FIFA-Präsident Gianni Infantino

Fußball | FIFA Viel Widerspruch gegen die WM alle zwei Jahre

Stand: 01.10.2021 12:29 Uhr

FIFA-Präsident Gianni Infantino möchte die WM im Zwei-Jahres-Rhythmus durchführen. Bei einer Online-Konferenz des Weltverbands mit seinen Mitgliedern zeigte sich aber: Der Widerspruch ist groß.

Nach der vierstündigen Sitzung verschickte die FIFA eine Mitteilung, in der FIFA-Präsident Infantino ausgleichende Worte bemühte. "Niemand sollte dabei ein Verlierer sein", sagte Infantino demzufolge. "Jeder sollte am Ende besser dran sein. Andernfalls gibt es keinen Grund, irgendetwas zu ändern." Nichts zu ändern - das war eigentlich nicht der Plan. Doch der Zwei-Jahres-Rhythmus hat derzeit vor allem in Europa viele Gegner.

Widerspruch aus Südamerika und Europa

Allen voran die UEFA. Die hatte sich mit der südamerikanischen Konföderation verbündet, beide sprachen sich öffentlich gegen die Pläne aus, UEFA-Präsident Aleksander Ceferin drohte sogar offen mit einem Boykott. Die UEFA spricht von einer größeren Belastung der Spieler, was vor dem Hintergrund der Reform der Champions League mit 100 zusätzlichen Spielen wenig glaubwürdig wirkt. Vielmehr tritt der alte Machtkampf zwischen UEFA und FIFA offen an die Oberfläche.

UEFA-Präsident Aleksander Ceferin

UEFA-Präsident Aleksander Ceferin

Aber bei der WM im Zwei-Jahres-Rhythmus sind viele Interessengruppen betroffen. Bei der Konferenz nahmen 204 der 211 Mitgliedsverbände teil. Wie erwartet sprachen sich auch angesichts neuer Einnahmequellen vor allem Verbände aus Afrika und Asien für die Idee aus. Doch Mehrheiten aus den kleinen Verbänden reichen bei diesem Thema wohl nicht aus.

Der Widerspruch in der Online-Konferenz kam wie erwartet aus Südamerika und aus Europa, also aus den beiden Konföderationen, die bisher jeden WM-Finalisten der Geschichte gestellt haben. Laut "New York Times" trugen neben Deutschland auch Portugal, Rumänien, Argentinien und Uruguay ihre Bedenken klar vor.

Frankreichs Verbandschef nicht auf UEFA-Linie

Mindestens ein Verband weicht von der UEFA-Linie ab. Frankreichs Verbandspräsident Noël Le Graët sagte in der Sporttageszeitung L'Équipe über den Zwei-Jahres-Rhythmus: "Ich persönlich bin nicht dagegen. Ich muss wissen, ob dieses Projekt die Französische Föderation, deren Präsident ich bin, bereichert oder ärmer macht." Noch sind solche Stimmen aus Europa die Ausnahme.

Nicht eingeladen, aber den Plan längst für schlecht befunden hatten auch die Ligen - darunter die Bundesliga, die Premier League, die Serie A oder die spanische La Liga. Die europäischen Klubs hatten zumindest am Vorgehen der FIFA Kritik geübt. Bei so vielen einflussreichen Gegenspielern wird es die FIFA zumindest schwer haben, den Plan umzusetzen - trotz Frankreichs abweichender Haltung.

Was die FIFA genau vorschlägt

Für die FIFA trug Arsène Wenger, der Direktor für weltweite Fußballentwicklung, die Pläne vor. In den Beratungen geht es offiziell um den "International Match Calendar" ab dem Jahr 2024. In diesem werden die Länderspielfenster festgelegt. Gemeint ist damit aber vor allem die Austragung der WM im Zwei-Jahres-Rhythmus. Die Vorstellungen der FIFA:

  • Die WM würde 2028 erstmals im Zwei-Jahres-Rhythmus ausgetragen werden. Ab dem Turnier 2026 in den USA, Mexiko und Kanada findet sie zudem mit 48 statt zuletzt 32 Mannschaften statt.
  • Die Kontinentalturniere wie EM, Copa America, Gold-Cup, Afrika-Cup, Asien-Cup und die Ozeanien-Meisterschaft könnten in ungeraden Jahren ebenfalls im Zwei-Jahres-Rhythmus stattfinden.
  • Derzeit gibt es fünf Länderspielfenster pro Jahr. Laut Wenger sollen aus den fünf kurzen Fenstern ein oder zwei lange Fenster werden. In einem Vorschlag geht es um den kompletten Oktober, der für Länderspiele genutzt werden soll, den Rest der Zeit würden die Spieler bei ihren Klubs bleiben. Damit will man Termine und Reisen sparen.
  • Die Qualifikation soll gestrafft werden. "Es wird mehr bedeutsame und weniger sinnlose Spiele geben", sagte Wenger. Er betonte zudem, dass es keinesfalls mehr Spiele als bisher geben soll.
Wie der neue Fußballkalender laut Arsène Wenger ausssehen könnte.

Wie der neue Fußballkalender laut Arsène Wenger ausssehen könnte.

Die Themen Kalender und WM-Rhythmus sind schwer zu entkoppeln

Eine Überarbeitung des Kalenders erscheint durchaus sinnvoll. Weniger Reisen, weniger, aber längere Länderspielfenster - das wird auch von vielen Beteiligten befürwortet, die den Zwei-Jahres-Rhythmus der WM ablehnen.

"Das Problem ist, dass genau das die Verhandlungsmasse der FIFA ist", sagt ein an den Beratungen beteiligter Funktionär im Gespräch mit der Sportschau. "Würde die FIFA die beiden Themen getrennt voneinander beraten, hätte sie bei der Frage nach einem kürzeren WM-Rhythmus weniger Argumente." Ein neuer Kalender mit weniger Reisen und weniger Zeit bei den Nationalmannschaften könnte den großen Klubs in Europa die Idee möglicherweise schmackhaft machen. Sie würden als Arbeitgeber der wichtigsten Spieler am Ende die Party der FIFA bezahlen.

FIFA: PR-Kampagne mit Peter Schmeichel, Ronaldo oder Sami Khedira

Seit Wochen fährt die FIFA eine PR-Kampagne für den Zwei-Jahres-Rhythmus - vor allem mit Topspielern aus aller Welt. David Trezeguet, Ronaldo, Tim Cahill oder Yaya Touré äußerten sich nach einem gemeinsamen Treffen mit FIFA-Direktor Wenger in Katar positiv - und auch Sami Khedira. "Die Spieler haben so viele Spiele und sie reisen so viel - wenn sie spielen, sollten sie in bedeutsamen Spielen antreten müssen", sagte der deutsche Weltmeister von 2014 in eine Kamera der FIFA.

Kritische Stimmen in dieser "Technischen Beratungsgruppe" gab es zumindest in den Pressekonferenzen keine. Außerhalb der Gruppe schon.

Carragher und Henry halten nicht viel von der Idee

Jamie Carragher, früher beim FC Liverpool, berichtete am Mittwoch, dass auch er von Arsène Wenger in eine Online-Konferenz einbezogen worden war. "Vielleicht wurde ich zur nächsten nicht eingeladen, weil ich nicht so voll dabei und für die WM alle zwei Jahre bin wie du", sagte Carragher zu Peter Schmeichel, der ebenfalls im Studio beim US-Sender "CBS" saß und beim Treffen mit Wenger in Katar dabei war. "Mein großes Problem ist: Warum versuchen wir, Ex-Spieler dazu zu bringen, es zu unterstützen? Wir werden nicht mitspielen. Fragt die Spieler, die jetzt bei einer WM spielen werden", forderte Carragher.

Thierry Henry, der ebenfalls im CBS-Studio saß, erhob ebenfalls Widerspruch. Er habe vier Welt- und drei Europameisterschaften gespielt. "Und ich kam mental völlig platt da raus", sagte Henry. "Es geht dabei nicht nur um die Spiele. Es ist die Vorbereitung auf eine WM und die Rückkehr nach der WM und einer Saison bei Klubs. Wenn man das alle zwei Jahre macht, ist das psychisch sehr anstrengend für einen Spieler." Die Beratungen sollen nun weitergehen. Dann kommen laut FIFA auch andere Interessensgruppen zu Wort, beispielsweise Ligen, Klubs, Fans oder Spieler. Wenger forderte zuletzt eine Entscheidung über den Kalender "bis Ende des Jahres".