Die Trainerin von England Sarina Wiegman jubelt nach dem Schlusspfiff.

Sieg gegen Spanien nach Rückstand "Charakter gezeigt" - England und die große Erleichterung

Stand: 21.07.2022 11:05 Uhr

"Wir sind froh, dass es vorbei ist!" - Englands Verteidigerin Millie Bright sprach aus, was alle gesehen hatten: England hatte im Viertelfinale gegen Spanien kurz vor dem Aus gestanden. Bei den Gastgeberinnen herrscht nun Stolz und Erleichterung.

Von Olaf Jansen

Ella Toone wollte gar nicht mehr weg von den Mikrofonen der Reporter. Die Worte sprudelten regelrecht heraus aus der Mittelfeldspielerin, die England mit ihrem Treffer in der 84. Minute in die Verlängerung gegen Spanien gerettet hatte: "Wir haben Charakter gezeigt", strahlte die 22-Jährige von Manchester United, und: "Wir haben nie aufgegeben. Und Widerstand gezeigt. Ich bin stolz!"

"Es war ein schwieriges Spiel"

Ihre Kollegin Millie Bright war einfach nur erleichtert: "Es war ein schwieriges Spiel. Man konnte das Talent der spanischen Spielerinnen jederzeit erkennen. Wir sind einfach nur froh, dass es vorbei ist. Und dass es glücklich ausgegangen ist." Ihre Teamkapitänin Leah Williamson kannte derlei Zweifel nicht: "Ich hatte nie das Gefühl, dass wir ausscheiden könnten."

Endstation Viertelfinale für England beim Turnier im eigenen Land - das war aber genau das Gefühl, das Zuschauer und Kommentatoren im Laufe der 84 Minuten bis zu Toones Ausgleichstor immer mehr beschlich. Die Spanierinnen waren stark. Sie machten ihr bestes Spiel im bisherigen Turnierverlauf, zeigten dem englischen Team mit ihrer spielerischen Klasse und ihrer ausgefeilten Technik offensichtlich die Grenzen auf.

Spaniens Pressing zu gut für England

Das englische Team, das beinahe beängstigend souverän durch die Vorrunde gerauscht war, kam mit dem Pressing der Gegnerinnen ebenso wenig zurecht wie mit deren Sicherheit im Passspiel. Das englische Mittelfeld lief zunehmend ins Leere, der Top-Sturm um Anführerin Ellen White wurde von den quirligen Südeuropäerinnen nahezu komplett aus dem Spiel genommen.

England gegen Spanien - die Zusammenfassung

Sportschau, 20.07.2022 23:35 Uhr

Und so kam der spanische Führungstreffer durch Esther Gonzalez in der 54. Minute auch gar nicht überraschend. Die Spanierinnen hatten bis dahin bereits etliche gute Möglichkeiten zur Führung liegen gelassen. Dann war es aber soweit und das Turnieraus der Engländerinnen rückte in den folgenden Minuten immer näher. Spanien hatte alles im Griff. Bis - ja, bis die englische Trainerin Sarina Wiegman einen Blick auf ihre Ersatzbank richtete und dort Alessia Russo sah. Sie schickte Russo und Chloe Kelly aufs Feld und plötzlich veränderte sich die Statik des Spiels.

"Der "Holzhammer" dreht das Spiel

England holte nun den Holzhammer raus und setzte Spanien mit der Wucht und Entschlossenheit der Eingewechselten unter Druck. Dass Russo sich beim erzwungenen Ausgleichstreffer durch Toone vorher bei Spaniens Abwehrchefin Irene Paredes im Kopfballduell deutlich aufgestützt hatte, passte zum Spiel. England hatte hier auch das Glück der Tüchtigen, dass Schiesdrichterin Stephanie Frappard dieses Foulspiel nicht als solches wertete.

Sarina Wiegman war's egal. Sie lobte später lieber die Breite ihres Kaders, der den Ausschlag gegeben habe: "Wir haben soviel Qualität in der Mannschaft, dass man jederzeit auswechseln kann und die Leistung dann noch einmal besser wird. Bei uns ist es fast egal, wer beginnt und wer später hereinkommt. Sie spielen alle auf einem konstant hohen Level."

"Schwer zu ertragen"

Während England also das Momentum nutzte und durch den Treffer der künftigen Bayern-Spielerin Georgia Stanway in der Verlängerung ins Halbfinale einzog, war Spaniens Team am Boden zerstört. "Wir haben wirklich gut gespielt", meinte nach der Partie Trainer Jorge Vilda, um trotzig hinzuzufügen: "Auch wenn es heute schwer zu ertragen ist. Aber wir haben eine goldene Zukunft vor uns."

Athenea del Castillo aus Spanien ist enttäuscht nach dem Spielende.

Am Boden: Spaniens Hoffnungen sind dahin

Die EM aber wird ohne Spanien weitergehen. Dafür mit den Gastgeberinnen. Die im Viertelfinale erstmals gespürt haben, dass der Titelgewinn auch vor heimischem Publikum beileibe kein Selbstläufer wird. Im Halbfinale wird es gegen den Sieger aus Schweden gegen Belgien gehen. Leichter wird diese Partie für die Engländerinnen bestimmt nicht.