FIFA-Präsident Gianni Infantino mit dem WM-Pokal - kommt das Turnier im Zwei-Jahres-Rhythmus?

Fußball | WM WM alle zwei Jahre - Plan vor dem Ende, aber FIFA-Präsident wirbt weiter mit Geld

Stand: 20.12.2021 18:32 Uhr

Angesichts des Widerspruchs von Klubs, Ligen, Fans, Spielern und UEFA scheint der Plan von FIFA-Präsident Gianni Infantino für eine WM alle zwei Jahre unmöglich. Doch Infantino gibt nicht auf - und lockt mit Geld.

Im Rahmen eines Online-Gipfels der FIFA, bei dem wie alle 211 Mitgliedsverbände auch der DFB eingeladen war, wurde eine Machbarkeitsstudie vorgestellt. "Ein Wechsel zum Zwei-Jahres-Rhythmus würde im ersten Vier-Jahres-Zyklus zusätzliche Einnahmen von 4,4 Milliarden US-Dollar bringen, wobei diese Mittel auf unsere 211 Mitgliedsverbände verteilt würden", sagte FIFA-Präsident Gianni Infantino. "Der Kuchen wird größer, es wird mehr geben für alle." Angesprochen auf die Gegenstimmen aus Europa sagte Infantino, dass dort "diese Zahlen noch nicht bekannt" seien.

Eine konkrete Abstimmung, ob die WM künftig alle zwei Jahre ausgetragen wird, war in der Konferenz nicht möglich, dafür bedarf es eines offiziellen Kongress der FIFA. Regulär ist der nächste Kongress für den 31. März in Doha/Katar angesetzt. Die Runde brachte also weitgehend wenig neue Erkenntnisse. Mehrere Medien berichteten, dass Teilnehmer vor laufender Kamera einschliefen.

Der Vorschlag: Mehr Turniere, weniger Zeit für andere Länderspiele

Arsène Wenger trieb als Direktor für globale Fußballentwicklung der FIFA den möglichen neuen WM-Rhythmus voran. Der Vorschlag:

Wie der neue Fußballkalender laut Arsène Wenger ausssehen könnte.

Wie der neue Fußballkalender laut Arsène Wenger ausssehen könnte.

  • Die WM würde 2028 erstmals im Zwei-Jahres-Rhythmus ausgetragen werden. Ab dem Turnier 2026 in den USA, Mexiko und Kanada findet sie zudem mit 48 statt zuletzt 32 Mannschaften statt.
  • Die Kontinentalturniere wie EM, Copa America, Gold-Cup, Afrika-Cup, Asien-Cup und die Ozeanien-Meisterschaft könnten - wenn die Konföderationen das wollen - in ungeraden Jahren ebenfalls im Zwei-Jahres-Rhythmus stattfinden.
  • Derzeit gibt es fünf Länderspielfenster pro Jahr. Laut Wenger sollen aus den fünf kurzen Fenstern ein oder zwei lange Fenster werden. In einem Vorschlag geht es um den kompletten Oktober, der für Länderspiele genutzt werden soll, den Rest der Zeit würden die Spieler bei ihren Klubs bleiben. Damit will man Termine und Reisen sparen.
  • Die Qualifikation soll gestrafft werden. "Es wird mehr bedeutsame und weniger sinnlose Spiele geben", sagte Wenger. Er betonte zudem mehrfach, dass es keinesfalls mehr Spiele als bisher geben soll.

Widerspruch von Topklubs, Ligen, Spielergewerkschaft, IOC und der UEFA

FIFA-Präsident Infantino und sein Entwicklungsdirektor Wenger hatten sich zunächst eine Entscheidung bis zum Ende dieses Jahres gewünscht, wofür ein außerordentlicher Kongress für einen Beschluss notwendig gewesen wäre. Sie bekamen nur die abgehaltene Videokonferenz der 211 Verbände. UEFA-Präsident Aleksander Ceferin spottete schon im Vorfeld: "Es werden 500 Menschen in der Videokonferenz sein. Ich gehe nicht davon aus, dass da sehr viele Entschlüsse gefasst werden."

Die UEFA - seit Jahren im Machtkampf mit der FIFA - führte den Widerspruch gegen die Pläne an. Doch Gegenstimmen kamen von allen entscheidenden Interessenvertretungen:

  • Die Topklubs Europas, die die wichtigen Spieler und Stars der Turniere bezahlen und die Verletzungsrisiken tragen, sprachen sich in der Klub-Vereinigung ECA gegen den neuen Rhythmus aus. Dort sitzen auch Bayern München und Borussia Dortmund im Vorstand.
  • Das Weltforum der Profiligen inklusive der Deutschen Fußball Liga sowie Premier League, Serie A und La Liga wies die Pläne deutlich zurück. Versehen auch mit einem Hinweis auf die finanziellen Auswirkungen auf die Ligen, wenn sich TV- und Sponsoringgeld Richtung WM verschieben könnte.
  • Die internationale Spielergewerkschaft FIFAPRO kritisierte die Debatte generell und die fehlende Einbeziehung der Spieler, die "natürliche physiologische Grenzen" hätten.
  • Organisierte Fan-Bündnisse widersprachen rigoros.
  • Das Internationale Olympische Komitee verwies deutlich auf Nachteile für andere Sportarten, den Frauenfußball und die Gesundheit der Spieler.
  • Neben der UEFA inklusive des DFB stellte sich vor allem die südamerikanische Konföderation CONMEBOL deutlich gegen die Pläne, beide drohten mit einem Boykott der verdoppelten WM.

"90 Prozent des Widerstands sind auf Emotionen begründet, nicht auf Fakten", kritisierte Wenger die Haltung dieser Interessengruppen. Infantino zeigte sich offen bei einem Zeitplan für eine Entscheidungsfindung, Anfang 2022 soll es zunächst weitere Diskussionen geben. "Vielleicht geht es schnell, vielleicht braucht es Zeit", sagte Infantino. "Es geht nicht um ein spezielles Datum. Es geht darum, die richtigen Entscheidungen für den Fußball zu treffen."

Selbst mit der Unterstützung Afrikas und der Karibik kaum Chancen für den Plan

Längst läuft ein Kampf um die Deutungshoheit: Die UEFA legte eine von ihr beauftragte "unabhängige Studie" vor, die auf finanzielle Verluste für die Verbände hinausläuft. Die FIFA präsentierte noch am Sonntag eine mittlerweile zweite von ihr beauftragte "Fan-Umfrage" unter rund 30.000 Menschen, die das Bedürfnis der Fans nach mehr Fußball-Weltmeisterschaften unterstreichen sollte.

Doch mit den Gegenstimmen unter den Interessengruppen war schon vor der Konferenz klar: Selbst mit Mehrheiten durch Verbände aus Afrika oder der Karibik, die nie oder selten an den Turnieren teilnehmen, wird Infantino den Plan wahrscheinlich nicht durchsetzen können.

Kompromisse? FIFA-Vize schlägt globale Nations League vor

Wohl auch deshalb beginnt die Suche nach gesichtswahrenden Kompromissen, die zudem Einnahmen generieren könnten. FIFA-Vizepräsident Victor Montagliani aus Kanada schlug in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters vor, eine verkleinerte WM ähnlich dem abgeschafften Confederations Cup einzuführen oder die alten gescheiterten Pläne für eine globale Nations League zu reaktivieren.

Für Einnahmen könnte auch die Klub-WM mit 24 Teams sorgen. Die ist bereits vom FIFA-Rat beschlossen worden und war sogar schon für 2021 in China terminiert - doch dann musste der Sommer für entfallene Kontinentalturniere wie die EM freigeräumt werden. Seitdem lässt die FIFA alle Beteiligten im Unklaren, ob und wann das neue Format ausgetragen wird.

Machbarkeitsstudie auf Antrag Saudi-Arabiens

Anstoß zur aktuellen Diskussion um den Zwei-Jahres-Rhythmus ist eine Machbarkeitsstudie, das FIFA-Mitglied Saudi-Arabien beim FIFA-Kongress am 21. Mai 2021 beantragt hatte. Zu klären ist in dieser Studie demnach, ob man die WM der Männer und Frauen künftig nicht alle zwei Jahre austragen könne. Saudi-Arabien gilt seit einiger Zeit als ein enger Verbündeter von FIFA-Präsident Infantino, auch und gerade in finanziellen Fragen. Ein Ergebnis der Studie wurde bislang nicht veröffentlicht.