Etwa ein Dutzend Nationen werden bei der Amateurbox-WM der Frauen ab dem 15. März im indischen Neu-Delhi nicht antreten.

Boykott wegen Ukraine-Krieg Box-WM: Mit Russland, ohne Deutschland

Stand: 14.03.2023 12:05 Uhr

Weil Russen und Belarussen bei den Titelkämpfen im Amateurboxen teilnehmen dürfen, verzichten zahlreiche Nationen auf einen Start.

Etwa ein Dutzend Nationen werden bei der Amateurbox-WM der Frauen ab dem 15. März im indischen Neu-Delhi und höchstwahrscheinlich auch anschließend bei den Titelkämpfen der Männer im usbekischen Taschkent (1. bis 14. Mai) nicht antreten. Dazu zählen die USA, Polen, Großbritannien, die Ukraine und auch Deutschland.

Der Grund ist klar - auch wenn nicht alle offen das Wort "Boykott" aussprechen: Bei den Weltmeisterschaften dürfen Athletinnen und Athleten aus Russland und Belarus unter ihrer Landesflagge starten und im Falle eines Sieges auch die Nationalhymne hören. Als würde es den seit mehr als einem Jahr andauernden Angriffskrieg in der Ukraine nicht geben.

DBV begründet Teilnahmeverzicht trainingstaktisch

Der Deutsche Boxsport-Verband DBV begründet den WM-Verzicht offiziell mit der Trainings- und Saisonplanung. Die deutsche Box-Riege wolle sich komplett auf das europäische Olympia-Qualifikationsturnier im Juni im polnischen Krakau konzentrieren, betonte Sportdirektor Michael Müller im Februar.

Viel wichtiger dürfte aber sein, dass das Bundesinnenministerium bei einem WM-Start für die sogenannten Entsendungskosten nicht aufgekommen wäre. Zwar will das BMI für den Erlass vom März 2022 Ausnahmen zulassen, denn "Athleten aus Deutschland dürften nicht zu Leidtragenden von Entscheidungen internationaler Sportverbände werden".

Doch aktuell gilt die Regelung, dass keine Zuschüsse fließen, wenn Boxer aus Russland und Belarus ohne Beschränkungen an Wettbewerben teilnehmen.

Russe Kremlew ist Präsident des Weltverbands

Warum in Neu-Delhi die vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) empfohlenen Sanktionen fallen und Russen und Belarusen teilnehmen dürfen, erklärt sich beim Blick auf die Strukturen im Weltverband IBA. Der Russe Umar Kremlew hat als Präsident das Sagen, durch den von der russischen Regierung kontrollierten Sponsor Gazprom fließt reichlich Geld in die Verbandskassen. Und dem IOC, das aktuell wegen der angedachten Rückkehr Russlands auf die Weltbühne des Sports unter bestimmten Bedingungen viel Kritik einstecken muss, wischt der mit Wladimir Putin befreundete Kremlew nur zu gerne eins aus. 

Die IBA ist im IOC seit 2019 suspendiert, der Verband um Präsident Thomas Bach beklagt unter anderem die dubiose Verbandsführung, mangelnde finanzielle Transparenz und fehlende Integrität der Schiedsprozesse. Als Konsequenz wurde das Boxen aus dem olympischen Programm für die Spiele 2028 in Los Angeles gestrichen. Die Qualifikation für Paris 2024 und die olympischen Kämpfe in Frankreichs Hauptstadt liegen in den Händen einer vom IOC eingesetzten Taskforce - genau wie schon bei Olympia in Tokio.

Gründung eines neuen Weltverbands?

500 Tage vor Beginn der Spiele in der französischen Hauptstadt ist die Zukunft des Amateur-Boxens ungewisser denn je. Um die Zukunft des olympischen Boxens zu retten, wollen zahlreiche Nationalverbände einen neuen Weltverband gründen. Es sind nicht zufällig die gleichen, die bei den Weltmeisterschaften in Indien und Usbekistan fehlen. Dem Vernehmen nach werden dafür Ende März, nach einem IOC-Meeting in Lausanne, Fakten geschaffen.

Die IBA hat derweil den Boxerinnen und Boxern der Verbände, die die WM boykottieren, eine Möglichkeit angeboten, dennoch an den Titelkämpfen teilzunehmen. Sie könnten dies unter neutraler Flagge tun.