Hannovers Jannik Dehm (l.) im Zweikampf mit Paulis Elias Saad

Ausschreitungen überschatten Partie St. Pauli und Hannover trennen sich remis

Stand: 11.11.2023 08:56 Uhr

Der FC St. Pauli hat sich im Zweitliga-Topspiel am Millerntor torlos von Hannover 96 getrennt. Mit dem Unentschieden verpassten die Hamburger den fünften Heimsieg in Folge. Überschattet wurde das Nordduell von Ausschreitungen im Gästeblock.

Bei den Krawallen am Rande der Partie sind laut Polizei mindestens 15 Fans und 17 Polizisten verletzt worden. Zumindest einer der betroffenen Fußball-Anhänger habe in einem Krankenhaus behandelt werden müssen, teilte die Hamburger Polizei am Samstagmorgen mit. Ein Polizist habe mehrfache Brüche erlitten. Zur Zahl der Festnahmen könnten noch keine Angaben gemacht werden, hieß es. Die Kriminalpolizei hat demnach die Ermittlungen aufgenommen.

Die Ursache für die Ausschreitungen im Gästefanblock am Freitagabend sei weiter unklar. Ein männlicher Fan wurde Polizeiangaben zufolge "erheblich attackiert" und auch am Boden liegend noch getreten. Als die Polizei eingriff, kam es im Block zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Fans und Einsatzkräften. Die Partie war wegen der Vorkommnisse für etwa fünf Minuten unterbrochen und dann fortgesetzt worden.

Die Fanhilfen beider Klubs kritisierten das Vorgehen der Polizei in ersten Reaktionen bei X. Die Fanhilfe Hannover schrieb dort von einem "komplett unverhältnismäßigen Polizeieinsatz: Behelmte Einheiten stürmten ohne Grund den Gästeblock und sprühten Reizgas in die Menge." Auch die Fanhilfe St. Pauli kritisierte den Einsatz der Polizei als "unangebracht und unverhältnismäßig". Die Polizei gab an, in den Block gegangen zu sein, um "Schlimmeres zu verhindern". 96-Trainer Stefan Leitl und St. Paulis Coach Fabian Hürzeler verurteilten die Ausschreitungen. Teils waren heftige Prügeleien, Becher- und Stangenwürfe zu sehen. 

St. Pauli kann Dominanz nicht nutzen

In einem hochintensiven Duell war der Spitzenreiter das bessere Team, verpasste es aber trotz teilweise drückender Dominanz, den entscheidenden Treffer zu erzielen. Immerhin: Die Mannschaft von Trainer Fabian Hürzeler ist weiterhin ungeschlagen und hat mit Hannover einen direkten Kontrahenten um den Aufstieg auf Abstand gehalten. Die Niedersachsen verteidigten zwar diszipliniert, brachten über die gesamte Spieldauer hinweg aber keinen Schuss auf das Tor der Gastgeber zustande.

St. Pauli gegen Hannover - die Stimmen

Sportschau
"Hannover hat sich nicht so locken lassen, wie wir das gerne gehabt hätten."
— St. Paulis MIttelfeldspieler Marcel Hartel

96-Kapitän Ron-Robert Zieler zeigte sich sportlich mit dem Punkt am Ende zufrieden: "St. Pauli spielt echt einen guten Ball. Wir haben aber gut dagegengehalten und uns das 0:0 erkämpft." St. Paulis MIttelfeldmotor Marcel Hartel hingegen zeigte sich nach der Partie enttäuscht, weil "wir uns mehr vorgenommen haben". Zwar sei sein Team "sehr dominant" gewesen, "Hannover hat sich aber nicht so locken lassen, wie wir das gerne gehabt hätten". Zudem bemängelte er im Vergleich zu den jüngsten Partien im Angriff mangelnde Konsequenz.

Ole Zeisler, Sportschau, 10.11.2023 21:10 Uhr

Beide Teams starteten äußerst konzentriert in die Partie: Hannover versuchte, sein hohes Pressing durchzusetzen und hohe Ballgewinne zu forcieren, St. Pauli probierte, sich über sein Positions- und Passspiel zu befreien und Chancen zu kreieren. Mit ihrer intensiven Zweikampfführung neutralisierten sich beide Mannschaften aber zunächst, Strafraumszenen blieben in der ersten Viertelstunde Mangelware.

In der 16. Minute aber gingen die Gastgeber beinahe in Führung: Philipp Treu und Elias Saad kombinierten sich über die linke Seite stark durch, Saad bediente in der Mitte Johannes Eggestein, der sich blitzschnell drehte und abschloss. 96-Torhüter Zieler parierte stark.

Ole Zeisler, Sportschau, 10.11.2023 20:41 Uhr

St. Pauli jubelt - aber nur kurz

St. Pauli war jetzt dominant, ließ Ball und Gegner laufen und erzielte das vermeintliche 1:0. Saads strammem Treffer aber ging eine Abseitsposition von Flankengeber Oladapo Afolayan voraus (23.). Die Niedersachsen stellten zwar weiter konsequent die Räume zu, kamen in dieser Phase aber kaum aus der eigenen Hälfte - auch weil sich im eigenen Spiel immer wieder kleine Ungenauigkeiten einschlichen, die einen geordneten Spielaufbau ins letzte Drittel verhinderten.

Und gelang es einmal, konterten die Braun-Weißen blitzgefährlich: Saad brach auf links durch, zog nach innen und verfehlte mit seinem Rechtsschuss das Tor nur knapp (36.). Zwei Minuten später verpasste Manolis Saliakas die mittlerweile überfällige Führung nach einer scharfen Saad-Hereingabe. Torlos ging es in die Kabinen.

Ole Zeisler, Sportschau, 10.11.2023 21:26 Uhr

Intensive Duelle im Mittelfeld

Die erste Viertelstunde nach Wiederanpfiff war dann wieder ein Abbild der ersten 15 Minuten der Partie: Ein hochintensives Duell zweier taktisch sehr disziplinierter Mannschaften, die fleißig verschoben und Räume verdichteten und sich ansonsten in Zweikämpfen im Mittelfeld verstrickten. Strafraumszenen geschweige denn Torchancen? Fehlanzeige.

So bedurfte es einer Standardsituation, dass mal wieder ein Hauch von Torgefahr aufkam: Phil Neumann aber blockte Eggesteins Kopfball nach einer Ecke (65.). Und Hannover? Konzentrierte sich aufs Verteidigen und brachte nach vorne weiterhin nichts zustande. Auch nach 75 Minuten hatten die "Roten" nicht eine einzige Torannäherung zu verzeichnen.

Unterbrechung nach Tumulten im Gästeblock

Das änderte sich in der 78. Minute, als ein abgefälschter Schuss von Stürmer Havard Nielsen knapp neben das Tor des bis dahin beschäftigungslosen Nikola Vasilj fiel. Kurz zuvor hatte Eggestein per Kopf auf der Gegenseite die beste St.-Pauli-Chance des zweiten Durchgangs gehabt (77.).

Gerade als die Partie wieder an Fahrt aufgenommen hatte und alle sich auf eine spannende Schlussphase einstellten, eskalierte die Situation im Gästeblock und Chaoten beendeten faktisch dieses Spitzenspiel. Denn trotz achtminütiger Nachspielzeit kamen beide Teams nach den Ausschreitungen nicht mehr in Gang.

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Sport aktuell | 10.11.2023 | 22:25 Uhr