Svenja Huth, Giulia Gwinn, Alexandra Popp und Sydney Lohmann jubeln (l-r)

Gegen England am Sonntag Finale - Popp schießt DFB-Elf nach Wembley

Stand: 28.07.2022 00:11 Uhr

Wembley kann kommen: Nach einer vor allem defensiv herausragenden Leistung hat Deutschland im Halbfinale der Euro 2022 Frankreich besiegt. Matchwinnerin war die deutsche Kapitänin Alexandra Popp. Die Wolfsburgerin erzielte beim 2:1 (1:1) beide deutsche Treffer.

Von Olaf Jansen

"Ich kann das gar nicht in Worte fassen. Kein Schwein hat uns das zugetraut. Und nun stehen wir im Finale von Wembley", sagte Popp, die zur "Spielerin des Spiels" gewählt wurde, im ZDF: "Die Mannschaft ist geil, die stärkt mir unglaublich den Rücken." Für Deutschland wird es am Sonntag (31.07.2022) gegen England das neunte EM-Finale. In den bisherigen acht Endspielen ging man jedes Mal als Sieger vom Platz.

"Finale wird ein Fußballfest"

"Ich bin unglaublich stolz auf das Team. Wir sind hier ein toller Haufen geworden, der sich gegenseitig unterstützt. Wir haben dieses Halbfinale völlig verdient gewonnen", meinte Trainerin Martina Voss-Tecklenburg: "Das Finale wird ein großartiges Fußballfest. England war bisher brutal gut und strotzt vor Selbstvertrauen. Aber die ersten 30 Minuten gegen Schweden haben gezeigt, dass man den Engländerinnen wehtun kann."

Wir wollen Wembley zum Schweigen bringen
Alexandra Popp

Motivation von Jürgen Klopp

Gute Wünsche hatte das deutsche Team im Vorfeld der Partie jede Menge mit auf den Weg bekommen. Zuletzt auch von Jürgen Klopp, der per Videobotschaft viel Glück wünschte. Und meinte: "Wenn ihr Eure Idee mit aller Überzeugung auf den Platz bringt, wird alles gut!"

Schnelle Außenspielerinnen gut im Griff

Diese Nachricht schien angekommen zu sein - Deutschland begann überaus konzentriert und diszipliniert. Respekt musste man natürlich vor allem vor den schnellen französischen Außenspielerinnen haben - doch man hatte sich im deutschen Lager offenbar sehr gut auf Delphine Cascarino und Kadidiatou Diani eingestellt. Jedenfalls kamen die beiden Hochgeschwindigkeits-Angreiferinnen nahezu im gesamten ersten Abschnitt überhaupt nicht zur Geltung.

Dafür setzte das deutsche Team in einem zunächst sehr vorsichtig geführten Match die ersten zaghaften Offensivimpulse. Besonders aktiv zeigte sich Jule Brand, die als Ersatz für die Corona-Infizierte Klara Bühl in die Startelf gerückt war. In der 20. Minute konnte sie von Frankreichs Sandie Toletti 18 Meter vor dem Tor nach einem starken Solo nur per Foul gestoppt werden. Alex Popp schoss den Freistoß halbhoch in Richtung linkes Eck, doch Frankreichs Keeperin Pauline Peyraud-Magnin konnte die Kugel so gerade eben um den Pfosten lenken.

Deutschland belohnt sich - Popp zum 1:0

Frankreichs Offensive fand erstaunlicherweise weiterhin nicht statt, die nächste Szene hatte wieder das Team von Martina Voss-Tecklenburg: In der 26. Minute legte sich Felicitas Rauch den Ball 21 Meter halbrechts vor dem Tor zum Freistoß zurecht, zielte aber gut einen Meter zu hoch.

Deutschland bestimmte Tempo und Spielrichtung der Partie - und wurde in der 40. Minute belohnt: Über rechts kombinierten sich Verteidigerin Kathy Hendrich und Jule Brand gut durch's Mittelfeld, ehe die Kugel bei Svenja Huth landete. Die flankte aus dem Halbfeld an den Fünfmeterraum, wo Popp einen Schritt schneller als ihre Gegenspielerin Griedge Mbock Bathy war - der Ball flog zum 1:0 für Deutschland ins Netz. Es war übrigens das 100. deutsche Tor bei einer Europameisterschaft.

Frohms unglücklich - Eigentor zum 1:1

Die Führung war hochverdient und auch überfällig gewesen. Nur leider hatte das deutsche Team nicht allzu lange etwas davon. Diani reichte ein einziger lichter Moment, um die Partie auszugleichen: In der 44. Minute zog sie von links nach innen und schoss ansatzlos aus 17 Metern aufs kurze Eck. Der unglücklichen deutschen Keeperin Merle Frohms prallte der Ball vom Pfosten an den Rücken und von dort ins Tor. Es stand zur Pause 1:1.

Das deutsche Team war Punktsieger nach 45 Minuten - und versuchte, die konzentrierte Vorstellung auch in die zweite Halbzeit zu überführen. Tatsächlich blieb der Vortrag defensiv zunächst beispielhaft - Marina Hegering und Co. spielten nahezu fehlerfrei. Aber man konnte sich im vorderen Drittel nicht mehr durchsetzen. Vor allem der quirligen Huth gingen sichtlich die Kräfte aus.

Frankreich übernimmt nach einer Stunde

Die Französinnen bekamen so allmählich Übergewicht. Und Chancen. In der 63. Minute setzte sich Diani im Strafraum gegen Hendrich durch, legte ab für die eingewechselte Selma Bacha, die aus elf Metern der zurückgeeilten Hendrich die Kugel an den Kopf donnerte.

Und auch die anschließende Ecke wurde gefährlich: Zum ersten Mal konnte die extrem kopfballstarke Wendie Renard nicht verteidigt werden. Frohms musste ihren Kopfball-Aufsetzer spektakulär parieren. Vier Minuten später konnte Diani einen kapitalen Abspielfehler von Hegering nicht nutzen.

Pure Energie: Popp köpft das 2:1

Das deutsche Team wankte - und Voss-Tecklenburg reagierte: Brachte mit Sydney Lohmann und Linda Dallmann für Sara Däbritz und Lina Magull mehr Körperlichkeit ins Mittelfeld. Und das Pendel schlug wieder um. Das deutsche Team behauptete sich wieder besser im Mittelfeld.

Für die erneute Führung war aber eine Energieleistung der Kapitänin nötig: Wieder flankte Huth von rechts nach einem abgewehrten französischen Ball - im Zentrum nahm Popp zwei Schritte Anlauf und wuchtete das Spielgerät unnachahmlich per Kopf ins Netz zum 2:1. Ein herrliches Tor.

Dieser Treffer reichte für den Einzug ins Finale in Wembley gegen England. Die Französinnen kamen trotz aller Anstrengungen nicht mehr zurück. In der letzten Minute hätte Dallmann um ein Haar sogar das 3:1 erzielt. Der Rest der 90 Minuten konnte über die Zeit geschaukelt werden.

Deutschland - Frankreich 2:1 (1:1)

Tore: 1:0 Popp (40.), 1:1 Frohms (Eigentor, 44.), 2:1 Popp (76.)
Zuschauer: 27.500
Schiedsrichterin: Cheryl Foster (Wales)

Deutschland: Frohms - Gwinn, Hegering (81. Doorsun), Hendrich, Rauch - Oberdorf, Däbritz (69. Lohmann) - Huth (90. Waßmuth), Magull (69. Dallmann), Brand - Popp

Frankreich: Peyraud-Magnin - Perisset, Mbock Bathy, Renard, Karchaoui - Geyoro, Bilbault, Toletti (80. Sarr) - Diani, Malard (46. Bacha), Cascarino (61. Mateo)