Uwe Koschinat, Trainer von Arminia Bielefeld, gestikuliert an der Seitenlinie.

Relegation gegen Wehen Wiesbaden Arminia Bielefeld: Koschinats mentale Tricks

Stand: 31.05.2023 19:37 Uhr

Nach der schwachen Leistung gegen Magdeburg geht Arminia Bielefeld mit einem schlechten Gefühl in die Relegation gegen Wehen Wiesbaden. Trainer Uwe Koschinat ist vor allem auf mentaler Ebene gefordert.

Von Lukas Thiele

Vor einer Relegation gibt es bei den teilnehmenden Mannschaften in der Regel nur zwei Gefühlslagen: Vorfreude oder Ärger. Entweder man schafft es in die Relegation, oder man muss in die Relegation. Bei Arminia Bielefeld und dem SV Wehen Wiesbaden ist das vor dem Relegations-Hinspiel am Freitag (20.45 Uhr) eindeutig: Ärger auf beiden Seiten.

Wehen Wiesbaden wähnte sich nämlich schon der 2. Liga. Nach dem 1:0-Sieg gegen den Halleschen FC stürmten die Fans den Rasen, die Party war bereits im vollen Gange. Der VfL Osnabrück schnappte den Hessen den Aufstieg durch zwei Tore in der Nachspielzeit gegen den BVB II aber noch vor der Nase weg. Dementsprechend dürfte sich die Relegation für die Wiesbadener nicht wie ein Gewinn anfühlen. "Das muss man erstmal verarbeiten", sagte Co-Trainer Nils Döring dem HR.

Ähnliche Gefühle herrschen bei Arminia Bielefeld. Die Arminia hätte am letzten Spieltag der Zweitliga-Saison den direkten Klassenerhalt schaffen können. Weil Eintracht Braunschweig bei Hansa Rostock verlor, wären die Bielefelder mit einem Sieg in Magdeburg noch auf Rang 15 gesprungen. Das Problem: Arminia versagte in Braunschweig auf ganzer Linie, verlor sang- und klanglos mit 0:4. Kapitän Fabian Klos sagte nach dem Spiel: "Das ist fußballerisch einer der bittersten Tage meiner Karriere, das muss ich erstmal verdauen."

Koschinat: "Sind kein Zweitligist mehr"

Dementsprechend war Arminias Trainer Uwe Koschinat in der Vorbereitung auf das Hinspiel vor allem im mentalen Bereich gefordert. Und da hat der 51-Jährige in die Trick-Kiste gegriffen: "Seit Sonntag 17.20 Uhr ist meine Sicht - und auch die der Mannschaft - wir sind nicht mehr Zweitligist. Das Bild der Mannschaft muss sein: Wir müssen uns die zweite Liga über diese beiden Spiele wieder holen. Wir haben nichts zu verteidigen, sondern wir müssen uns etwas holen. Wir müssen jetzt aktiv werden, das macht einen Unterschied."

Koschinats zweiter Kniff: Die Favoritenrolle nicht annehmen. "Es wird ja oft erzählt, dass der Zweitligist Favorit ist, aufgrund der höheren individuellen Qualität oder so. Das ist aber nicht so, das hat die Historie gezeigt. Es gibt keinen Favoriten in diesen Spielen, es geht gleichauf los", sagte Koschinat. Die Statistik untermauert das. In 14 Relegations-Duellen seit der Wiedereinführung der Relegation in der Saison 2008/2009 setzte sich zehnmal der Drittligist durch.

Arminia muss noch ein Trauma verarbeiten

Arminia Bielefeld hat dabei noch ein Trauma aufzuarbeiten. Denn in der Relegation 2013/14 scheiterte der damaliga Zweitligist aus Ostwestfalen auf dramatisch Art und Weise am SV Darmstadt 98. Elton da Costa erzielte in der letzten Minute der Verlängerung das 4:2 für Darmstadt und egalisierte damit das Bielefelder 3:1 aus dem Hinspiel. Dank der damals noch geltenden Auswärtstor-Regel stieg Darmstadt in die 2. Bundesliga auf, Bielefeld war Drittligist.

Koschinat ist in Sachen Relegation dagegen noch unbelastet, eher im Gegenteil. In der Saison 2013/14 führte er Fortuna Köln zur Meisterschaft in der Regionalliga West. Zum Aufstieg reichte das aber noch nicht, die Fortuna musste noch in zwei Entscheidungsspiele gegen den Meister der Regionalliga Bayern, den FC Bayern München II. Nach einem 1:0-Sieg im Kölner Südstadion half Koschinat und der Fortuna im Rückspiel ebenfalls die Auswärtstor-Regel. Das 1:2 in München reichte den Kölnern zum Aufstieg.

Koschinat kennt Wehen Wiesbaden

Koschinat kennt sich also aus mit der Relegation. Und auch mit dem SV Wehen Wiesbaden hat er 51-Jährige bereits viele Erfahrungen gesammelt, unter anderem noch in dieser Saison. Anfang September vergangenen Jahres stand Koschinat noch beim Drittligisten 1. FC Saarbrücken an der Seitenlinie und holte im Duell mit dem SVWW ein 2:2.Anfang Oktober war dann Schluss für den gebürtigen Koblenzer in Saarbrücken. Im März folgte er dann in Bielefeld auf den entlassenen Daniel Scherning. "Ich weiß, wie schwer diese Mannschaft zu bespielen ist", sagte Koschinat vor dem Relegations-Duell.

Und so glaubt Koschinat nicht, dass der entrissene Aufstieg vom vergangenen Wochenende irgendeine Auswirkung auf die Wiesbadener Mannschaft haben wird: "Es wäre töricht von mir, dass auch nur eine Sekunde lang als Vorteil für uns in Betracht zu ziehen", sagte er. "Das ist ein Ereignis, das mit dem Club und jedem einzelnen Spieler kurzfristig etwas gemacht hat, aber das werden die nicht in die Relegation reintragen. Deswegen wäre es total falsch, auch nur im Ansatz mit dem Gedanken zu spielen, dass wir da auf einen emotional angeschlagenen Gegner treffen."

Verzichten muss Koschinat gegen Wehen Wiesbaden auf Lukas Klünter und den gesperrten Jomaine Consbruch. Die langzeitverletzten Masaya Okugawa und Guilherme Ramos stehen ebenfalls nicht zur Verfügung.