Marokkanische Fans bei der Fußball-WM 2022 in Katar

FIFA WM 2022 Marokkos verzweifelter Kampf um die WM-Ausrichtung

Stand: 10.12.2022 21:30 Uhr

Katar richtet die erste WM in der arabischen Welt aus, sportlich begeistert werden die arabischen Fans aber alleine von Marokko. Das nordafrikanische Land hat sich schon mehrfach vergeblich um die WM beworben - und plant den nächsten Versuch.

Das Halbfinale bei der WM 2022 in Katar ist der größten Erfolg für den Fußball in Afrika. Marokko ist das erste afrikanische Team im Halbfinale einer WM, zuvor hatten Kamerun (1990), Senegal (2002) und Ghana (2010) jeweils im Viertelfinale gespielt. Was Marokko dagegen bislang nicht erreicht hat, ist die Gastgeberrolle bei einer WM. Obwohl das Land es unnachgiebig versucht.

Bei der Bewerbung 2026 gescheitert

2018 kassierte Marokko eine weitere Niederlage. Bei der Abstimmung über die Vergabe der WM 2026 im FIFA-Kongress unterlag Marokko der gemeinsamen Bewerbung aus den USA, Kanada und Mexiko deutlich mit 65:134. Marokko erhielt nicht einmal alle Stimmen Afrikas oder alle Stimmen der arabischen Länder.

Dabei hatte Marokko im Vorfeld der Abstimmung wenig Mühen gescheut. Sogar Lothar Matthäus wurde als Botschafter eingekauft. "Ich unterstütze Marokkos Bewerbung für die WM 2026", sagte Matthäus in einem Werbevideo. "Ich glaube, dass Marokko ein wahres Fußballland ist." Die WM 2026 bekam Marokko trotzdem nicht.

Marokko lag in den Prüfberichten klar zurück

Im FIFA-Kongress überzeugte Marokko nicht, die kommerziell und strukturell attraktivere Bewerbung gewann, auch in den Prüfberichten der FIFA waren die USA, Kanada und Mexiko klar favorisiert. 5,0 Punkte gab es dort zu erreichen. Marokko schaffte 2,7, die USA, Kanada und Mexiko 4,0. Besonders bedenklich war für die FIFA, dass in Marokko ein großer Teil der Infrastruktur erst noch hätte gebaut werden müssen.

"Ich gratuliere meinen Kollegen aus den USA, Kanada und Mexiko und wünsche ihnen nur das Beste", sagte Fouzi Lekjaa. Er ist Präsident des marokkanischen Fußballverbandes und Mitglied des FIFA-Rats. Er arbeitet zudem für das marokkanische Finanzministerium - was die FIFA trotz der so oft beschworenen politischen Neutralität des Fußballs bislang nicht beanstandet. So arbeitet Lekjaa weiter: "Ich hoffe, dass wir eines Tages den Traum wahr werden lassen und die WM ausrichten."

Fouzi Lekjaa, Präsident des marokkanischen Fußballverbands

Fouzi Lekjaa, Präsident des marokkanischen Fußballverbands

1994, 1998, 2006, 2010, 2026 - schon fünf Fehlversuche für Marokko

Diesem Traum jagt Marokko schon länger hinterher, bei mehreren Vergaben im damaligen FIFA-Exekutivkomitee blieb das Land auf der Strecke:

  • Bei der Vergabe der WM 1994 unterlag Marokko mit 7:10 gegen die USA.
  • Bei der Vergabe der WM 1998 unterlag Marokko mit 7:12 gegen Frankreich.
  • Bei der Vergabe der WM 2006 schied Marokko schon im ersten Wahlgang gegen England, Südafrika und den späteren Sieger Deutschland aus.
  • Bei der Vergabe der WM 2010 unterlag Marokko mit 10:14 gegen Südafrika.

Mehrere Vergaben wie die 2006 nach Deutschland stehen bis heute unter Korruptionsverdacht. Besonders 2010 fühlte sich Marokko dadurch benachteiligt, da in diesem Jahr wegen des damals gültigen Rotationsprinzips zwischen den Kontinenten nur afrikanische Länder zugelassen waren. Marokko wurden allerdings ebenfalls Bestechungsversuche vorgeworfen.

Bei der Vergabe der WM 2026 blieb ein Beigeschmack. Nach einem Bericht der "Welt am Sonntag" soll die FIFA zumindest versucht haben, Marokkos Bewerbung zugunsten der aus Nordamerika auszubremsen, indem sie die Kriterien verschärfen wollte. Der Versuch scheiterte, Verlierer war am Ende trotzdem Marokko.

Marokko: Homosexualität illegal, Pressefreiheit eingeschränkt

2018, kurz nach der verlorenen Abstimmung über das Turnier 2026, kündigte Marokko eine neue Bewerbung für das Jahr 2030 an. Geprüft werde - auch wegen der Größe des Turniers mit nun 48 Teams - eine gemeinsame Bewerbung mit Algerien und Tunesien. Unbekannt ist der FIFA das Land keineswegs: 2013 und 2014 fand in Marokko jeweils die Klub-WM statt, die Turniere hatten jeweils sieben Teams als Teilnehmer.

Für Marokkos König Mohammed VI. gilt eine WM als Hilfe für eine Entwicklung der Infrastruktur. Viele Stadien sollten für die WM neu gebaut, Verkehrsanbindungen verbessert werden. Das Land liefert jedoch auch bedenkliche Rahmenbedingungen in Sachen Menschenrechte: Homosexualität ist illegal und wird mit Gefängnis bestraft, was sogar explizit Erwähnung in den FIFA-Prüfberichten zur WM 2026 findet. In der aktuellen Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen liegt Marokko auf Rang 135 - Katar steht 16 Plätze besser da.

Auch für 2030 mächtige Konkurrenz

Hinzu kommt, dass die Konkurrenz für das Turnier 2030 hochkarätig ist:

  • Aus Europa gibt es eine gemeinsame Bewerbung von Spanien, Portugal und der Ukraine.
  • 1930 fand die erste WM in Uruguay statt, 100 Jahre danach will Uruguay gemeinsam mit Argentinien, Paraguay und Chile wieder Gastgeber in Südamerika sein.
  • Eine interkontinentale Bewerbung von Saudi-Arabien, Ägypten und Griechenland könnte mit Finanzstärke auftrumpfen.

Über die Vergabe des Turniers entscheidet der FIFA-Kongress 2024. Marokkos sportlicher Traum läuft derzeit in Katar mit dem WM-Halbfinale. Der Traum von der Ausrichtung eines WM-Turniers bleibt dagegen noch fern.