Ukraines Verbandschef Pawelko während seiner Videorede beim UEFA-Kongress

Fußball | UEFA UEFA-Kongress: Russland im Saal, Ukraine im zerbombten Stadion

Stand: 11.05.2022 14:51 Uhr

Russland war beim Kongress der UEFA im Saal in Wien anwesend, die Ukraine nicht. Von der UEFA suspendiert wird der russische Verband aber vorerst weiterhin nicht.

Andrej Pawelko wählte eine wirkungsvolle Kulisse für seinen Auftritt. Der Präsident des ukrainischen Fußballverbands stand mit schusssicherer Weste in einem durch russische Angriffe zerstörten Fußballstadion in Tschernihiw nordöstlich von Kiew. "Ich habe nicht das moralische Recht, die Ukraine zu verlassen", begründete er zu Beginn seiner Rede seine Abwesenheit. "Wir wurden bombardiert, auch heute in der Region, hier sind Bomben eingeschlagen."

Das gewählte Bild war wirkungsvoll, Pawelkos weitere Worte fielen einer schlechten Verbindung zum Opfer, er konnte seine Rede nicht beenden. Alle anderen Verbände der UEFA hatten die Chance, anzureisen.

Russlands Generalsekretär: "Kein Kommentar"

Im Gegensatz zu Pawelko saß daher ein Vertreter Russlands im Saal. "Kein Kommentar", sagte Alexander Alaev abseits des Plenums. Der Generalsekretär des russischen Verbands nahm dem Alphabet gemäß zwischen den Delegationen von Rumänien und San Marino Platz.

Russlands Platz beim UEFA-Kongress

Russlands Platz beim UEFA-Kongress

Das war auch deshalb möglich, weil die UEFA wie die FIFA nur die russischen Teams von allen Wettbewerben ausgeschlossen hat, nicht aber den Verband. Das führte zuletzt für die UEFA zu der unangenehmen Situation, dass Russland sich um die Ausrichtung der Europameisterschaften der Männer 2028 und 2032 bewerben konnte, bis die UEFA die Bewerbung ablehnte. Erwägt die UEFA angesichts des fortlaufenden Angriffs Russlands auf die Ukraine nun stärkere Sanktionen?

Suspendierung des russischen Verbands? "Schließen nichts aus"

"Es ist zu früh, darüber zu sprechen", sagte Ceferin während der Pressekonferenz nach dem Kongress auf eine Frage nach einer möglichen Suspendierung des Verbands. "Ich würde nichts ausschließen, aber ich würde auch nicht sagen, dass es in naher Zukunft passieren wird. Die Sanktionen sind ein hoher Druck auf den russischen Fußball." Im Hintergrund beschworen andere anwesende Funktionäre das "Offenhalten eines Dialogs", was gegen die Suspendierung spreche.

UEFA-Präsident Aleksander Ceferin nach dem UEFA-Kongress bei einer Pressekonferenz

UEFA-Präsident Aleksander Ceferin nach dem UEFA-Kongress bei einer Pressekonferenz

Die UEFA habe die "Position der sportlichen Neutralität" aufgeben müssen, sagte Ceferin. "Die hat angesichts der Gräueltaten keine Daseinsberechtigung mehr." Der UEFA-Präsident äußerte sein Bedauern für die von den Sanktionen betroffenen Spielerinnen und Spieler. "Wir hoffen, dass dieser Wahnsinn so schnell wie möglich endet." Und er nahm Russlands Generalsekretär Alaev in Schutz. "Er ist 30 Jahre alt. Was hat er mit Putin zu tun?" Doch die Frage bezog sich auf eine andere russische Personalie in der UEFA.

Gazprom-Manager weiter im Exekutivkomitee

Der Präsident des russischen Verbands, Alexander Djukow, war nicht angereist. Djukow ist Vorstandschef einer Gazprom-Tochtergesellschaft und durch die fehlende Suspendierung des Verbands weiterhin vollwertiges Mitglied des Exekutivkomitees. Die Energielieferungen des staatlich gelenkten Gazprom-Konzerns werden von Russlands Regierung als Machtinstrument eingesetzt.

Alexander Djukow, Mitglied des UEFA-Exekutivkomitees

Alexander Djukow, Mitglied des UEFA-Exekutivkomitees

Vor Beginn des Angriffs auf die Ukraine war die Gazprom-Arena als Austragungsort des Champions-League-Endspiels geplant. Zudem war Gazprom ein Großsponsor der UEFA. Das Finale verlegte die UEFA nach Paris und beendete das Sponsoringverhältnis mit Gazprom. "Er ist nicht hier" - mehr sagte Ceferin über Djukow nicht.

Russland weiter auf dem Rechtsweg gegen die UEFA

Djukows Verband ist derweil mit Rechtsfragen beschäftigt, um vor dem internationalen Sportgerichtshof CAS die Sanktionen anzufechten. Russische Parlamentarier gingen zuletzt weiter und spekulierten öffentlich über einen Wechsel von der UEFA in die asiatische Konföderation oder mit eigenen Turnieren gegen Teams aus "freundlich gesinnten Ländern".