Polizisten bei ihrem Einsatz bei einem Bundesligaspiel von Borussia Dortmund

Fußball | Polizeikosten Bundesliga Polizeikosten: Bremens Innensenator sucht Unterstützer

Stand: 11.11.2021 18:27 Uhr

Im Streit um Polizeikosten bei Hochrisikospielen der Fußball-Bundesliga hat Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) der Deutschen Fußball-Liga (DFL) Zeitspiel vorgeworfen. Die Uneinsichtigkeit der DFL sorge dafür, dass es unter den Innenministern bisher keine breite Front an Unterstützung für den Bremer Weg gibt, Gebührenbescheide für Polizei-Mehrkosten bei Risikospielen zu verschicken.

Von Matthias Wolf

Viele seiner Kollegen seien eingeschüchtert durch die Macht des Profifußballs – oder sogar zu sehr selbst Fans, statt das Wohl der Steuerzahler im Auge zu haben, klagte Mäurer im Gespräch mit dem WDR-Magazin Sport inside: "Da gibt es Kollegen, die sehen realistisch die Größe des Profifußballs. Und man fragt sich, ist es wirklich sinnvoll, sich mit diesen Großen da anzulegen? Und einige haben sich dafür entschieden, das nicht zu machen."

Rheinland-Pfalz an der Seite von Bremen

Bisher steht nur Rheinland-Pfalz eng an Bremens Seite, dort ist eine entsprechende Gebührenordnung in Vorbereitung. Die beiden Länder hatten auch angekündigt, gerne eine überall anwendbare Muster-Gebührenordnung umsetzen zu wollen. Bei der kommenden Herbst-Konferenz aller Innenminister (IMK) vom 1. bis 3. Dezember in Stuttgart will Mäurer zudem erneut für eine Fonds-Lösung werben.

Diese Fonds-Lösung könnte so aussehen, dass die DFL 20 bis 30 Millionen Euro pro Jahr in einen Fonds einzahle, aus dem die Mehrkosten für Hochrisikospiele aller Länder mitfinanziert werden. Er habe das Thema zwar nicht offiziell auf die Tagesordnung setzen lassen, werde aber Gespräche im so genannten "Kamin" führen – dann, wenn die Minister und Senatoren in vertrauterer Atmosphäre beisammen sind.

"Wenn man eine Allianz der Vernünftigen zusammen bekommt, spricht ja alles dafür, dass man dem Vorbild anderer europäischer Länder folgt", so Mäurer: "Das heißt, es gibt einen Fonds, wo sich die Profiliga an den Kosten beteiligt." Abgerechnet werde dann pro Risikospiel: "Das heißt, wenn man sich die Belastung anschaut, die meisten Einnahmen aus diesem Fond gehen nicht nach Bremen, sondern nach Nordrhein-Westfalen. Das liegt einfach auf der Hand."

Rechungshöfe pro Kostenbeteiligung der DFL

Bestätigt in seiner Haltung fühlt sich Mäurer zudem durch eine Empfehlung der Landesrechnungshöfe bei ihrer Herbstkonferenz am 6. Oktober in Berlin. Die DFL müsse zur Kasse gebeten werden, erklärten die Rechnungshöfe einstimmig. Bremens Rechnungshof-Präsidentin Bettina Sokol hatte betont, die Länder sollten allesamt "das Geld, was sie einnehmen könnten, nicht  auf der Straße liegen lassen".

Doch kaum war die gemeinsame Erklärung veröffentlicht, kamen aus den Innenministerien in Bayern, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Baden-Württemberg klare Absagen an diese Empfehlung. Zum Unverständnis von Mäurer, der seine Innenminister-Kollegen eigentlich in der Pflicht sieht: "Der Steuerzahler wird belastet. Gerade bei diesen Risikospielen ist das absolut unverhältnismäßig."

Mäurer kämpft seit mehr als zehn Jahren dafür, dass sich die DFL an den Mehrkosten für Hochrisikospiele in der ersten und zweiten Bundesliga beteiligt. Die Bremer Gebührenordnung sieht das schon vor. Fünf Rechnungen über insgesamt 1,17 Millionen Euro gingen bereits an die DFL, die diese "ohne Anerkennung einer Rechtmäßigkeit" beglichen hat.

Bundesverwaltungsgericht urteilt pro Bremen

Seit 2017 befinden sich Bremen und die DFL darüber in einer juristischen Auseinandersetzung. Erst vor dem Verwaltungsgericht Bremen, dann vor dem Oberverwaltungsgericht. Schließlich kam am 29. März 2019 das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zu der Auffassung, die Klage der DFL gegen die Bremer Gebührenordnung sei unrechtmäßig.

Das bedeutete eine krachende Niederlage für die Deutsche Fußball Liga. Das Oberverwaltungsgericht Bremen bestätigte am 25. November 2020 dann auch, dass die Gebührenbescheide des Landes rechtmäßig sein und ließ keine Revision zu. Dagegen legte die DFL jedoch Beschwerde ein. Über diese soll nun in Kürze entschieden werden.

"Ich nehme jede Wette an, dass wir auch dieses Verfahren gewinnen werden. Es ist völlig aussichtslos, was die DFL da betreibt. Aber sie hat ein Ziel: Zeit zu gewinnen", sagt Mäurer: "Und da geht man durch alle Instanzen, um dies zu erreichen." Als letzte Option hat die DFL den Gang vor das Bundesverfassungsgericht angekündigt. Auch das hält Mäurer für aussichtslos. Die verfassungsrechtlichen Fragen seien längst geklärt, behauptet er.

60 bis 120 Hochrisikospiele pro Saison

Die DFL pocht im Kern darauf, dass alle Polizeikosten vom Staat getragen werden müssten, da es um die öffentliche Sicherheit und Ordnung gehe. Den Ausnahmestatus von Hochrisikospielen, bei denen für die Aufrechterhaltung der Sicherheit ein Mehraufwand entsteht, akzeptiert die Liga nicht.

Nach Schätzungen der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze gelten in der 1. und 2. Bundesliga pro Saison rund 60 bis 120 Partien als Hochrisikospiele mit erhöhtem Polizeiaufgebot und -kosten. Zuletzt zum Beispiel die Zweitligabegegnung zwischen Schalke gegen Dresden am 23. Oktober, bei der rund 1.500 Polizisten im Einsatz waren.

Bremen hatte auch das Zweitliga-Nordduell Werder gegen den Hamburger SV am 18. September zuerst als Hochrisikospiel eingestuft und einen erneuten Gebührenbescheid an die DFL angekündigt. Dann hatte das Land vor dem Hintergrund, dass viele HSV-Fans auf die Anreise verzichteten, die Partie kurzfristig als minder gefährlich eingestuft und dementsprechend auch keinen Bescheid verschickt. Das werteten Beobachter auch als versöhnliches Zeichen an die DFL.

Mäurer hofft auf neue DFL-Spitze

"Wir haben uns immer bemüht, die Kosten so gering wie möglich zu halten", sagt Mäurer. Der Bremer Innensenator setzt auch darauf, dass demnächst einen Führungswechsel bei der DFL ansteht. Der bisherige DFL-Vorsitzende Christian Seifert wird zu Jahresbeginn von Donata Hopfen ersetzt.

Mit dem Führungswechsel sei womöglich auch ein Umdenken beim Thema Polizeikosten verbunden, so Mäurer. Er hoffe, dass da "mal eine neue Generation kommt, die erkennt, dass man da etwas tun muss, um seinen ramponierten Ruf in der Öffentlichkeit mal wieder herzustellen." Er setze auf Dialogbereitschaft, nach zuletzt verhärteten Fronten: "Die Innenministerkonferenz würde sich in dieser Frage ganz anders verhalten, wenn seitens der DFL überhaupt mal ein Signal kommen würde, dass man bereit ist, darüber zu sprechen."