Fußball | Frauenfußball Mia Hamm wird 50 - Fußballerin mit Popstar-Status

Stand: 17.03.2022 10:50 Uhr

Mia Hamm war der erste weibliche Weltstar im Fußball. Ihre größten Erfolge sind je zwei WM-Titel und Olympische Goldmedaillen sowie zwei Auszeichnungen zur "Weltfußballerin des Jahres". Doch die Amerikanerin war mehr als nur eine erfolgreiche Fußballerin. Sie erreichte den Status eines Popstars. Heute wird sie 50 Jahre alt.

Zum Glück ist es 1976 nicht nach dem Willen von Stephanie Hamm gegangen. Zum Glück weinte ihre gerade mal vier Jahre alte Tochter Mariel-Margaret, die alle nur Mia nannten, als die Mutter sie zum Ballett-Unterricht bringen wollte.

Die Fußball-Geschichte wäre ansonsten um ein spektakuläres und wichtiges Kapitel ärmer gewesen - und das Leben im Amerika der Neunziger für viele junge Mädchen und Teenager wohl unaufgeregter und langweiliger.  

Glücksfall für den gesamten Frauen-Sport

Stephanie Hamm war selbst Ballerina gewesen - und sie hätte ihre kleine Mia auch gerne in dieser Rolle gesehen. Doch die ist begeistert vom Soccer, seitdem sie im Park einen Jungen mit seinem Vater spielen gesehen hat. Aus diesem Zufall wird ein Glücksfall - für den Fußball und den gesamten Frauen-Sport.

"Sie hat für junge Mädchen das Gesicht des Sports verändert. Es ist jetzt akzeptiert, wenn Mädchen hübsch, smart, sportlich und Profi sind. Das war damals noch nicht der Fall", sagt Lauren Gregg, langjährige Assistenz-Trainerin der US-Nationalmannschaft mit Blick auf die frühen 90er Jahre.

Keiner dribbelt, wirbelt und trifft wie Hamm

Die mit einer Körpergröße von 1,65 Meter eher kleine Stürmerin Hamm, die bereits als 15-Jährige in der Nationalmannschaft debütiert, dribbelt, wirbelt und trifft wie keine andere ihrer Generation. "Sie hatte eine Präsenz auf dem Platz, die einfach Erfolg und Respekt verströmte", betont Abby Wambach. Die Stürmerin löst Hamm 2014 als erfolgreichste internationale Torschützin ab. An den Hype und die Hysterie um ihre Landsfrau kommt Wambach nie heran.

Hamm ist Pionierin, revolutioniert und etabliert mit ihrer Spielweise ihren Sport. Nicht nur in den USA, sondern auch international. Obwohl es damals noch keine nationale Frauen-Liga in Amerika gibt, reicht ihre Strahlkraft bis nach Deutschland, zu Nia Künzer. "Sie ist für mich als Teenagerin die Ikone schlechthin gewesen, ein Vorbild und Idol", sagt Künzer im Gespräch mit sportschau.de.

Männer malen sich "Mia Hamm" auf ihre Oberkörper

Die heute 42-Jährige hat mit ihrem Golden Goal in der Verlängerung des WM-Finales 2003 gegen Schweden Fußballgeschichte geschrieben und Deutschland zum 2:1-Sieg und somit zum ersten globalen Titel geköpft. Sieben Jahre zuvor hatte sie 1996 noch begeistert in Atlanta mit ihren Eltern die Olympia-Premiere des Frauen-Fußballs verfolgt. Und wie viele andere der bis zu 76.000 Zuschauer, die zu den Spielen des US-Teams kommen, schaut sie vor allem auf die Frau mit der Rückennummer neun: Mia Hamm.

"Ich war mega-beeindruckt, dass das ganze Stadion ihren Namen gerufen hat", sagt die heutige ARD-Expertin. Künzer erinnert sich auch knapp 26 Jahre später noch an Mädchen und Jungs "in totaler Ekstase". In Atlanta und auch 1999, bei der Heim-WM, malen sich zahlreiche Männer "Mia Hamm" auf ihre nackten Oberkörper - einige setzen noch ein Herz hinzu.

Fernsehwerbung mit Michael Jordan

18 Millionen Landsleute verfolgen 1999 Amerikas Sieg nach Elfmeterschießen im WM-Endspiel gegen China. 90.000 frenetische Fans sind im ausverkauften Rose Bowl Augenzeuge. Zahlen, die es zuvor noch nie beim Frauen-Fußball gegeben hatte. Im US-Fernsehen ist anschließend davon die Rede, dass "Women's Soccer", sich "angeführt von Mia Hamm ins nationale Bewusstsein gespielt" habe.

Zum US-Team gehören damals auch andere starke Spielerinnen, wie Julie Foudy, Brandi Chastain, Joy Fawcett und Kristine Lilly. Sie gewinnen, wie Hamm zwischen 1991 und 2004, ebenfalls zwei WM-Titel und zweimal Olympiagold.

Doch nur Hamm ist im amerikanischen Alltag omnipräsent - auf Müsli-Boxen und den Titelseiten vieler Magazine oder auch als Video-Spiel "Mia Hamm Soccer 64" von Nintendo. Sie hat zahlreiche Sponsoren-Verträge. Und sie macht sogar Fernsehwerbung mit Michael Jordan - dem damals wohl bekanntesten Athleten der Welt.

"Move it like Mia" statt "Bend it like Beckham"

Als die FIFA 2001 erstmals die "Weltfußballerin des Jahres" kürt, gewinnt Hamm ebenso deutlich wie 2002. Im selben Jahr kommt die britische Komödie "Bend it like Beckham" in die Kinos. Allerdings gibt es Bedenken, dass der Film in den USA kein Erfolg werden könne. Denn Namensgeber David Beckham ist zu jener Zeit zwischen New York und Los Angeles noch nicht so bekannt, wie er es Jahre später durch seinen Wechsel in die MLS werden sollte.

So wird überlegt, den Streifen für den US-Markt in "Move it like Mia" umzubenennen - in Anlehnung an Mia Hamm. Die britische Regisseurin Gurinder Chadha lehnt das jedoch ab.

Obwohl sie oft die Spielerin mit der größten Aufmerksamkeit gewesen ist, hat Hamm das Rampenlicht am allerwenigsten gewollt. Es dauert Jahre, bis sich die eher introvertierte Stürmerin in ihrer Rolle als Fußball-Idol mit Popstatus einigermaßen wohl fühlt. "Sie ist die Letzte, die an sich denkt. Für sie gehören immer ihre Mitspielerinnen eher in den Mittelpunkt, als sie selbst", sagt Ehemann Nomar Garciaparra. Hamm ist in zweiter Ehe mit dem ehemaligen Baseball-Profi verheiratet. Das Paar hat drei Kinder und lebt in Los Angeles.

Minderheiten-Eigentümerin bei MLS-Klub

Als Hamm 2004 ihre Karriere beendet, sagt sie, dass sie "zufrieden mit ihrem Beitrag für ihren Sport" sei. Dass ihr Körper Erholung brauche und es einfach Zeit sei, aufzuhören.

Zusammen mit ihrem Mann ist sie neben anderen Prominenten, wie Schauspieler Will Ferrell oder Basketball-Legende Magic Johnson Minderheiten-Eigentümerin beim Los Angeles Football Club aus der Major League Soccer. Und sie ist 18 Jahre nach dem Ende ihrer herausragenden Karriere immer noch berühmt. Deshalb hat es im Vorjahr eine aktualisierte Version ihres Werbespots mit Jordan gegeben.