Deutschland gegen Portugal Gosens überragend, Havertz belohnt sich - die Einzelkritik

Stand: 19.06.2021 19:45 Uhr

Die deutsche Offensive hat beim 4:2-Sieg gegen Portugal endlich ihr Potenzial genutzt und ein Ausrufezeichen gesetzt. Der beste Mann kam über links, gute Leistungen gab es in der DFB-Elf jede Menge.

Manuel Neuer (Tor): Der DFB-Kapitän erlebte einen weitgehend ruhigen Abend in der Münchner Arena. Bei beiden Treffern der Portugiesen war er machtlos, der Rest seiner Aufgaben bestand meist nur aus Spielaufbau oder dem Ablaufen von langen Bällen. Auszeichnen konnte und musste er sich nicht.

Matthias Ginter (Abwehr): Das vermeintliche 1:0 durch Robin Gosens bereitete er mit einer wunderbaren Flanke vor, danach beschränkte er sich meist auf Defensivarbeit. Der Gladbacher tat damit genau das, was Bundestrainer Joachim Löw von ihm verlangt: Er spielte zuverlässig. Schnörkel und Schleifchen gibt es bei Ginter nicht, seinen Stammplatz hat er aber wohl genau deshalb sicher.

Mats Hummels (Abwehr, bis 62. Spielminute): Der Abwehrchef musste dieses Mal nicht in lange Sprint-Duelle gegen deutlich schnellere Stürmer - das tat seinem Spiel gut. Hummels hielt seine Defensive zusammen und schaffte es im Verbund mit Matthias Ginter und Antonio Rüdiger meistens, die gefährliche Offensive Portugals vom eigenen Tor fernzuhalten. Hummels tut dem deutschen Spiel gut.

Antonio Rüdiger (Abwehr): Hier und da streute der Innenverteidiger Leichtsinn und Fehlpässe ein, seine Präsenz und seine langen Bälle im Spielaufbau stimmten aber auch gegen Portugal. Der ehemalige Stuttgarter ging erneut voran und pushte auch seine Nebenleute nach gelungenen Aktionen. Rüdiger übernahm und übernimmt Verantwortung, das ist wichtig auf seiner Position. Bei Standards muss er zulegen.

Joshua Kimmich (Mittelfeld): Im Vorfeld der Partie hatte sich der Münchner über vermeintliche Auftragslosigkeit auf dem rechten Flügel beklagt, wenig zu tun hatte er im Spiel dann aber nicht. Kimmich machte viele Meter und bediente Gosens vor dem 4:1 mit einer perfekten Flanke. Insgesamt aber ein eher zurückhaltender Auftritt. Beim Konter, der zur zwischenzeitlichen Führung der Portugiesen führte, konnte er trotz eines 70-Meter-Sprints nicht mehr eingreifen.

Ilkay Gündogan (Mittelfeld, bis 73.): Der etwas unauffälligere der beiden Sechser konzentrierte sich vermehrt auf die defensive Ordnung und fungierte eher als Dirigent denn als Spielgestalter. Gündogan hat eine wichtige Rolle im DFB-Team, seine Qualitäten in der Offensive kamen aber auch gegen Portugal nicht so zur Geltung, wie man es von Manchester City kennt.

Toni Kroos (Mittelfeld): Die ganz großen Aktionen hatte auch er nicht, seine Ballsicherheit und Übersicht halfen der DFB-Elf aber auch gegen Portugal weiter. Kroos rieb sich in vielen Zweikämpfen auf und zeigte, dass er mehr ist als eine reine Passmaschine. Die offensiven Impulse setzten aber andere.

Robin Gosens (Mittelfeld, bis 62.): Der beste Mann auf dem Platz und bislang wohl der stärkste deutsche Akteur des Turniers. Er machte erneut ordentlich Betrieb über seine linke Seite und hatte Pech, dass sein vermeintliches Führungstor wegen einer Abseitsstellung von Serge Gnabry aberkannt wurde (4.). Gosens war an vielen gefährlichen Aktionen beteiligt, bereitete das erste portugiesische Eigentor und den Treffer von Havertz direkt vor und erzielte das 4:1 auch noch selbst. Ein Sahnetag.

Kai Havertz (Angriff, bis 73.): Nach seinem schwächeren Auftritt im Auftaktspiel gegen Frankreich hatte sich der Champions-League-Sieger offenbar viel vorgenommen und zeigte sich von Beginn an sehr engagiert. Havertz ging keinem Zweikampf aus dem Weg und kurbelte das deutsche Offensivspiel mit vielen guten Aktionen und Ideen an. Sein Tor zum 3:1 war die passende Belohnung für seine Leistung.

Thomas Müller (Angriff): Der Münchner war in typischer Müller-Manier beinahe überall auf dem Platz zu finden und rechtfertigte wieder einmal seine Rückkehr. Der Offensiv-Allrounder machte das Spiel der Deutschen unberechenbarer und so extrem schwer zu verteidigen. Eine ordentliche Leistung.

Serge Gnabry (Angriff, bis 88.): Auch er war viel unterwegs und sichtlich bemüht. Die Leichtigkeit, die er beim FC Bayern an den Tag legt, konnte er jedoch auch gegen Portugal nicht auf den Platz bringen. Gnabry riss Lücken und setzte seine Mitspieler gekonnt ein. Aber Gnabry kann mehr.

Einwechslungen

Marcel Halstenberg (Mittelfeld, ab 62.): Ersetzte mit Gosens den Spieler des Spiels auf der linken Seite und sammelte seine ersten EM-Minuten. Beschränkte sich weitgehend auf die Sicherung des Vorsprungs, verlor beim Gegentor zum 2:4 kurzzeitig Ronaldo aus den Augen.

Emre Can (Mittelfeld, ab 62.): Spielte zunächst in der Innenverteidigung für Hummels, rückte dann vor auf die Sechs. Beide Aufgaben erledigte er routiniert und ruhig.

Leon Goretzka (Mittelfeld, ab 73.): Die wichtigste Nachricht: Goretzka ist nach längerer Verletzungspause wieder fit und eine Option fürs Mittelfeld. Was er kann, zeigte er direkt mit einem guten Fernschuss knapp über das Tor.

Niklas Süle (Abwehr, ab 73.): Half mit, das Ergebnis über die Zeit zu bringen. Fügte sich ohne Probleme ein.

Leroy Sané (Sturm, ab 88.): Kam rein, um an der Uhr zu drehen.