UEFA-Präsident Aleksander Ceferin (l.) und Karim Benzema

Forsche Töne von Ceferin Neuer Anlauf für Gehaltsobergrenze im Fußball

Stand: 27.04.2023 16:40 Uhr

UEFA-Chef Ceferin will eine Gehaltsobergrenze in Europas Fußball "so schnell wie möglich", alle seien sich einig. Spielergewerkschaften reagieren irritiert.

Erst vor einem Jahr hat der europäische Fußballverband UEFA neue Regeln für finanzielle Gerechtigkeit verabschiedet. Jetzt bezeichnet Alexander Ceferin die Reform als unzureichend. Der UEFA-Präsident forderte im Podcast "Men in Blazers" eine Gehaltsobergrenze im europäischen Fußball - "so schnell wie möglich, das ist die Zukunft".

Dass er sich gerade jetzt in dieser Deutlichkeit äußert, mag mit dem Medium zusammenhängen. "Men in Blazers" ist eine in New York produzierte Show, die sich hauptsächlich mit Fußball beschäftigt. Ceferin nutzte seinen Auftritt unter anderem dafür, ein in den USA ausgetragenes Champions-League-Finale in Aussicht zu stellen. "Es ist möglich. Wir haben begonnen, darüber zu diskutieren."

Salary Cap in den USA weit verbreitet

Solche Sätze erzeugen, unabhängig von der Realitätsnähe, Aufmerksamkeit in den USA. Und auch mit dem Begriff Salary Cap können die Amerikaner viel anfangen, mehr als die Europäer. Denn Gehaltsobergrenzen und andere strenge Regeln sind im US-Profisport Alltag, sorgen für ausgeglichene Ligen mit wechselnden Meistern.

Teams der Fußball-Profiliga MLS dürfen beispielsweise in der Saison 2023 nicht mehr als 5,21 Millionen Dollar für Spielergehälter ausgeben. Ein einzelner Profi muss mindestens 85.444 Dollar pro Jahr bekommen, darf aber nicht mehr als 651.250 Dollar verdienen.

Zwar kann eine Franchise über Ausnahmeregelungen einem Star-Spieler auch bis zu 1,65 Millionen Dollar pro Jahr gönnen, aber mit europäischen Mega-Verträgen können die Amerikaner nicht mithalten. Deshalb sehen manche die Gehaltsobergrenze auch als Bremsklotz für die MLS, sportlich hinkt die US-Liga meilenweit hinterher.

Enorme Ungleichheit in Europa

In Europa ist die Lage diametral anders. Der kaum gebremste Markt und die mitunter zweistelligen Millionengehälter tragen zu einer enormen Ungleichheit innerhalb der nationalen Ligen und auch im europäischen Vergleich bei. "Wenn immer dieselben fünf Klubs gewinnen, macht es keinen Sinn mehr", sagte Ceferin. Um die Wertigkeit der Wettbewerbe zu sichern, sei deshalb ein Salary Cap wichtig.

Die UEFA wollte das monetäre Wettbieten ursprünglich durch das sogenannte Financial Fairplay regulieren. Weil dieses aber kraftlos blieb, schaffte es die UEFA ab und ersetzt es im Juni 2022 durch die Regelung" Financial Sustainability" (finanzielle Nachhaltigkeit).

Financial Sustainability nicht ausreichend?

Diese hat zwei Grundregeln: Ein Klub darf nur 70 Prozent seiner im Fußballgeschäft erzielten Einnahmen für den Kader ausgeben - Ablösesummen inklusive. Ein mögliches Defizit darf bis zu einer Höhe von 30 Millionen Euro durch Geldgeber ausgeglichen werden.

Ceferin sagte nun, diese Regelung sei "nicht gut genug, denn wenn deine Gewinne fünf Milliarden Euro betragen, sind 70 Prozent ziemlich viel."

Gehaltsobergrenze auf UEFA-Sitzung agelehnt

Schon bei der Sitzung des Exekutivkomitees Anfang April 2022 wollten Ceferin und nach Informationen der Sportschau deutsche Vertreter eine absolute Gehaltsobergrenze einführen, scheiterten aber. Im Gespräch war eine Deckelung auf üppige 500 Millionen Euro pro Saison und Kader.

Nun gab sich Ceferin optimistischer, eine gemeinsame Lösung zu finden. "Überraschenderweise sind sich alle einig. Große Klubs, kleine Klubs, staatliche Klubs, milliardärgeführte Klubs, jeder stimmt zu." Angesichts möglicher juristischer Hürden habe er auch schon mit der EU-Kommission darüber gesprochen, sagte Ceferin.

Spielergewerkschaften PFA und VDV äußern Kritik

Kritik an den Worten des UEFA-Chefs kam von der britischen Spielergewerkschaft PFA. "Wenn Spieler lesen, dass 'jeder zustimme' ihre Gehälter zu begrenzen, denke ich, dass sie zurecht verärgert sind", sagte PFA-Chef Maheta Molango der BBC. "Die Spieler müssen als die wichtigsten Akteure behandelt werden und im Mittelpunkt dieser Gespräche stehen."

Auch die deutsche Spielergewerkschaft VDV reagierte auf Sportschau-Anfrage reserviert. "Wenn es der UEFA darum gehen sollte, die europäischen Klubwettbewerbe sportlich ausgeglichener zu gestalten, sollte im ersten Schritte über den Verteilerschlüssel der zentral vermarkteten Einnahmen sowie über die Wettbewerbsformate diskutiert werden", schrieb der Verband. "Die alleinige Einführung von Gehaltsobergrenzen wäre kein Allheilmittel - allein schon aufgrund von Umgehungsmöglichkeiten.".

Zudem könnten Gehaltsobergrenzen in Deutschland rechtssicher nur über einen Tarifvertrag vereinbart werden. "Diesbezüglich ist die VDV für Gespräche offen."