Nations League Frankreich zwischen Abstiegsgefahr, WM und Hexendoktor

Stand: 22.09.2022 11:36 Uhr

Titelverteidiger Frankreich kämpft in der Nations League gegen den Abstieg - und das kurz vor der WM in Katar. Trainer Didier Deschamps muss sich aber auch noch mit anderen Dingen herumschlagen.

Didier Deschamps hat in diesen Tagen wahrlich genug Probleme. Jetzt ist noch eins dazugekommen. Der Trainer der französischen Fußball-Nationalmannschaft muss für die beiden Spiele in der Nations League gegen Österreich (22.09.22) und in Dänemark (25.09.22) auch auf Kapitän Hugo Lloris verzichten. Der Torhüter von Tottenham Hotspur fällt wegen einer Oberschenkelverletzung aus.

Zuvor hatten schon Karim Benzema (Real Madrid), N'Golo Kante (FC Chelsea), Paul Pogba, Adrien Rabiot (beide Juventus), Kingsley Coman, Lucas Hernandez (beide FC Bayern München), Theo Hernandez (AC Mailand), Presnel Kimpembe (Paris Saint-Germain), Ibrahima Konate (FC Liverpool), Boubacar Kamara und Lucas Digne (beide Aston Villa) wegen Verletzungen abgesagt.

Noch kein Sieg

Dabei geht es für den Titelverteidiger in der Nations League in den beiden Spielen - man glaubt es kaum - gegen den Abstieg aus der Liga A. Dort ist Frankreich nach zwei Unentschieden und zwei Niederlagen Tabellenletzter in seiner Gruppe.

Pogba und der Hexendoktor

Deschamps muss sich aber auch noch unfreiwillig mit einem anderen Thema beschäftigen - mit einem Skandal zur Unzeit, der die beiden wichtigen Partien überschattet. Denn der verletzte Pogba steht im Mittelpunkt eines spektakulären Strafprozesses.

Fünf Männer, darunter sein älterer Bruder Mathias, sollen den 29-Jährigen über mehrere Monate versucht haben, zu erpressen. Sogar eine Waffe sollen sie gezückt haben, um Pogba um 13 Millionen Euro zu erleichtern. Dabei geht es wohl um ein heikles Video mit kuriosem und schrägen Inhalt. Pogba soll einen Hexendoktor bezahlt haben. Es soll ihm darum gegangen sein, einige Gegner aber auch den Nationalmannschafts-Kollegen Kylian Mbappé zu verfluchen.

Streit mit Mbappé um Bildrechte

Mbappé wiederum hat gerade nichts besseres zu tun als sich mit dem französischen Fußballverband über Bildrechte zu streiten. Deshalb hat er einen Fototermin der Nationalmannschaft geschwänzt. Der Stürmer von Paris Saint-Germain will, so heißt es, sich selbst aussuchen können, für welchen Werbepartner er parat steht und für welchen nicht.

Kylian Mbappe (l.) und Frankreichs Nationaltrainer Didier Deschamps

Kylian Mbappe (l.) und Frankreichs Nationaltrainer Didier Deschamps auf dem Trainingsplatz.

"Totalschaden" und "Fiasko"

Wer sich - wie Deschamps - mit solch bizarren Vorgängen und anderen Unpässlichkeiten herumschlagen muss, der ist wirklich nicht zu beneiden. Dabei steht die WM in Katar vor der Tür. Schon in knapp zwei Monaten geht es los. Ein Abstieg aus der Nations League A wäre nicht sonderlich gut fürs Prestige und das Selbstbewusstseins des Weltmeisters. Und natürlich auch nicht für Deschamps.

"Panne generale", ein "Totalschaden", sei der Auftritt der Franzosen, titelte "L'Equipe", eine der großen Sportzeitungen des Landes. Kein Sieg bisher und eine magere Ausbeute von nur drei Toren: Frankreich ist in Sachen WM in Sorge. Die Zeitung "Le Parisien" spricht von einem "Fiasko". "L'Equipe" macht dafür vor allem Deschamps, verantwortlich. "Les Bleus" seien überfordert, kraftlos und verunsichert, das taktische Konzept des Trainers eine "große Unklarheit".

Kaum jemand glaubt an WM-Sieg

Den Abstieg aus der Nations League würden Fans und Medien ja noch verkraften. Deren Stellenwert hält sich trotz des Sieges im vergangenen Jahr in engen Grenzen. Viel drängender ist Frage nach der grundsätzlichen Verfassung der "Equipe Tricolore" so kurz vor der WM. Bei den Fans ist vor allem nach der mauen 0:1-Pleite gegen Kroatien, der Neuauflage des WM-Endspiels von 2018, die Skepsis gewachsen. Kaum jemand glaubt daran, dass das Team in Katar den WM-Titel verteidigen kann.

Jetzt helfen nur Siege

Deschamps wird nicht müde, die Kritiker zu beruhigen. "Ich mache mir natürlich keine Sorgen", sagt er demonstrativ. Und verweist auf die erhöhten Belastungen für seinen Spieler und auf die Verletzungsmisere. "Ich hoffe, dass die Situation in zwei Monaten für alle Spieler viel besser sein wird", sagt er mit Blick auf die WM. Beruhigen kann er die Gemüter aber wohl nur mit zwei Siegen in der Nations League.