Casemiro bei der Abschieds-Pressekonferenz von Real Madrid

Von Real Madrid zu Man United Casemiro - Tränen eines Leibwächters

Stand: 23.08.2022 12:52 Uhr

Für die Magie waren bei Real Madrid andere zuständig, Casemiro war der Leibwächter der Magier. Nun geht er zu Manchester United - und Madrid wird melancholisch.

Die Rede des Präsidenten dauerte siebeneinhalb Minuten, es lag sicher auch daran, dass Florentino Pérez noch einmal alle 18 Titel aufzählte, die Casemiro mit Real Madrid gewonnen hat. Pérez lobte Casemiro, den er nur "Case" nannte, für seinen Einsatz und auch für seine menschlichen Qualitäten. Es war der längste Teil seiner Rede. Casemiro, sagte Pérez, sei eine "Legende".

Dann sollte auch die Legende etwas sagen. Casemiro hatte seine Rede aufgeschrieben, die Zettel hielt er wie ein Schutzschild vor sich. Nur nützte das wenig. Die Begrüßung schaffte Casemiro noch, dann brach er ab. Später, als die Tränen getrocknet waren, sagte Casemiro: "Ich hatte das Gefühl, dass mein Zyklus hier beendet ist."

Vierjahresvertrag bei Manchester United

Casemiro, 30, war vor neun Jahren aus Brasilien gekommen, er spielte erst für Real Madrids Reserve, später wurde er zum FC Porto ausgeliehen. Doch seit seiner Rückkehr 2015 war Casemiro gesetzt in einem Ensemble, das vor allem aus schillernden Stars besteht. In dem einer wie Casemiro, dem jeder Glanz so fremd ist, dass er lieber andere glänzen lässt, eigentlich nicht vorgesehen ist.

Casemiro hat als Abräumer im Mittelfeld 336 Pflichtspiele für Real Madrid bestritten, ist dreimal Meister geworden und hat fünfmal die Champions League gewonnen. Nun wechselt er zu Manchester United, er hat dort einen Vertrag über vier Jahre unterschrieben. Real kassiert übereinstimmenden Medienberichten zufolge mindestens sechzig Millionen Euro. Vermissen werden sie ihn in Madrid trotzdem.

Für die Magie waren bei Real andere zuständig

Zum Abschied haben sie bei Real ein Video mit den besten Szenen von Casemiro geschnitten. Man sah ihn manchmal Tore erzielen, oft mit viel Kraft und aus der Distanz. Meistens aber sah man ihn, wie er grätschte, kämpfte, dirigierte. Es war seine Rolle. Für die Magie waren bei Real andere zuständig.

Toni Kroos und Luka Modric waren im Mittelfeld der Madrilenen die mit den Pässen und den Ideen, von ihnen erhoffte man sich das Überraschende. Casemiro tauchte in Spielzusammenfassungen selten auf. Lieber brachte er Kroos und Modric Zauberstab und Zylinder. Magier vergessen so etwas nicht.

Zum Abschied haben beide an Casemiro geschrieben, ihre Briefe erschienen in der "Marca". Kroos erinnerte sich, wie sie einmal gemeinsam im Spa waren und Casemiro beinahe ein Fitnessstudio daraus gemacht habe. Trainieren kann man schließlich überall. Und Modric schreibt, Casemiro sei "der beste Leibwächter der Welt" gewesen.

Für die Magie waren bei Real Madrid andere zuständig - und doch war kaum einer wichtiger als Casemiro.

Casemiro passt fortan auf Eriksen und Bruno Fernandes auf

Im Herbst ihrer Karriere müssen sich die Magier Modric, 36, und Kroos, 32, nun an einen neuen Leibwächter gewöhnen. Womöglich darf sich der Franzose Aurelien Tchouameni an Casemiros Job versuchen, auch sein Landsmann Eduardo Camavinga und der Uruguayer Fede Valverde können im Mittelfeld abräumen. Doch das Standing von Casemiro haben sie noch nicht, es fehlt ihnen auch die Erfahrung.

Casemiro soll fortan das Mittelfeld von Manchester United ordnen, es ist keine ganz einfach Aufgabe. Der Trainer Erik ten Hag hat dort in den ersten Spielen die Stabilität vermisst. Es ist ja so: Auch Manchester hat im Mittelfeld Fußballer mit dem Gespür für das Magische, sie heißen Christian Eriksen oder Bruno Fernandes.

Nur fehlte eben einer, der ihnen den Rücken freihielt. Einer wie Casemiro.

Ten Hag: Casemiro wie "Zement zwischen den Steinen"

Wenige Stunden, nachdem Casemiro sich unter Tränen von den Madrilenen verabschiedet hatte, stand er schon im Stadion seines neuen Arbeitgebers. So schnell kann es gehen im Fußball. Casemiro trug ein schwarzes Hemd zum dunkelgrauen Anzug, in der Hand hielt er ein rotes Trikot, darauf sein Name. Die Zuschauenden applaudierten freudig.

Überhaupt haben sie in Manchester große Erwartungen an ihre Neuverpflichtung. Am Rande des Spiels gegen den FC Liverpool ist der Trainer ten Hag nach Casemiro gefragt worden, natürlich ist er das. Casemiro, sagte ten Hag dem Sender "Sky Sports", werde der "Zement zwischen den Steinen".