
Handball-European-League THW Kiel gewinnt "kleines Finale" gegen Melsungen
Der deutsche Handball-Rekordmeister THW Kiel hat sich beim Final Four um die European League in Hamburg Platz drei gesichert. Die Schleswig-Holsteiner gewannen am Sonntag das "kleine Finale" gegen den Bundesliga-Rivalen MT Melsungen mit 37:31 (18:18).
Im sechsten Aufeinandertreffen beider Clubs in dieser Saison waren eine Steigerung in der Deckung sowie eine starke Torhüter-Leistung von Andreas Wolff nach dem Seitenwechsel entscheidend für den Erfolg der "Zebras", die in der Vorschlussrunde dem französischen Vertreter Montpellier unterlegen gewesen waren. 24 Stunden später betrieben den Norddeutschen gegen Melsungen eindrucksvoll Frustbewältigung.
Wiencek: "Kann mich mit einem guten Gefühl verabschieden"
"Die Niederlage gestern war wirklich hart, wir hatten viele Emotionen zu bewältigen und es war wirklich nicht einfach, heute diese Leistung aufs Feld zu bringen", sagte THW-Trainer Filip Jicha. Für Patrick Wiencek war es ein kleines Happyend in seinem letzten internationalen Spiel. "Es fühlt sich gut an, dass wir heute gewonnen haben. Ich wollte unbedingt mein letztes Europapokal-Spiel gewinnen. Das haben wir geschafft, und ich kann mich mit einem guten Gefühl verabschieden."
Beide Teams bieten Fans Offensiv-Spektakel
Beide Teams brachten trotz der Enttäuschung über die bitteren Halbfinal-Pleiten am Vortag erstaunlich viel Energie auf die Platte. Die Zuschauer in der Mehrzweckhalle im Volkspark sahen im ersten Abschnitt ein tempo- und torreiches Duell, das unter dem Motto stand: "Wer hat noch nicht, wer will noch mal?"
Bereits nach 120 Sekunden waren fünf Treffer gefallen. Die MT führte mit 3:2, blieb anschließend allerdings fast sechs Minuten ohne Erfolgserlebnis. Der THW zog mit einem 4:0-Lauf auf 6:3 davon, gab diesen Vorsprung alsbald aber wieder aus der Hand.
Jicha und Parrondo in Experimentierlaune
Das gründete wohl auch darauf, dass Jicha experimentierte. Mal ließ der Tscheche sein Team ohne Kreisläufer, dafür aber mit vier Rückraumspielern agieren. Dann schickte er zwei Mittelmänner gleichzeitig auf die Platte. Auch Jichas Gegenüber Roberto Garcia Parrondo hatte die eine oder andere Idee, sodass die Zuschauer einige eher ungewöhnliche Spielzüge zu sehen bekamen.
THW Kiel - MT Melsungen 37:31 (18:18)
Tore THW Kiel: Madsen (12), Ellefsen (9), Imre (6/1 Siebenmeter), Wiencek (3), Bilyk (2), Landin (2), Duvnjak (1), Johansson (1), Kutz (1)
MT Melsungen: Drosten (6/1), Jonsson (5), Arnarsson (5), Cavalcanti (4), Enderleit (2), Ignatow (2), Moraes Ferreira (2), Barrufet Torrebejano (2), Balenciaga (1), Mandic (1), Svensson (1)
Immerhin: Die Tore fielen weiter wie die häufig zitierten reifen Früchte. Das bereitete dem neutralen Handball-Fan viel Freude. Die Torhüter beider Teams, die bis dahin nahezu kein Faktor gewesen waren, schoben derweil zur Halbzeit Frust. Wolff, der nach 20 Minuten Tomas Mrkva abgelöst hatte, musste sich nach der Pausensirene erst einmal auf die Bank setzen und tief durchatmen.
Wolff wird für Melsungen zum Murmeltier
Nach dem Seitenwechsel grüßte dann für Melsungen das Murmeltier. Ein Murmeltier mit dem Namen Wolff. Denn wie bereits im Finale des DHB-Pokals, als der 34-Jährige die Hessen mit 18 Paraden entnervt hatte, wuchs der Schlussmann nun über sich hinaus. Dank seiner Paraden und einer weiterhin hohen Effizienz im Angriff konnten die Schleswig-Holsteiner auf 27:22 davonziehen (43.).
Damit war der Grundstein für den Erfolg gelegt. Die MT konnte den Rückstand zwar zwischenzeitlich noch einmal auf drei Treffer verkürzen. Wolff und die weiter zu schwache eigene Deckungsleistung ließen aber keine Wende mehr für die Hessen zu, bei denen sich der Frust über die Pleite aber in Grenzen hielt.
Lichtlein: "Hänge die Niederlage nicht zu hoch"
"Heute haben wir viel rotiert und Leuten Spielpraxis gegeben, die normalerweise nicht so viel spielen. Deswegen hänge ich die Niederlage heute nicht so hoch. Der ganz Fokus liegt auf Donnerstag", sagte Torwart-Routinier Carsten Lichtlein mit Blick auf das Bundesliga-Topspiel am kommenden Donnerstag bei den Füchsen Berlin. Der Sieger des Duells der punktgleichen Teams dürfte im Titelkampf beste Aussichten haben. "Der Druck liegt bei Berlin", sagte Leichtlein.
Der 44 Jahre alte Keeper hatte vor einigen Wochen seine Handball-Rente unterbrochen, weil die MT nach dem Kreuzbandriss bei Nebojsa Simic einen Ersatz auf der Torwart-Position benötigte. Nun könnte der Welt- und Europameister seiner erfolgreichen Karriere sogar noch den ersten Meisterschaftstitel zufügen. "Unverhoft kommt oft", sagte "Lütti", wie er gerufen wird, zu seinem Comeback. Könnte bald auch auf den Meisterschaftsgewinn zutreffen...
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Sportclub | 25.05.2025 | 22:45 Uhr