Josha Vagnoman wurde von Hansi Flick für die Nationalmannschaft nominiert

Lob von Bundestrainer Flick DFB-Debütant Josha Vagnoman - einer für die Fantasie

Stand: 21.03.2023 08:20 Uhr

Beim VfB Stuttgart, dem Tabellenletzten der Fußball-Bundesliga, ist Josha Vagnoman nur Ersatz. Auf seiner Position rechts hinten spielt ein Innenverteidiger. Bundestrainer Hansi Flick hat Vagnoman trotzdem zur Nationalmannschaft geholt. Die Außenverteidiger bleiben eine deutsche Problemposition.

Vor einigen Tagen hat der Bundestrainer Hans-Dieter Flick, den alle nur "Hansi" rufen, über Positionsprofile gesprochen, über Analysen und Potenziale. Das war noch vor der Kadernominierung für die Testspiele gegen Peru (Samstag, 25.03.2023 ab 20.45 Uhr) und Belgien (Dienstag, 28.03.2023 ab 20.45 Uhr). Es könne schon auch Überraschungen geben, sagte Flick, und die Neuen müssten auch "keine klaren Stammspieler" im Verein sein.

Es war ein Satz, der Raum ließ für Überraschungen, und tatsächlich hat Flick keine 24 Stunden später viele überrascht. Sechs Neue hat er für die Nationalmannschaft nominiert, das war noch keine Überraschung. Die Namen waren es schon, manche zumindest, und einer ganz besonders: der von Josha Vagnoman.

Sechs Neue im DFB-Kreis - Berisha, Wolf und Co.

Sportschau, 20.03.2023 13:50 Uhr

In Stuttgart spielt ein Innenverteidiger rechts und nicht Vagnoman

Vagnoman, 22, ist vor dieser Saison vom Hamburger SV zum VfB Stuttgart gewechselt, er ist ein Außenverteidiger mit viel Dynamik und wenig Erfahrung. Zu Beginn der Saison spielte Vagnoman immer, oft rechts und manchmal links, dann sah er Gelb-Rot gegen Schalke und war anschließend verletzt. Seit Anfang November ist Vagnoman wieder fit, aber ein klarer Stammspieler ist er eher nicht mehr.

In diesem Jahr hat Vagnoman erst einmal in der Startelf gestanden. Der Trainer Bruno Labbadia setzt im Abstiegskampf in der Defensive auf Erfahrung und Stabilität. Zuletzt hat Labbadia oft sogar den Innenverteidiger Waldemar Anton hinten rechts eingesetzt. Vagnoman saß in vier der vergangenen sieben Ligaspiele nur auf der Bank, dreimal ist er eingewechselt worden für insgesamt 71 Minuten.

Es ist dann zuletzt auch viel über die Personalie Vagnoman diskutiert worden, auch wenn sein Name nicht immer genannt worden ist. Lothar Matthäus etwa wunderte sich über nominierte Spieler, die "man eigentlich gar nicht kennt, die auch im Verein noch nicht diesen Stammplatz haben".

Marius Wolf, 27, auch er neu in der Nationalmannschaft und Rechtsverteidiger, aber eben gesetzt bei Borussia Dortmund, wird Matthäus nicht gemeint haben. Vagnoman schon eher.

Flick lobt den Mut des Neuen

Der Bundestrainer Flick hat eine andere Perspektive auf den Fußballer Vagnoman, natürlich hat er die. Als er die Namen der Nominierten verkündete, sagte Flick, sie hätten die Spieler genau analysiert, gerade mit Blick auf die Zukunft. Am Montag (20.03.2023) erinnerte Flick daran, dass Vagnoman 2021 schon als sehr junger Spieler U21-Europameister mit Deutschland geworden war. Dass er im Halbfinale und im Endspiel ohne Einsatz blieb, erwähnte Flick nicht.

Aufbruchsstimmung im DFB-Team

Sportschau, 20.03.2023 18:37 Uhr

Lieber sagte Flick, Vagnoman interpretiere die Rolle als Außenverteidiger "sehr mutig". Ihm gefällt das. Tatsächlich ist Vagnoman schnell, ziemlich schnell, man sieht ihn oft die Linie entlangsprinten. Seine Flanken aber könnten genauer sein und in der Defensive ist Vagnoman selten ohne Fehler.

In Vagnoman erkennt Flick offenbar trotzdem etwas, was anderen Kandidaten für die Rechtsverteidiger-Position fehlt. Etwas, das ihn interessant macht für die Nationalmannschaft, vielleicht schon mittelfristig und mit Blick auf die EM 2024. Vagnoman ist ein Spieler für Flicks Fantasie.

Vagnoman im Dress des VfB Stuttgart

Kehrer, Süle, Kimmich und nun Vagnoman - Flicks Rechtsverteidiger-Puzzle

Und Fantasie kann der Bundestrainer Flick gerade gar nicht zu viel haben. Die Europameisterschaft im kommenden Jahr findet in Deutschland statt, die Erwartungen könnten größer kaum sein, dabei ist die Realität eher trostlos. Die WM in Katar war eine Enttäuschung, aber bei der Fehleranalyse landeten sie beim DFB trotzdem immer bloß bei der Niederlage im Japan-Spiel.

Dabei sah man auch gegen Spanien und Costa Rica, dass es der deutschen Mannschaft nicht nur am Spielglück fehlte, sondern auch an Toren, Ideen, Rechtsverteidigern.

In Katar hat Flick auf Deutschlands Problemposition mehrere Spieler beginnen lassen: Thilo Kehrer und Niklas Süle, zwei Innenverteidiger, die es zur Not auch außen können. Und Joshua Kimmich, der einst als Ideallösung für hinten rechts galt, bis er irgendwann lieber im defensiven Mittelfeld spielen mochte und auch da nicht zu ersetzen war.

Vagnoman sagt: "Auch für mich überraschend"

Flicks Suche nach einem Rechtsverteidiger von Format geht also weiter. Er sollte in einer Viererkette verteidigen können, aber auch das System mit drei oder fünf Verteidigern beherrschen. Denn auch das könne eine Alternative sein, hat Flick vor einigen Tagen gesagt. Die Nominierung von Dortmunds Wolf war da naheliegend, er kann beides.

Vagnoman kann das auch, aber die Frage stellt sich dann schon: Kann er es besser als andere Rechtsverteidiger, die Flick vorerst für nicht gut genug befunden hat?

Am Wochenende, bei der 0:1-Niederlage der Stuttgarter gegen den VfL Wolfsburg, kam Vagnoman mal wieder zum Einsatz. Es war sein 15. Bundesligaeinsatz, er dauerte 28 Minuten. Anschließend war Vagnoman natürlich ein gefragter Gesprächspartner, alle wollten sie wissen, wie das war mit ihm und dem Bundestrainer.

"Natürlich", sagte Vagnoman, "kam es für mich auch sehr überraschend." Er hatte damit gerechnet, im Kader der U21-Auswahl zu stehen, mit einem Anruf des Bundestrainers hatte er nicht gerechnet.

Labbadia und die Stabilität - Grüße gehen raus an den DFB

Natürlich ist auch Stuttgarts Trainer Labbadia auf die Nominierung seines Ersatz-Rechtsverteidigers angesprochen worden. Er hoffe, sagte Labbadia, dass Vagnoman bei der Nationalmannschaft auch zum Einsatz komme. "Spielpraxis zu erlangen bei einem Verein, der gerade um den Abstieg spielt, ist nicht so einfach. Da muss man sich manchmal auch für die Stabilität entscheiden." Und mehr muss man über Deutschland und die Rechtsverteidiger im Frühjahr 2023 dann vielleicht auch gar nicht wissen.