarabia ist Spaniens Topscorer bei dieser EM. Er war in den vergangenen beiden Partien an vier Treffern beteiligt (zwei Tore, zwei Vorlagen) und rechtfertigte damit seine Nominierung für die Startelf, nachdem er in den vorherigen zwei Partien nur als Einwechselspieler zum Zuge gekommen war. Der gebürtige Madrilene war im laufenden Turnier in seinen 207 Minuten Einsatzzeit an 16 Torschüssen beteiligt (acht abgegeben, acht vorbereitet) - eine Quote, die jedem Offensivspieler gut zu Gesicht steht.

Vertrauen zurückgezahlt

Ein glückliches Händchen hatte Enrique im Achtelfinale auch mit der Startelf-Nominierung von Ferran Torres, der erstmals seit dem Auftaktmatch gegen Schweden wieder von Beginn an ran durfte und dieses Vertrauen mit einem Tor und einer Vorlage zurückzahlte. Im vorherigen Spiel gegen die Slowakei hatte er als Einwechselspieler per Hacke getroffen.

Wie Sarabia erzielte also auch Torres in den vergangenen beiden Spielen jeweils ein Tor. "Die Leute haben gesagt, dass Spanien keine Tore schießen kann. Daran habe ich nie geglaubt. Wenn man hart arbeitet, wird man dafür auch belohnt", sagt Torres nach dem fulminanten 5:3 Sieg gegen Kroatien.

Formation gefunden?

Enrique scheint seine Formation nun gefunden zu haben. Gegen die kampf-und spielstarken Schweizer im Viertelfinale wird es wieder diese Flexibilität in der Offensive benötigen. Allerdings scheint der Gegner keine Rolle zu spielen. "Mir ist es egal, gegen welchen Gegner wir im Viertelfinale antreten müssen. Wir gehen in jedes Spiel und glauben daran, dass wir von uns selbst abhängig sind - angetrieben von Stolz und großen Ambitionen", sagt Torres. Auch das wird Lucien Favre wohl gefallen.