Schult mit Beckenbauer-Vergleich Position von Alaba wird zum österreichischen Streitthema

Stand: 14.06.2021 11:33 Uhr

David Alaba spielte bei Österreichs Sieg gegen Nordmazedonien im Abwehrzentrum und hatte dort zu wenig Einfluss. Auch die Sportschau-Experten kritisierten die Rolle des Bayern-Stars.

Dass David Alaba der beste Spieler der österreichischen Nationalmannschaft ist, dürfte unbestritten sein. Wie Trainer Franco Foda beim ersten EM-Spiel gegen Nordmazedonien (3:1) die Qualitäten des Stars von Bayern München einsetzte, sorgte jedoch für jede Menge Unverständnis.

David Alaba nahezu der Libero

Alaba startete als zentraler Mann der Dreierkette in der Abwehr. Eine Position, auf der seine Dynamik und Schnelligkeit verpufft ist. Auch die Sportschau-Experten Kevin-Prince Boateng, Stefan Kuntz und Almuth Schult waren sich einig und forderten, dass Alaba eine neue Rolle zugeteilt wird, auf der seine Stärken zum tragen kommen.

Gerade in der zweiten Halbzeit war Alaba der Drang nach vorne anzumerken. Immer wieder zog es ihn auf die linke Seite, von dort aus übte er den Druck aus, der ihn in München den Ruf des Weltklassespielers bescherten. Und Alabas Bemühungen zahlten sich aus. Seine scharfe, präzise Flanke ermöglichte Michael Gregoritsch den Treffer zum 2:1. "Auch so wird die Diskussion ausbrechen, warum Alaba hinten den Beckenbauer gespielt hat und nicht schon vorher solche Flanken reinbringen konnte", kritisierte Schult.

Foda sah sich jedoch bestätigt in seiner Aufstellung - verschwieg jedoch, dass Alaba im entscheidenden Moment gar nicht die Rolle einnahm, die der Trainer für ihn vorgesehen hatte. "Wenn es in die Hose gegangen wäre, wären die Journalisten die ersten gewesen, die das hinterfragt hätte", sagte Foda bei der anschließenden Pressekonferenz, bei der Alaba ("Wir haben unser Ziel erreicht. Da wollen wir weitermachen") neben ihm saß. Aber es sei die Frage erlaubt, ob sein Experiment, den 28-Jährigen ins Zentrum zu beordern, nicht doch weitgehend in die Hose gegangen ist.

Boateng: "Du nimmst seine ganze Qualität weg"

Denn mit dem in der Mitte isolierten Alaba spielte Österreich recht harmlos. Vor allem Marcel Sabitzer fühlte sich oft alleingelassen, hob des Öfteren verzweifelt die Arme auf der Suche nach Passempfängern. "David ist ein Top-Spieler und kann auf allen Positionen Top-Leistungen abrufen", sagte Foda. Recht hatte er, Alaba machte seine Sache gut, aber der Effekt für die Mannschaft war nur äußerst gering. "Du nimmst seine ganze Qualität weg. Er muss weiter vorne spielen", merkte Sportschau-Experte Boateng bereits in der Halbzeit an.

Deswegen nahm der österreichische Kapitän das Heft selbst in die Hand und brachte sein Team damit auf die Siegerstraße. Und er ermöglichte als Vorbereiter Gregoritsch einen Moment, den er in seinem Leben nicht vergessen wird. "Das bedeutet mir heute die Welt. Für mein Land bei einer Europameisterschaft getroffen zu haben, das ist unbeschreiblich", sagte der Torschütze zum 2:1. "Ich habe noch keine Kinder - aber ich stelle mir das genauso schön vor wie Kinder kriegen."

Alaba zügelt Arnautovic

Und auch beim dritten Tor wurde nochmals deutlich, welchen Stellenwert Alaba für die Österreicher hat. Marko Arnautovic traf zum 3:1-Endstand, baute sich auf und schimpfte drauflos - bis sein Chef auf dem Platz ihm die Leviten las. Er schnappte sich Arnautovic, der nur als Joker zum Einsatz kam, griff ihm ins Gesicht und hielt ihm nahezu den Mund zu.

"Dass er nicht zu 100 Prozent zufrieden ist, ist klar. Wir Spieler wollen immer spielen", sagte Alaba hinterher. "Man hat aber gesehen, was für ein Charakter er ist. Er ist reingekommen und hat direkt 100 Prozent gegeben. Deshalb habe ich ihn positiv wahrgenommen. Er war immer für die Mannschaft da, auch als der Trainer ihm die Entscheidung mitgeteilt hat, dass er erst auf der Bank sitzt."