Karin Danner, Abteilungsleiterin Fußball-Frauen beim FC Bayern München

Fußball | Frauen Karin Danner: Komplette Profiliga muss Ziel für deutschen Frauenfußball sein

Stand: 10.03.2022 18:10 Uhr

Karin Danner, Managerin und Abteilungsleiterin der FC-Bayern-Frauen, spricht im Sportschau-Interview über die Zukunft der Frauenfußball-Bundesliga, die sich unter dem Dach des DFB bisher zu schlecht vermarktet sieht.

Beim DFB-Bundestag am Freitag (11.03.2022) geht es in erster Linie um die Wahl des neuen Präsidenten. Doch in den vergangenen Monaten tobte hinter den Kulissen auch ein Kampf um die Zukunft der Frauen-Bundesliga, die sich unter dem Dach des DFB bisher zu schlecht vermarktet und repräsentiert fühlt. 

Gründung eigener Liga erst einmal vom Tisch

Am Freitag soll nun auf Antrag des Fußballverbandes Rheinland auch eine DFB-Vizepräsidentin mit dem Zuständigkeitsbereich Bundesliga gewählt werden. Im Grunde ein Kompromiss, nachdem bis vor vier Wochen für den Bundestag ein Antrag aus diesem Landesverband vorlag, in dem "die Gründung einer Deutschen Frauenfußball-Liga mit eigenständiger Verantwortung" als Drohkulisse aufgebaut wurde. Der Antrag wurde nach vielen Gesprächen hinter den Kulissen modifiziert – die Liga bleibt erst einmal beim DFB. Man habe "einen Stein ins Wasser geworfen", sagt Theo Zwanziger, der als einer der Initiatoren des Antrags gilt, "damit sich beim DFB in Sachen Professionalisierung der Frauen-Bundesliga was tut." Aber Fakt ist: Der DFB stand kurz davor, die Liga zu verlieren, steht nun unter Druck und muss liefern – wie Karin Danner im Sportschau-Interview durchblicken lässt.

Danner ist seit 27 Jahren Managerin und Abteilungsleiterin der Frauen des FC Bayern München. Mit ihr traf sich Matthias Wolf auf dem FC Bayern Campus.

Sportschau: Die Führungsriege der FC Bayern-AG bei Spielen auf der Tribüne,  ein Champions League Spiel (gegen Paris Saint Germain am 22. März) erstmals in der Arena. Dazu beachtliche Investitionen in den Kader. Würden Sie sagen, dass der FC Bayern den Frauenfußball mittlerweile als Investment begreift?

Karin Danner: Der Frauenfußball ist beim FC Bayern deutlich mehr als ein Investment. Seit über 50 Jahren ist unsere Abteilung fester Bestandteil des Vereins und hat sich besonders in den vergangenen zehn Jahren kontinuierlich weiterentwickelt und professionalisiert. Wir genießen im Verein höchste Wertschätzung, erfahren bestmögliche Unterstützung und sind so inzwischen  in der Spitze Europas angekommen. Diese Entwicklung war und ist ein langer Prozess, den wir weiter vorantreiben werden. Man sieht, wo die Entwicklung im Frauenfußball in Europa hingeht – und zwar kontinuierlich nach oben. Andere Nationen zeigen uns das deutlich auf. Entscheidend wird sein, was in Deutschland in den nächsten Jahren passiert - auch auf Verbandsebene.

Was läuft aus Ihrer Sicht derzeit noch nicht gut?

Karin Danner: Die vergangenen zehn Jahre war die Entwicklung im Frauenfußball in Deutschland leider nicht nur positiv. Im Gegenteil. Es ging vieles zu langsam voran. Andere Länder haben da deutlich größere Sprünge gemacht. Bei uns müssen sich viele Strukturen ändern und professionalisieren – kurzfristig wie auch langfristig.

Das heißt, der DFB steht jetzt auch unter Druck. Der Antrag von Theo Zwanziger, garniert mit den Worten, er wollte mal einen Stein ins Wasser werfen, wirkte eher wie eine Drohkulisse: Wenn der DFB jetzt nichts macht, dann sind wir Bundesligisten weg.

Karin Danner: Die Vereine haben gerade im vergangenen Jahr sehr oft von DFB-Seite gehört: "Die Vereine müssen was tun." Wir beim FC Bayern haben über die vergangenen Jahre  bereits sehr viele Dinge ins Rollen gebracht. Die Vereine haben nun ihrerseits Informationen vom DFB eingefordert, welche Möglichkeiten sich etwa in Sachen Vermarktung bieten. Das Thema Eigenständigkeit wird womöglich ein Thema bleiben.

Stichwort: Eigene Frauen-DFL. Wie konkret war das bereits? Ich habe mir sagen lassen, dem FC Bayern und anderen Bundesligisten war es sehr ernst, als der damalige DFL-Chef Christian Seifert vor etwas mehr als einem  Jahr großes Interesse am Frauenfußball zeigte.

Karin Danner: Eine Kern-Forderung der Vereine war: Es müssen endlich alle Spiele fernsehgerecht aufbereitet werden. Wir müssen mehr Sichtbarkeit bekommen. Und ich glaube, wenn wir damals diesen Druck aus der Liga nicht so aufgebaut hätten, wäre da noch immer zu wenig passiert. Das ist aufgrund unseres Appells aus der Liga heraus umgesetzt worden. Da hat man gemerkt, dass Bewegung aufkommen kann.

Inwiefern?

Karin Danner: Vor allem bei der Vermarktung liegt noch viel Potenzial brach. In der ganzen Werbebranche, bei Sponsoren und Partnern kann sich noch deutlich mehr bewegen, besonders bei der Vermarktung durch den DFB mit seiner neuen GmbH.

Nochmal nachgefragt: Wie ernst war das schon mit der Frauen-DFL?

Karin Danner: Es hat Gespräche auf allen Ebenen gegeben. Die Vereine müssen mittlerweile immer mehr und sehr viel Geld investieren, um international wettbewerbsfähig zu sein. Und die Frage, wo wiederum mögliche Einnahmequellen entstehen können, ist in diesem Kontext legitim. Stichwort Fernsehgelder: Die nächsten Jahre sind hier entscheidend. Wir Vereine sind sportlich auf internationalem Top-Level. Das zeigt das gute Abschneiden deutscher Klubs in der Champions League. Sportlich sind wir eine sehr starke Liga. Aber wirtschaftlich gesehen sind uns andere Ligen weit voraus.

Beispiel England. TV-Verträge über 18 Millionen Euro pro Saison, dazu Sponsorenverträge im zweistelligen Millionenbereich.

Karin Danner: Du kannst in England alle Spiele live und meist frei anschauen, in toller Qualität, super aufbereitet, was bei uns so nicht der Fall ist. Der erste Schritt mit der Übertragung aller Spiele bei Magenta Sport ist getan. Zudem kommt jeden Spieltag eine Partie bei Eurosport, ausgewählte Spiele auch im Öffentlich-Rechtlichen. Aber insgesamt machen uns in Sachen Sichtbarkeit andere Länder vor, wie es geht.

In England gibt es auch durch die Bank Profi-Spielerinnen in der Liga. Auf diesem Niveau sind in Deutschland nur Bayern und Wolfsburg, mit Abstrichen noch Hoffenheim und Frankfurt.

Karin Danner: Eine komplette Profiliga muss eines der obersten Ziele sein. Spielerinnen sollten sich voll und ganz auf den Fußball konzentrieren können. Hier gehen die Vereine, die um die Champions-League-Plätze spielen, sozusagen in Vorleistung.  Aber Ansätze gibt es ja. Die Möglichkeiten, beispielsweise den DFB-Pokal mit dem Finale als Highlight der Saison, attraktiver zu gestalten, sind groß. Aktuell ist der DFB-Pokal für manche Teilnehmer aber eher ein Minusgeschäft - und das kann nicht sein.

Ein Minusgeschäft?

Karin Danner: Für die ersten Runden bekommt jeder Klub 2.500 Euro. Das steigert sich dann auf vier, zwölf und 16.000 Euro. Seit zehn Jahren hat sich da nichts verändert. Um im Pokal finanziell zu profitieren, muss man eigentlich bis ins Finale kommen. In England gibt es sogar zwei Pokal-Wettbewerbe, da sich diese gut vermarkten lassen. Das fordere ich gar nicht. Aber der DFB-Pokal an sich muss anders aufgezogen werden.

Gäbe es Investoren, die ante portas stehen?

Karin Danner: Das müsste möglich sein. In ganz Europa nimmt der Frauenfußball Fahrt auf – in England, in Frankreich oder Spanien. Auch in Italien, Portugal oder Skandinavien tut sich viel. Diese positive Entwicklung muss auch auf Deutschland übertragbar sein. Davon bin ich fest überzeugt, und wir beim FC Bayern spüren dieses zunehmende Interesse ja auch deutlich. Das wird sich auch in Sachen Investoren widerspiegeln.

Also der DFB hat jetzt drei Jahre Zeit, um das ähnlich zu machen wie die englische FA?

Karin Danner: Es gab sehr gute Gespräche mit Holger Blask, dem Geschäftsführer Marketing und Vertrieb der DFB GmbH. Wir ziehen hier alle am gleichen Strang und es wurde viel zugesagt. Am Ende werden wir dann bewerten, wie weit wir gekommen sind. Wie gesagt, in den nächsten Jahren wollen und müssen wir kurz- und langfristig einiges erreichen.

Und sonst sind Sie weg?

Karin Danner: Ausgliederung oder eine Eigenständigkeit wird als Option in den Köpfen bleiben. Aber unser Ziel ist es, den Frauenfußball gemeinsam mit dem DFB voranzubringen.