EURO 2020 DFB-Team - Muster bei den Gegentoren

Stand: 25.06.2021 08:09 Uhr

Fünf Tore hat Deutschland bei der EURO 2020 schon kassiert, der nächste Gegner England noch keines. Bei der Analyse ist ein Muster zu erkennen, wann die deutsche Defensive in Schwierigkeiten gerät.

Die Null, sie stand nicht zuletzt. In den beiden Vorbereitungsspielen vor der EURO kassierte Manuel Neuer je einen Treffer, gegen Dänemark wie gegen Lettland. Zum Auftakt der EM war es wieder eines gegen Frankreich, die beiden gegen Portugal blieben ohne Folgen, die beiden gegen Ungarn hätten beinahe zum nächsten heftigen Rückschlag für die deutsche Nationalmannschaft geführt.

Doch dank des Ausgleichstores von Leon Goretzka zog die Auswahl des DFB in das Achtelfinale ein, trifft dort am Dienstag (29.06.2021) auf England. Die Mannschaft von Gareth Southgate blieb in ihren bisherigen drei Partien gegen Kroatien, Schottland und Tschechien ohne Gegentor.

Mehrmals betonte Löw in der Vorbereitung, das Hauptaugenmerk "muss auch für uns lauten, dass wir in der Defensive stabiler werden". Es sei gerade in einem Turnier schwierig und kräftezehrend, Rückstände aufzuholen. Das gelang gegen Portugal und zweimal gegen Ungarn, nur gegen Frankreich war das eine Tor des Gegners zuviel.

Frankreich: Konfuses Pressing

Gegen den Weltmeister zeigte sich schon längst vor dem Eigentor von Mats Hummels ein Problem, das sich durch das Turnier zieht. Trotz einer Überzahl an deutschen Spielern hatten die Franzosen die Möglichkeit, sich aus dem konfusen Pressing zu befreien, die Seite zu verlagern und Hummels mit der scharfen Hereingabe in Bedrängnis zu bringen.

Portugal: Verwaiste linke Abwehrseite und Schwäche bei Standards

Gegen Portugal stimmte es zahlenmäßig zunächst auch. Der bei einem deutschen Eckstoß einzig vorne verbliebene Portugiese wurde von zwei Spielern des DFB aus der Nähe beobachtet, am Strafraum gab es eine weitere Absicherung. Der übliche Grundsatz, in der sogenannten Restverteidigung stets mindestens mit einem Spieler mehr als der Gegner zu sein, war erfüllt.

Doch eine ganze Seite, in diesem Fall die linke Abwehrseite, war verwaist. Der nach dem abgewehrten Eckstoß an den Ball gekommene Portugiese fand jede Menge Raum vor sich. Er trieb den Ball nach vorne und gab seinen Mitspielern die Zeit, nachzurücken. Das taten mehrere im Vollsprint, während bei den Deutschen einige im Vollschlaf zu hoffen schienen, dass schon nichts passieren würde.

Das zweite Tor erzielten die Portugiesen nach einem scharf hereingebrachten Freistoß aus dem Halbfeld. Trotz aller Bekundungen, sich des Themas eindringlich zu widmen, offenbart die deutsche Mannschaft bei ihrer Mischung aus Mann- und überwiegend Raumverteidigung weiterhin eklatante Schwächen in der Abwehr von gegnerischen Standardsituationen. Das ist erstaunlich angesichts der kopfballstarken Innenverteidiger Matthias Ginter, Mats Hummels und Antonio Rüdiger.

Ungarn: Flankengeber ohne Druck

Häufig fehlt die Abstimmung, wer nun welchen Gegner eng attackiert, bevor der an den Ball kommen kann. Manchmal werden sogar elementare Fehler begangen und dem Gegner nicht der Weg innen verstellt.

Wie schon gegen Frankreich zeigten die beiden Tore der Ungarn auf, dass dem Gegner im Mittelfeld zuviel Zeit und Raum am Ball gelassen wird. So sehr auch Hummels und Ginter eine Schuld am Kopfballtor von Adam Szalai trifft, der Flankengeber Roland Sallai durfte ohne jeden Druck von Toni Kroos oder auch dem zurückweichenden Antonio Rüdiger Maß nehmen.

Sechs Länderspiele mit mindestens einem Gegentor

England enttäuschte bislang zwar auch in der Offensive, hat aber eine potentiell sehr gefährliche Mischung aus schnellen, hoch veranlagten Außenspielern wie dem bislang zweimaligen Torschützen und Harry Kane, einem echten "Neuner", der sich häufiger im Mittelfeld den Ball holt und somit in der Spitze Raum schafft. Für die deutsche Mannschaft wird es eine große Herausforderung sein, erstmals nach sechs Länderspielen mit mindestens einem Gegentor wieder ohne zu bleiben.