Almuth Schult, WM-Expertin der Sportschau

DFB beruft zwei Arbeitsgruppen "Kann ich null verstehen" - Schult kritisiert fehlende Diversität

Stand: 16.12.2022 07:23 Uhr

Nationaltorhüterin Almuth Schult hat die Zusammensetzung des DFB-Experten-Gremiums am Dienstag (13.12.2022) scharf kritisiert. Auch Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg und das Fanbündnis "Unsere Kurve" halten die Besetzung für problematisch.

Der Expertenrat, der neben DFB-Präsident Bernd Neuendorf und Hans-Joachim Watzke aus Karl-Heinz Rummenigge, Matthias Sammer, Oliver Mintzlaff, Oliver Kahn und Rudi Völler besteht, sei völlig falsch gewählt, schimpfte Schult in der Sportschau.

Schult attackiert den DFB

"Es steht Taktik dahinter: Fünf Herren, die sehr viel Einfluss haben im Männerfußball und die größten Kritiker sind, sind geholt worden. Weil man hinterher weiß: Wenn es nicht gut laufen sollte, wird man von diesen fünf Herren dann nichts Negatives hören", so Schult. "Eigentlich nimmt man nur sich selbst in Schutz."

Vor allem die Tatsache, dass die Task-Force nur aus älteren Männern besteht und wieder einmal keine Frau dabei ist, verurteilte Schult im Studio deutlich. "Dass man nicht auf Diversität schaut, kann ich null verstehen", sagte sie: "Weil es auch darum geht, den DFB zukunftsträchtig aufzustellen. Der Sportdirektor ist zuständig für die Jugend, für die Frauen, für die Akademie - dann dieses Gremium aufzustellen, finde ich sehr kritisch."

Voss-Tecklenburg und "Unsere Kurve" ebenfalls kritisch

Am Mittwochabend pflichtete ihr auch Frauen-Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg bei: "Da fehlt mir persönlich die Durchmischung", sagte die 54-Jährige im ZDF. "Es fehlt mir ein bisschen die Internationalität. Es tut uns gut, auch über den Tellerrand hinauszuschauen." Auf die Nachfrage, ob ihr auch eine Frau fehle, antwortete Voss-Tecklenburg: "Die fehlt mir sowieso."

Auch das Fanbündnis "Unsere Kurve" übte scharfe Kritik für die Zusammenstellung des Expertenrats. "Es ist absurd, das immer die Gleichen zu den gleichen Themen sprechen und man dann andere Ergebnisse erwartet. Wie soll mit diesem Vorgehen etwas Neues, etwas Innovatives entstehen?", sagte Sprecherin Helen Breit der Deutschen Presse-Agentur. "Es wäre der ideale Zeitpunkt gewesen, um zu zeigen, dass der DFB das Grundlegende verstanden hat: Dass er aufhören muss, um sich selbst zu kreisen. Mir fehlt die Vorstellungskraft, dass in dieser Konstellation ein erfrischender, nachhaltiger, basisnaher und zukunftsfähiger Strukturwandel gelingen kann."

Neuendorf setzt auf Arbeitsgruppen

DFB-Präsident Neuendorf hatte zuvor in einer Pressekonferenz das weitere Vorgehen nach dem WM-Debakel erläutert und die beiden neugegründeten Arbeitsgruppen vorgestellt. Die erste, eine interne Gruppe, der unter anderem Philipp Lahm, Alexander Wehrle und Celia Sasic angehören, soll die bestehenden DFB-Strukturen überprüfen und die ehemaligen Aufgaben von Bierhoff neu aufteilen. "Wir müssen selbstkritisch analysieren, wie wir uns da aufstellen müssen", so Neuendorf.

Ein zweites Gremium soll parallel an der Zukunft des DFB arbeiten. Der bereits erwähnte externe Beraterkreis um Rummenigge, Sammer, Mintzlaff, Kahn und Völler soll sich ausschließlich um die sportlichen Belange kümmern. "Dabei geht es von Nachfolge von Bierhoff bis zur Nachwuchs-Förderung", so Neuendorf. Kritik an der Besetzung ließ Neuendorf nicht zu. "Die Menschen haben ein hohes Verantwortungsbewusstsein", unterstrich er.

Neuendorf verteidigt Zusammensetzung

Dass etwa Mintzlaff als CEO von Red Bull inzwischen gar keinen direkten Fußballbezug mehr hat und zudem mit Kahn und Rummenigge zwei Vertreter von Bayern München dabei sind, ließ Neuendorf weitgehend unkommentiert.

Dass eine Frau fehle, begründete Neuendorf damit, dass es um den Männer-Fußball gehe. "Es war nicht unser erstes Kriterium, hier für Vielfalt und Diversität zu sorgen, das machen wir an anderer Stelle im Verband", sagte Neuendorf in der Sportschau. Dabei verwies er auf eine diverse Zusammensetzung von Gremien im Verband. "Hier ist es einfach so, dass wir Menschen brauchen, die über eine Menge Erfahrung verfügen, die in der Männer-Nationalmannschaft gespielt haben, die für den DFB gearbeitet haben, die über einen reichen Erfahrungsschatz im Profigeschäft, die über eine Reihe von Kontakten verfügen", sagte Neuendorf über die Expertengruppe. 

Neuendorf - "Vielfalt und Diversität nicht erstes Kriterium"

Sportschau, 13.12.2022 19:16 Uhr

Neuendorf lässt Gerüchte unkommentiert

Bei der Suche nach einem Nachfolger von Bierhoff, auch das stellte Neuendorf klar, sind erst einmal keine schnellen Lösungen zu erwarten. Beide Arbeitsgruppen werden sich zwar noch vor Weihnachten erstmals zusammenschließen, einen Zeitplan gebe es aber noch nicht. "Bei allem Verständnis für Tempo ist ein kühler Kopf entscheidend", so Neuendorf. "Wir werden nichts überstürzen."  

Auch konkrete Namen wie Fredi Bobic kommentierte Neuendorf nicht. Es gehe nun erst einmal darum, ein Profil zu erstellen. Gerüchte registriere er, jetzt sei aber nicht die Zeit für Schnellschüsse. "Wir hatten jetzt schnelle Entscheidungen, in der vergangenen Woche hat viel stattgefunden. Wir wissen auch, dass wir zügig vorangehen müssen." Letztlich gehe es aber um Akzeptanz. "Wir haben für die EM 2024 nur einen Schuss. Und der muss sitzen."