Von den Fans getragen EURO - die vertrackte Sache mit dem Heimvorteil

Stand: 23.06.2021 00:01 Uhr

Erstmals wird die EURO in mehreren Ländern ausgetragen - so haben einige Teams richtige Heimspiele. Über die Fairness lässt sich diskutieren. Einem Topteam halfen die Heimpartien noch überhaupt nicht.

Es war, das konnte auch jeder neutrale Zuschauer neidlos anerkennen, eine beeindruckende Stimmung im Parken-Stadion zu Kopenhagen. Am Montagabend (21.6.2021) saßen, standen, schrien und feierten dort 25.000 Zuschauer und bejubelten am Ende einen 4:1-Erfolg der dänischen Elf, die damit auf den letzten Drücker als Gruppenzweiter ins EM-Achtelfinale einzog.

Die Zuschauer, das erklärten auch die siegestrunkenen Dänen, hätten enorm geholfen. Der klassische Heimvorteil sozusagen. Nur ist der bei einer EM ja eigentlich nicht in diesem Ausmaß vorhanden.

Diese EURO 2020 ist jedoch eine ungewöhnliche. In elf Orten wird das Turnier ausgetragen, neun davon befinden sich in einem Teilnehmer-Land. Es gibt Nationen, Deutschland, England und Dänemark als Beispiel, die in der Gruppenphase nur Heimspiele haben. Dann gibt es Nationen, etwa Russland und Ungarn, die zwei Heimspiele haben.

"Die Dänen haben uns Flügel verliehen"

Und es gibt Teams, die nur Auswärtspartien haben. Teams wie Portugal und Frankreich treffen in der Gruppenphase beispielsweise gleich zweimal auf Mannschaften mit Heimvorteil - Deutschland und Ungarn. Ist das fair?

Im Parken konnte man am Montag bestaunen, wie eine Mannschaft von einem Publikum zum Sieg getragen wurde. "Die Dänen haben uns Flügel verliehen. Sie haben uns so viel Liebe gegeben. Ohne sie wäre das alles nicht möglich gewesen", betonte Nationaltrainer Kasper Hjulmand.

Die Russen durften zwei Partien im heimischen Sankt Petersburg austragen, die entscheidende Begegnung gegen die Dänen fand dann aber in Kopenhagen statt. Gegen elf in Rot gekleidete Gegner auf dem Platz und 25.000 in Rot gekleidete Zuschauer auf den Rängen sozusagen. Eine Situation, die man so nicht kennt bei Europameisterschaften.

Italien und die Niederlande ohne Punktverlust

Die Dänen sind das frischeste, bildgewaltigste Beispiel in Sachen Heimvorteil, sie sind aber nicht das einzige. Italien gewann alle seine drei Vorrundenspiele im Stadio Olimpico zu Rom, die Niederlande blieben ohne Punktverlust in der Johan-Cruyff-Arena in Amsterdam. Ungarn erkämpfte sich auch dank der Unterstützung von den Rängen in Budapest einen Punkt gegen Frankreich.

Im letzten Gruppenspiel müssen nun aber auch die Ungarn eine Auswärtsreise antreten, in München geht es gegen das DFB-Team, das alle drei Partien vor Heimkulisse bestreiten darf. In der deutschen Gruppe F könnte diese Konstellation das Zünglein an der Waage sein.

Nicht jeder konnte den Vorteil nutzen

Ein Topteam konnte bislang aber noch so gar nicht vom Heimvorteil profitieren. Spanien steht nach zwei Spieltagen mit nur zwei Punkten auf Rang drei der Gruppe E und kann am finalen Spieltag sogar ausscheiden. Auch die Schotten haben ihre wichtige erste Partie gegen Tschechien im heimischen Hampden Park verloren. Der Vorteil ist da, nur konnte ihn nicht jedes Land nutzen.

Im Achtelfinale ist das Prinzip Heimvorteil aber erst einmal (fast) ausgesetzt, nur die Engländer spielen erneut in London. Sollte das Team von Trainer Gareth Southgate im Anschluss auch das Viertelfinale überstehen, ist ab dem Halbfinale nur noch Wembley angesagt. Das könnte dann freilich der ultimative Heimvorteil sein.