Fußball | Champions League Nach dem Scheitern in Madrid: UEFA ermittelt gegen Verlierer Paris

Stand: 10.03.2022 19:50 Uhr

Nach dem Aus in der Champions-League bei Real Madrid hat sich Paris Saint-Germain als schlechter Verlierer gezeigt. Wegen Vorfällen im Kabinengang ermittelt jetzt die UEFA.

Der Hattrick-Show von Karim Benzema folgte ein filmreifer Wut-Auftritt des schlechten Verlierers Paris Saint-Germain. Präsident Nasser Al-Khelaifi soll nach dem 1:3 bei Real Madrid und dem damit verbundenen Aus in der Champions League durch die Katakomben des ehrwürdigen Estadio Santiago Bernabéu gezogen sein und als Höhepunkt zusammen mit Sportdirektor Leonardo versucht haben, in die Schiedsrichterkabine zu gelangen.

"Sehr aggressives Verhalten"

Die Disziplinarkammer der Europäischen Fußball-Union nahm am Donnerstag (10.03.2022) Ermittlungen gegen Al-Khelaifi und Leonardo auf, das bestätigte ein UEFA-Sprecher. Beiden wird vorgeworfen, Schiedsrichter Danny Makkelie bedrängt zu haben. Die UEFA teilte mit, der Bericht des niederländischen Schiedsrichters liege vor.

Unklar blieb zunächst, ob Makkelie nur bedroht oder sogar tätlich angegriffen wurde. In seinem Bericht soll der Referee auf ein "sehr aggressives Verhalten" der PSG-Verantwortlichen hingewiesen haben.

Auslöser des kolportierten Ausrasters war das Tor zum Ausgleich der Madrilenen, vor dem Benzema PSG-Keeper Gianluigi Donnarumma nach Ansicht Al-Khelaifis gefoult haben soll. "Ich frage mich, was macht der Videoschiedsrichter? Für mich war das ein Foul. Es ist eine Schande", sagte PSG-Trainer Mauricio Pochettino. Äußerungen seines Chefs Al-Khelaifi sollen weniger zitierfähig gewesen sein, dessen gesamtes Gebaren bestrafungswürdig.

Szenen angeblich per Video festgehalten

Für die UEFA ist der Auftritt Al-Khelaifis ein delikates Thema, bekleidet der 48-Jährige im europäischen und weltweiten Fußball doch wichtige Posten. Neben dem Tagesgeschäft als PSG-Präsident ist er seit 2019 Mitglied des UEFA-Exekutivkomitees sowie Vorsitzender der Klubvereinigung ECA.

Al-Khelaifi mischt zudem im Organisationskomitee der in diesem Jahr anstehenden Weltmeisterschaft in seiner Heimat mit. Ihm Fehlverhalten nachzuweisen, könnte allerdings einfach werden. Ein Real-Mitarbeiter soll die Szenen per Video festgehalten haben.

Auch in der PSG-Kabine soll es hoch her gegangen sein. Berichten zufolge soll es dort eine Auseinandersetzung zwischen Superstar Neymar und Torhüter Donarumma gegeben haben. Von Neymar war genau wie von Lionel Messi nach dem 1:1-Ausgleich auf dem Spielfeld rein gar nichts mehr zu sehen.

Was wird aus Trainer Pochettino?

Fakt ist: Nach mehr als einem Jahrzehnt und Investitionen von mehr als einer Milliarde Euro ist der souveräne Tabellenführer der Ligue 1 in der Königsklasse erneut früh gescheitert. Wieder wird es nichts mit dem ersehnten Gewinn des Henkelpotts

Das Ende dürfte das Aus in der Königsklasse wohl auch für Pochettino eingeläutet haben. Dem argentinischen Trainer ist es nicht gelungen, dem Pariser Star-Ensemble ein dominantes und den Fähigkeiten entsprechendes Spiel zu verordnen. Superstar Lionel Messi findet sich noch immer nicht zurecht.

Am Ende hängt vieles von Weltmeister Kylian Mbappé ab, der auch in Madrid für die Führung sorgte. "Sie wussten nicht, dass es unmöglich ist, also haben sie es getan. Die Spieler von Paris Saint-Germain haben die Legende eines Spezialistenklubs bekannt für seine Selbstversenkung erneut fortgeschrieben", schrieb "Le Monde" treffend.

Nur Superstars reichen nicht

Bei PSG müssten sie so langsam begriffen haben, dass man nur mit dem Zusammenkaufen von Superstars die Königsklasse nicht gewinnt. Das komplette Spielsystem ist auf Konter mit Zielspieler Mbappé ausgerichtet, kreative Lösungen aus dem Mittelfeld gibt es kaum.

2020 zog man unter Trainer Thomas Tuchel ins Finale ein. Ein halbes Jahr später warf man den Deutschen pünktlich zum Weihnachtsfest raus und holte Pochettino. Tuchel gewann wiederum ein halbes Jahr später den Henkelpott mit dem FC Chelsea.

"L'Équipe" - "Nicht aus Fehlern gelernt"

Im Achtelfinale war PSG zuletzt 2019 ausgeschieden - alte Zeiten, die man hinter sich glaubte. "Wir dürfen jetzt nicht alles über den Haufen werfen. Es ist schwierig, das zu analysieren", sagte Leonardo. In der Realität ist es allerdings schwer vorstellbar, dass PSG mal keine personellen Konsequenzen zieht.

Die "L'Équipe" brachte es auf den Punkt: "Es ist die Geschichte eines Klubs, der nicht aus seinen Fehlern lernt und weiter alle Stars dieser Welt rekrutieren könnte, ohne dass es groß etwas ändern würde. Zumindest solange die Philosophie sich nicht weiterentwickelt, solange die gleichen Fehler sich Jahr für Jahr wiederholen, solange die Einzelnen sich im Schnitt wichtiger finden als die Farben, die sie verteidigen."