Leipzig-Trainer Marco Rose blickt in die Ferne.

Leipzig im Topspiel beim BVB Roses Rückkehr an die alte Wirkungsstätte

Stand: 02.03.2023 19:23 Uhr

Alter Trainer kommt mit neuem Verein zurück: Das ist immer ein bisschen besonders, aber die Rückkehr von Marco Rose mit RB Leipzig zu Borussia Dortmund ist speziell - und hilft dem Begriff "Wirkungsstätte".

Das "Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache" (DWDS) zeigt mit Hilfe einer Verlaufskurve an, wie häufig ein Wort genutzt wird, gemessen am Vorkommen in Zeitungen. Der Begriff "Wirkungsstätte" war 1993 zwar nicht vom Aussterben bedroht, aber doch ziemlich aus der Mode gekommen. Er erholte sich allerdings und stand 2015 so gut da wie nie zuvor seit Beginn der Messungen kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Seitdem geht die Kurve wieder nach unten, aber vom Tiefpunkt ist die "Wirkungsstätte" noch weit entfernt.

Zur Popularität des Begriffs dürfte - hierzu gibt es keine bekannten empirischen Untersuchungen - die Berichterstattung über den Sport und damit vor allem über den Fußball beigetragen haben. Es ist zwar auch schon seit Jahrzehnten so, dass Trainer an ihre alte Wirkungsstätte zurückkehren, aber die Faszination dieser Rückkehr durchzieht mehr denn je den Sportjoumalismus. Je kürzer es bis zur Rückkehr dauert, desto mehr "Wirkungsstätte".

Im Fall des Fußballlehrers Marco Rose kommt hinzu, dass er bei seiner Rückkehr an die alte Wirkungsstätte auf einen Kollegen trifft, dessen neue Wirkungsstätte auch seine alte ist. Edin Terzić wirkte als Trainer von Borussia Dortmund, und das recht erfolgreich, als Rose vom BVB schon überzeugt worden war, die andere Borussia aus Mönchengladbach zu verlassen und ins Ruhrgebiet zu wechseln.

Das bewirkte eine ziemlich vertrackte Situation, denn Terzić wollte auch in Dortmund bleiben, aber der Posten des Assistenztrainers war ein bisschen dünn und ein bisschen zu pikant. Also schuf der BVB für Terzić den Posten des Technischen Direktors, der dem Trainer Marco Rose immer ein bisschen im Nacken saß, ob er wollte oder nicht.

RB-Trainer Rose - "Es gibt angenehmere Gegner als uns"

Sportschau

Das Thema köchelte in der Saison 2021/22 aber nur auf ganz kleiner Flamme, denn Rose lieferte an neuer Wirkungsstätte ab, was von ihm verlangt wurde, jedenfalls im wichtigsten Geschäft. In der Champions League und dann auch in der Europa League scheiterte er mit den Dortmundern zwar früh, genau wie im DFB-Pokal nach einer Niederlage gegen den Zweitligisten FC St. Pauli, aber in der Bundesliga geriet die Qualifikation für die Champions League nie in Gefahr.

Dynamische Analyse

Vor dem 23. Spieltag wies der BVB 46 Punkte auf und damit zwölf mehr als der Tabellenfünfte. Am Ende der Saison waren es als Tabellenzweiter auch noch zwölf Punkte, die Qualifikation für die Champions League gelang also sehr souverän.

Die traditionelle Analyse mit den Großkopferten in Schwarz-Gelb nach dem Saisonende schien für Rose nur ein Gespräch mit kritischen Fragen zu werden, etwa denen nach erheblich schwankenden Leistungen und der Mentalität, einem Begriff, dessen Verlaufskurve sich im Digitalen Wörterbuch der BVB-Sprache in den vergangenen Jahren immer auf einem Topniveau bewegte.

Die Analyse entwickelte jedoch eine Dynamik, die vor allem vom externen Berater Matthias Sammer erzeugt worden sein soll. Letztlich gab es eine überraschende Trennung nach nur einem gemeinamen Jahr, obwohl Roses Arbeitsvertrag noch bis 2024 gültig war.

"Nicht das Gefühl, dass ich dort zerlegt worden bin"

"Ich habe nicht das Gefühl, dass ich dort zerlegt worden bin", sagte Rose am Donnerstag (02.03.2023), dem Tag vor der Rückkehr an die alte Wirkungsstätte.

Dort wird derzeit auch viel von Mentalität gesprochen, allerdings in dem Zusammenhang, dass Edin Terzić das Problem in den Griff bekommen hat.

Von den neun Pflichtspielen im Kalenderjahr 2023 gewann der BVB neun. Das bewirkt nicht nur, dass die Dortmunder punktgleich mit dem Tabellenführer FC Bayern sind, sondern auch, dass Rose in der sogenannten Rose-Tabelle nur drei Punkte mehr hat als Terzić. Rose führt die Rose-Tabelle an, die nur die Spiele wertet, die Rose mit seiner Mannschaft von der neuen Wirkungsstätte bestritt.

RB-Schule: nicht radikal, aber deutlich zu erkennen

Seit Marco Rose RB Leipzig von Domenico Tedesco übernahm, wurde aus einer mittelmäßigen Bundesligamannschaft mit mäßig attraktivem Fußball ein Meisterschaftskandidat, der wieder Fußball aus der RB-Schule zeigt. Nicht ganz so radikal wie einst unter Ralf Rangnick oder einem Marco Rose aus vergangenen Zeiten bei RB Salzburg, aber doch deutlich zu erkennen. Ball jagen, Ball erobern, stets aktiv sein, schnell zum Tor. Was Marco Rose an alter Wirkungsstätte in Dortmund nur selten gelang, haut mit dem Klub aus seiner Heimatstadt Leipzig gut hin.

Das direkte Duell gegen einen direkten Meisterschaftskonkurrenten am vergangenen Spieltag wurde mit 2:1 gewonnen, nun wartet am Freitag (ab 20.20 Uhr live in der Radio-Reportage bei sportschau.de) das nächste. Gewännen die Sachsen, würden sie den Rückstand auf den BVB auf einen Punkt verkürzen. Verlören sie, wären es schon sieben Punkte Rückstand.

"Ich fahre vor allem dahin, um ein Fußballspiel zu gewinnen", sagte Rose. Im Digitalen Wörterbuch der deutschen Fußballlehrer wird dieser Satz jedem angeraten, der vor der Rückkehr an die alte Wirkungsstätte steht.