Dänemark Reaktionen auf Eriksen-Schock: "Wir hätten nicht spielen sollen"

Stand: 13.06.2021 16:25 Uhr

Nach den dramatischen Szenen um Christian Eriksen ist für Dänemark das Sportliche in den Hintergrund gerückt. Training und Medienaktivitäten wurden erst einmal ausgesetzt. Aus Dänemark gab es erste Kritik daran, dass das Spiel fortgesetzt wurde. Trainer Kasper Hjulmand findet deutliche Worte.

Nachdem sich die Verantwortlichen nach Eriksens Zusammenbruch im Spiel der UEFA EURO 2020 zwischen Dänemark und Finnland noch ausführlich geäußert hatten, schottete sich das dänische Team am Sonntagvormittag (13.06.2021) erst einmal komplett ab. Alle Medienaktivitäten wurden zunächst gestrichen, auch das geplante Training wurde zunächst verschoben, wie der dänische Verband am Sonntagmorgen mitteilte.

Nach der 0:1-Auftaktniederlage gegen Finnland hat die Partie am kommenden Donnerstag gegen Gruppenfavorit Belgien für die Dänen schon fast Endspielcharakter.

Eriksens Zustand stabil - Grüße an die Mannschaft

Doch das Sportliche ist in Dänemark komplett in den Hintergrund gerückt, nach den dramatischen Szenen um Christian Eriksen, bei dem die Mediziner nach einem Zusammenbruch auf dem Spielfeld Wiederbelebungsmaßnahmen eingeleitet hatten. Eriksens Zustand ist nach Verbandsangaben vom Sonntagmorgen stabil, er liegt in einem Krankenhaus in Kopenhagen und wird weiter untersucht. Bei einem Gespräch am Sonntagmorgen habe der 29-Jährige seinen Mannschaftskollegen seine Grüße ausgerichtet, teilte der dänische Verband DBU mit.

Am Nachmittag äußerte sich dann aber doch Trainer Kasper Hjulmand ausführlich auf einer Pressekonferenz und gab einen Tag nach der Partie ehrlich zu, dass die Entscheidung, das Spiel doch noch zu Ende zu spielen, aus seiner Sicht nicht richtig gewesen sei. "Die Spieler waren in einem Schock-Zustand. Wir hätten nicht spielen sollen, das ist mein Gefühl", so der ehemalige Coach von Mainz 05. "Vielleicht hätten wir einfach in den Bus steigen sollen. Es war eine schwierige Entscheidung. Es war falsch für mich, dass die Spieler das entscheiden sollten."

Radiosender "DR": "Wichtigere Dinge als Fußball"

"Dänemark hat verloren - das Leben hat gewonnen", schrieb die Boulevardzeitung "Ekstra Bladet".

Auch seriöse Medien stellten die Emotionen aus dem Stadion in den Vordergrund: "Dort lag ein Vater zweier Kinder und kämpfte um sein Leben. Keiner der Anwesenden im Parken wird das jemals abschütteln können. In wenigen Minuten hatte sich das, was als Fußballfest begann, zu einem Alptraum entwickelt", kommentierte das öffentlich-rechtliche Radio "DR". "Es gibt wichtigere Dinge als Fußball."

Unverständnis über Fortsetzung des Spiels

Dass die UEFA nach einer Unterbrechung von mehr als eineinhalb Stunden entschied, das Spiel fortzusetzen, stieß schon am Samstagabend auf Unverständnis, etwa bei Gladbachs Christoph Kramer, der als ZDF-Experte im Einsatz war.

Laudrup: "UEFA-Entscheidung falsch"

Dänemarks Fußball-Legende Michael Laudrup äußerte Kritik an der Entscheidung, die nach der Darstellung der UEFA nach Rücksprache mit den Spielern beider Teams getroffen worden war. Eine solche Entscheidung so kurz nach einem emotionalen Ereignis treffen zu müssen, sei falsch, sagte Laudrup als EM-Experte des dänischen Fernsehsenders "TV3+".

Die Spieler wurden "vor eine Wahl gestellt, die keine echte Wahl ist", sagte Laudrup. "Wenn so etwas passiert, sind sie voller Emotionen und haben nicht die Übersicht, um wichtige Entscheidungen zu treffen. Es muss jemanden geben, der dann sagt: Wir hören hier auf", sagte Laudrup und nahm damit den europäischen Fußball-Verband UEFA in die Verantwortung. "Da hätte man sagen sollen: Wir werden heute Abend nicht mehr spielen. Und wir werden wahrscheinlich später eine Gelegenheit finden."

Peter Schmeichel: "Lächerliche Entscheidung der UEFA"

Auch Peter Schmeichel, Europameister-Keeper von 1992 und Vater des aktuellen dänischen Torhüters, kritisierte den EM-Ausrichter, der "mehr Mitgefühl" gegenüber den Spielern hätte zeigen müssen: "Die UEFA lässt den Spielern die Wahl, herauszugehen und die letzten 55 Minuten zu Ende zu spielen oder heute um 12.00 Uhr zurückzukehren. Das war keine Option. Das war eine lächerliche Entscheidung", sagte Schmeichel bei der BBC.

Lob gab es für die Maßnahmen direkt auf dem Platz, nachdem Eriksen zusammengebrochen war. "Das hat vor Ort sehr gut funktioniert. Man hat das Leben retten können durch schnelle und adäquate Reaktion. Diese Kette scheint mir gut definiert", sagte DFB-Mannschaftsarzt Tim Meyer, der auch Vorsitzender der medizinischen Kommission der UEFA ist, am Sonntag im Teamquartier in Herzogenaurach.

Auch Königshaus meldet sich

Nach dem Vorfall hatte sich auch das dänische Königshaus gemeldet. "Das Wichtigste ist, dass es Christian Eriksen den Umständen entsprechend gut geht", schrieb das dänische Kronprinzenpaar Frederik und Mary bei Instagram und würdigte den Umgang mit der Situation: "Es war rührend, den fantastischen Teamgeist und die Unterstützung von Spielern und Fans zu sehen, nachdem wir alle einen großen Schrecken erlebt hatten."