Fußball | DFB DFB - Zweifel an harmonischem Bundestag

Stand: 08.03.2022 20:07 Uhr

Der Bundestag des DFB rückt näher. Ob er tatsächlich so harmonisch und ruhig verlaufen wird, wie es Interimspräsident Rainer Koch prognostiziert, darf angezweifelt werden. Nun traten Ethik-Beisitzer zurück.

Die Tagesordnung ist nun auch veröffentlicht worden. Am Dienstag (08.03.2022) wurde sie auf der Homepage des Deutschen Fußball-Bundes hochgeladen. "Neuwahl des Präsidenten / der Präsidentin durch den DFB-Bundestag", heißt es unter dem zehnten Tagesordnungspunkt.

Während beim "Wahlleiter" auf das Gendern verzichtet wurde, wird es beim höchsten Amt getan, obwohl doch mit Bernd Neuendorf und Peter Peters nur zwei Männer zur Auswahl stehen.

Immerhin sind es zwei, das gab es schließlich vorher noch nie in der Geschichte des Verbandes, der seit 1900 besteht. Auf dem 44. Ordentlichen Bundestag am Freitag (11.03.2022) in Bonn werden daher auch Wahlurnen statt nur Stimmzettel benötigt.

Möglicherweise kommt es auch zu einer satzungsgemäß ab zwei Kandidat:innen vorgeschriebenen geheimen Abstimmung, wenn es um eine Vizepräsidentin oder einen Vizepräsidenten geht. Der Süddeutsche Fußball-Verband darf diesen Posten stellen. Der größte von fünf Regionalverbänden schlug Rainer Koch dafür vor, und der wiederum habe sich "nicht erst seit heute dafür" eingesetzt, dass Silke Sinning "direkt gegen mich" antreten könne.

Das jedenfalls behauptete der DFB-Interimspräsident in einem Statement, in dem er sich gegen massive Vorwürfe von drei ehemaligen DFB-Präsidenten zur Wehr setzt, die an die Delegierten appellierten, das "System Koch" zu beenden.

Am Dienstag bestätigte der Bayerische Fußballverband (BFV), den Multifunktionär Koch ebenfalls führt, die Nominierung Sinnings. "Wir stehen einer solchen demokratischen Wahl nicht im Wege, das ist die Botschaft", heißt es auf der Homepage des BFV.

Der vermeintlich demokratische Akt ist jedoch ziemlich schnell als taktisches Manöver zu durchschauen, denn Prof. Silke Sinning gehört zum "Team Peter Peters", dem Kandidaten, der dem Profilager des deutschen Profifußballs zugerechnet wird, das nur eine Minderheit der 262 Delegierten auf dem Bundestag stellt.

Ob Sinning überhaupt zu einer Kampfabstimmung gegen Koch antreten wird, falls Peters zuvor in der Präsidentenwahl Bernd Neuendorf unterlagen war, ist fraglich.

Selbst wenn, dürfte der als glänzender Strippenzieher bekannte Koch siegessicher sein, denn er vermutet zumindest die überwiegende Mehrheit der Stimmen aus dem Amateurlager hinter sich.

Im Gespräch mit der Sportschau und dem WDR-Magazin "Sport inside" hatte Koch schon am Samstag (05.03.2022) behauptet, dass der Bundestag "viel ruhiger und harmonischer verlaufen" würde als viele glaubten.

Dabei blieb er auch, nachdem die drei ehemaligen Präsidenten massiv Stimmung gegen ihn gemacht hatten. "Koch ist ein Spaltpilz, er lebt von der Intrige. Sein System ist das des Beschwörens von falschen Feindbildern, des Druckausübens. Ich bin sicher, die Delegierten wissen aus eigener Erfahrung, wovon ich rede. Es geht ihm dabei ausschließlich um sich", heißt es in der Erklärung von Montag, die der Sportschau vorliegt.

Am Dienstag blieb ein solcher Paukenschlag aus, aber es gab auch wieder Bemerkenswertes aus dem Kosmos DFB zu erfahren. Drei Ethik-Beisitzer des DFB-Sportgerichts legten nach Informationen der Sportschau ihre Ämter mit sofortiger Wirkung nieder und sagten zudem ihre Teilnahme am Bundestag für Freitag ab.

Grund ist der Antrag 41, der sich mit den Befugnissen und Aufgabenverteilungen der Ethik-Kommission beschäftigt. Die nun zurückgetretenen Beisitzer hatten bemängelt, dass der vom DFB-Präsidium gestellte Antrag die Ethikkammer zu nahe an den Verband und die entscheidenden Personen rücke. Das Trio forderte Änderungen. Da diese nur marginal erfolgt seien, folgte der Rückzug.

"Die beabsichtigten Satzungsänderungen erwecken bei mir den Eindruck, dass der DFB kein ernsthaftes Interesse an einer unabhängigen Ethikkammer hat. Vor diesem Hintergrund hat die Tätigkeit als Ethikbeisitzer wohl eher dekorativen Charakter", schrieb einer der nun ehemaligen Beisitzer zur Begründung an den Verband.

Die Beisitzer hatten im Dezember für Aufsehen gesorgt, weil sie mit einer privaten Erklärung an die Öffentlichkeit gegangen waren. Darin teilten sie mit, dass der DFB in der Veröffentlichung eines Kammerbeschlusses einen den Beisitzern wichtigen Zusatz verheimlicht habe.

Die Kammer hatte in einem Verfahren, das die ehemalige Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus angestoßen hatte, ein "unethisches Verhalten" Kochs festgestellt, der Beschuldigter war.