Fußball im Rhino Cup in Simbabwe

"Rhino Cup" in Afrika Fußball als Schutz für Simbabwes Wildtiere

Stand: 06.04.2023 13:34 Uhr

Illegale Wilderei in den Nationalparks kostet zahlreiche Nashörner und Elefanten in Simbabwe das Leben. Erstaunlichen Erfolg zeigt die "Rhino Cup Champions League" - die Fußball-Liga engagiert sich für den Artenschutz.

Von Olaf Jansen, Olaf Jansen

Kathrin Ehrkes Koffer sind schon wieder gepackt – die 44-Jährige ist ja immer irgendwie bereit. Für den nächsten Einsatz im Simbabwe. Im März geht es wieder in den Südosten des afrikanischen Kontinents: Es startet die zweite Saison der "Rhino Cup Champions League“ – einer Fußball-Liga, die sich dem Kampf gegen die illegale Wilderei verschrieben hat. "Man darf nicht nachlassen", sagt die Hamburgerin. "Die neue Saison startet. Wir wollen zeigen, dass Fußball eine ganz wichtige Rolle im Artenschutz der Region spielen kann“, so Ehrke.

Keine Wilderei während der Fußball-Saison

Anfang Dezember endete rund um den simbabwischen Hwange-Nationalpark die erste Saison der "Rhino Cup Champions League". 20 Mannschaften nahmen teil. Rund 400 junge Männer kämpften zehn Monate mit ungeheurem Ehrgeiz und Einsatz um Tore, Punkte und die Meisterschaft.

Wie die Wildhüter rund um die beteiligten ländlichen Ortschaften Mabale, Dete, Lupote und Silewu durchaus erstaunt registrierten: Die illegale Wilderei war in der Region deutlich weniger geworden. "Wir haben in diesem Jahr keinen einzigen Vorfall von Elefanten- oder Nashorn-Wilderei in der Region registriert", berichtete anlässlich der Saison-Abschlussveranstaltung im vergangenen Dezember Brighton Joroma, Manager der simbabwischen Nationalpark-Behörde.

Wilderei betrifft in Simbabwe nicht nur Nashörner und Elefanten, die wegen ihrer Hörner und Stoßzähne eine lukrative Beute abgeben, sondern auch kleinere Antilopen und Büffel. Die werden dabei nicht für den Weltmarkt, sondern für den heimischen Kochtopf erlegt. Die Coronapandemie hat das Problem in den vergangenen zwei Jahren eher noch verschärft - die wenigen Jobs, die es gab, kamen zumeist aus dem Tourismus. Und der kam während der Coronapandemie auch in Simbabwe nahezu komplett zum Erliegen.

Fußball im Rhino Cup in Simbabwe

Heftig wütende Wilderei in den vergangenen zehn Jahren

Der kommerzielle internationale Handel von Nashornderivaten ist dabei seit 1977 für alle Arten verboten. Obwohl die Gesetzgebung eindeutig ist, floriert der Schwarzmarkt für Nashorn-Produkte nach wie vor. Eine ganz besonders gefährdete Art in Simbabwe ist das Breitmaulnashorn, das Anfang des 20. Jahrhunderts schon einmal fast ausgerottet worden war. Nashörner werden ihres Hornes wegen gewildert. Es gilt bei vielen Menschen auch heute noch als medizinisches Heilmittel und prestigeträchtiges Luxusprodukt. Ihm werden medizinische Wunderwirkungen nachgesagt.

Dabei gab's ja auch in der Vergangenheit schon Erfolgsmeldungen: Mit mühevoller Naturschutzarbeit stieg die Anzahl der Tiere in den 80er und 90er Jahren von knapp 1.000 wieder auf eine afrikaweite Anzahl von 21.000. Doch die seit mehr als zehn Jahren heftig wütende Wilderei macht diesen hart erkämpften Erfolg allmählich wieder zunichte. 2017 wurden nur noch etwas mehr als 18.000 Breitmaulnashörner gezählt - ein Verlust von 15 Prozent. 2021 waren es nur noch weniger als 16.000. Aktuell gehen die Bestände der Breitmaulnashörner in ganz Afrika durch Wilderei um jährlich drei Prozent zurück. Mindestens 2.707 Nashörner wurden laut einer Statistik des World Wide Fund For Nature (WWF) von 2017 bis 2021 insgesamt an die Wilderei verloren.

Harte Strafen halfen kaum

Schon in den ebenfalls von illegaler Wilderei betroffenen Ländern Mosambik und Namibia hatte die US-amerikanische Hilfsorganisation "Wild and Free Foundation" seit 2019 Projekte gegen Wilderei gestartet. In Kathrin Ehrke hatte die Organisation bald eine Interessentin gefunden, die genau so ein Projekt für Simbabwe gesucht hatte. Ehrke, die nach ihrem Tourismus-Studium in Simbabwe einst ein Forschungsprojekt durchgeführt hatte, wurde damals immer wieder mit dem Problem der Wilderei konfrontiert.

Fußball im Rhino Cup in Simbabwe

Eine enorm hohe Arbeitslosenquote und Perspektiv-Armut vor allem der jungen Männer waren meist ursächlich. "Für viele junge Menschen rund um die Nationalparks waren illegal erbeutete Stoßzähne von Elefanten und Rhinos oftmals die einzige Einnahmequelle", erfuhr sie.

Harte Strafen und vermehrte Kontrollen halfen kaum. "Es galt, alternative Einnahmemöglichkeiten und vor allem sinnvolle Aufgaben für die Menschen zu erschaffen", erkannte Ehrke. Dass diese im Fußball liegen könnten, wurden durch die Erfahrungen der "Wild and Free Foundation" bestätig. Im benachbarten Mosambik war 2019 das erste Fußballturnier organisiert worden, das viele Dutzend junge Männer nicht nur auf den Fußballplatz, sondern auch in Lohn, Brot und sinnstiftende Jobs gebracht hatte. Mit Hilfe von Spendengeldern konnten Mitarbeiter bezahlt werden, die bei der Turnierorganisation halfen, Busse fuhren oder die Spiele als Schiedsrichter leiteten.

Bälle, Trikots, Eckfahnen - per Container nach Afrika

Was in Mosambik funktioniert hatte, wollte Ehrke auch in Simbabwe schaffen. Sie - als engagierter Fan des Hamburger SV in der deutschen Fußball-Fanszene gut vernetzt - begann in der Heimat Material zu sammeln. Mit enormem Erfolg. Nach unzähligen Monaten Klinken putzen und Kämpfen mit diversen Zollbehörden konnte sie Anfang 2022 mit fast zwei Jahren Verspätung - auch die Coronapandemie hatte hier einen harten Hieb in den ursprünglichen Zeitplan geschlagen - einen Container in Richtung südliches Afrika schicken, der es in sich hatte.

Rund 600 Bälle, 20 neue und 100 gebrauchte Trikotsätze, Schiedsrichterklamotten, Eckfahnen und allerlei weiteres Fußball-Equipment aus dem Fundus von deutschen Profi- und Amateurvereinen sowie Privatpersonen landeten im Februar in Simbabwe. "Es war ein Mammut-Projekt, das wegen der Corona-Pandemie immer wieder verzögert wurde. Am Ende war der Container nach unfassbarem Bürokratie-Kram aber auf See. Und landete am Zielort", berichtet Ehrke. Die auf ein Detail ganz besonders stolz ist: "Ich habe nirgendwo auch nur einen Cent Schmiergeld bezahlt!"

"Sperlinge" gegen "Honigdachse"

Die "Rhino Cup Champions League" in Simbabwe konnte beginnen. Teams wie die "Chezhou Zebras", die am Ende die Meisterschaft gewannen, trafen auf die "Sperlinge" oder die "Honigdachse" - alle Teams waren nach Tieren benannt. Ständig wurde während der Wochen und Monaten des Ligabetriebs die Tierschutz-Initiative thematisiert. "Die Beteiligten haben sich unheimlich schnell mit dem Sinn der Veranstaltung identifiziert", berichtet Ehrke. "Sie waren stolz auf ihre Tiernamen und beteiligten sich unheimlich engagiert an Aktionen, die wir neben den insgesamt 17 benutzten Fußballplätzen der Region initiierten."

Fußball im Rhino Cup in Simbabwe

Pokale gewannen am Ende nicht nur die Sieger im Fußball, sondern es wurden auch jene geehrt, die besonders aktiv beispielsweise bei Müll-Sammelaktionen oder beim Entfernen von Tierschlingen im Park waren. Es entstand ein Vertrauensverhältnis zwischen Spielern und Wildhütern - man arbeitet Hand in Hand bei der Entfernung von Fallen.

Schiedsrichter-Gehalt als Schulgeld

Und es entwickeln sich Perspektiven für ganze Familien. "Eine Frau, deren Ehemann in unserer Liga einen Job als Schiedsrichter bekommen hat,  hat mir kürzlich geschrieben, dass sie mit den Einnahmen ihres Mannes das Schulgeld ihrer Kinder bezahlen konnte", berichtet Ehrke.

Nach der ersten erfolgreichen Saison steht nun die zweite Spielzeit an. Das Programm wird bereits erweitert. Sechs Frauen-Teams und zwei Jugendmannschaften haben sich schon zusätzlich zu den 20 Männerteams registriert. "Je mehr Menschen am Rande der Naturschutzgebiete am Wildlife-Schutz beteiligt sind, umso besser sind die zukünftigen Chancen der wilden Tiere", ist Kathrin Ehrke überzeugt.