Hat derzeit einen Lauf: Werder-Stürmer Niclas Füllkrug

Bester Bundesliga-Torjäger Warum Niclas Füllkrug der Nationalelf helfen kann

Stand: 13.10.2022 21:15 Uhr

Niclas Füllkrug ist in seiner Karriere an vielen Widerständen gewachsen. Ein solches Stehaufmännchen kann auch der Nationalmannschaft bei der WM helfen.

Wenn Nationaltrainer Hansi Flick und der DFB-Tross am 14. November zum Kurztrainingslager in den Oman reisen, könnte auch Niclas Füllkrug dabei sein. Der bei Werder Bremen spielende Mittelstürmer hat bislang weder für die A-Nationalmannschaft noch für die U21 je das Deutschland-Trikot getragen und kein einziges Europapokalspiel in seiner Vita stehen hat.

Trotzdem stehen seine Chancen gut, wie Flick am Rande der Auslosung der Qualifikationsgruppen zur EM 2024 betonte: "Er gibt uns etwas, was wir in der Form nicht haben von der Qualität. Er verkörpert vieles, was einen Zentrumsstürmer ausmacht."

Klar scheint, dass der 57-Jährige den Namen Füllkrug ganz sicher auf die vorläufige Kandidatenliste mit 55 Akteuren schreiben wird, ehe dann 26 Auserwählte mit zur WM dürfen. Füllkrug wäre die Option für Notfälle, wenn es mit Kombinationen, Tempo und Tiefenläufen nicht mehr weitergeht. Eingedenk des seit Jahren beklagten Mangels an durchsetzungsstarken Mittelstürmern wächst die Zahl prominenter Füllkrug-Fürsprecher, zumal der 1,89-Meter-Mann mehr als nur einen guten Luftstand beherrscht.

Ein recht komplettes Paket, wenn er denn fit ist

Sonst hätte die Deutsche Fußball Liga (DFL) den aktuell besten Bundesliga-Torjäger (acht Treffer) nicht zum Spieler des Monats September gekürt. Seine Qualität kann am ehesten sein kongenialer Sturmpartner Marvin Ducksch beurteilen, mit dem Füllkrug im Duett der "hässlichen Vögel" wie schon in Liga zwei (57 Scorerpunkte) nun auch in der ersten Liga (18 Scorerpunkte) verlässlich funktioniert.

Das Fachmagazin "kicker" widmete jüngst dem Phänomen Füllkrug eine vierseitige Geschichte, in der etliche Wegbegleiter zu Wort kamen. Sein Ex-Trainer Florian Kohfeldt sagte über den wegen einer dentalen Fehlstellung auch "Lücke" gerufenen Angreifer: "Wenn er sich mit einer Sache identifiziert, geht er an Limits."

Füllkrug könne alles, beteuerte unter der Woche auch Ducksch, was man auf seiner Position brauche: "Er ist ein klarer Zielspieler, ist kopfballstark, beidfüßig. Er hat eine gute Technik, ein gutes Auge, kann sich die Bälle abholen." Tatsächlich hat der 29-Jährige in seiner Karriere immer dann verlässlich getroffen, wenn er mal eine Saison fit durchspielte: 2015/2016 beim 1. FC Nürnberg, 2017/2018 bei Hannover 96 oder jetzt seit einem Jahr bei Werder Bremen. Dazwischen liegen lange Leidenszeiten, mit mittlerweile drei Knorpelschäden, betroffen sind beide Knie. Die bislang letzte schwere Verletzung war der Kreuzbandriss, den sich Füllkrug nach seiner Rückkehr nach Bremen im Spätsommer 2019 zuzog.

In den Fußstapfen von Rudi Völler und Miroslav Klose?

Werder ist ein Verein, der bereits prominente Mittelstürmer zu einer Weltmeisterschaft für Deutschland entsandte: Rudi Völler bei der WM 1986 oder Miroslav Klose bei der WM 2006 befanden sich auch wegen des Bremer Sturm-und-Drang-Stils bei jenen Turnieren auf dem Zenit ihrer Schaffenskraft. Nun haben die Grün-Weißen zwar ihre Rolle als wichtiger Zulieferer der DFB-Auswahl längst eingebüßt, aber Füllkrugs Formhoch fällt mitten in eine grün-weiße Renaissance.

Der Aufsteiger als Überraschungsfünfter kann im Heimspiel gegen den 1. FSV Mainz 05 (Samstag 15.30 Uhr) noch weiter nach oben klettern, zumal sich die ersten vier in direkten Duellen gegenseitig die Punkte abknöpfen. Trainer Ole Werner kann sich der Begeisterung um seine erstaunlich gut im Oberhaus funktionierende Mannschaft und den Hype um seinen Besten kaum verschließen. "Wir haben gut gearbeitet, vernünftig Fußball gespielt – das ist okay", sagte der 34-Jährige am Donnerstag (13.10.2022) in der Pressekonferenz.

Ole Werner hat keinen Kontakt zum Bundestrainer

Was Füllkrugs WM-Chancen anging, spielte der kühle Norddeutsche den Ball fast unter der Grasnarbe. "Das liegt nicht in unserem Ermessen. Wir konzentrieren uns auf die Dinge, die wir beeinflussen können", betonte Werner, der angeblich aktuell keinen Kontakt zu Flick wegen der Personalie hat. Er könne nur sagen, dass sich Füllkrug nicht verändert habe. "Er bringt eine gewisse Emotionalität rein, die uns guttut." Bisweilen aber überschreitet er auch Grenzen, wobei Werner anmerkte, dass die sechsteilige "DAZN"-Dokumentation über Werders Zweitligasaison eben solche Szenen herausstelle, in denen Füllkrug zum Heißsporn wird.

Einmal drohte der ob seiner schlechten Leistung frustrierte Stürmer in der Halbzeitpause des Auswärtsspiel bei Erzgebirge Aue am vorletzten Zweitliga-Spiel ausgerechnet Ducksch "eine Schelle" an. Minuten später hatten sich die Streithähne aber wieder versöhnt. Vor einem Jahr war es zudem nach der Partie beim SV Darmstadt 98 zu einem handfesten Eklat mit dem sportlichen Leiter Clemens Fritz gekommen. Der damalige Coach Markus Anfang tat sich schwer mit einer Begnadigung. Fast alles deutete daher auf eine Trennung zur Winterpause hin.

Es sind eben oft Zufälle, die bis heute manche Karriere prägen. Wie die weitere Geschichte in diesem bislang so wundersamen Jahr des Torjägers noch ausgeht, weiß niemand. Doch es wäre keine Überraschung, würde sein Name auf jener Liste stehen, die bei der WM-Nominierungskunde verkündet wird. Stand jetzt.