UEFA-Präsident Aleksander Ceferin

Wiederwahl als UEFA-Präsident  Ceferin - seine Krisen, seine Rivalen, sein Erbe 

Stand: 04.04.2023 07:28 Uhr

Aleksander Ceferin wird ohne Gegenkandidat zum UEFA-Präsidenten wiedergewählt. Seine dritte Amtszeit wird nicht zwangsläufig seine letzte sein. 

Beim UEFA-Kongress in Lissabon am Mittwoch (05.04.2023, ab 9 Uhr) wird Ceferin wohl per Akklamation, einem zustimmenden Applaus der 55 Nationalverbände, im Amt bestätigt. "Ich habe die schriftliche Unterstützung aller 55 Verbände", sagte Ceferin im YouTube-Kanal "The Overlap": "Glauben Sie, ich kann sie dazu zwingen? Ich bin froh, dass die Verbände mit mir zufrieden sind." 

Ceferin, der 2016 nach dem Rücktritt Michel Platinis in einer Abstimmung gegen den Niederländer Michael van Praag ins Amt gekommen war und 2019 erstmals bestätigt wurde, tritt damit zu einer dritten Amtszeit an. Ceferin hat die UEFA bisher durch große Krisen geführt - und wird eines Tages vor allem im Klubfußball Spuren hinterlassen haben. 

Die Krisen: Corona, Super League und Russland

Ceferin wurde vor allem ab 2020 mit anspruchsvollen Aufgaben konfrontiert: 

Corona ab 2020: Die Coronavirus-Pandemie führte zu einer beispiellosen Maßnahme: Die UEFA verlegte die EM der Männer aus dem Jahr 2020 in das Jahr 2021. Ceferins UEFA sortierte eiskalt Spielorte aus, die wegen der Ansteckungsgefahr keine Fans zulassen wollten oder konnten. Europapokalwettbewerbe hatte die UEFA ohne Fans in Kurzturnieren austragen müssen, um nationalen Ligen ihre zahllosen Nachholspiele zu ermöglichen.  

Super League ab 2021: Die UEFA erlebte ihre vielleicht schwerste Krise, als zwölf Spitzenklubs aus England, Spanien und Italien die Super League ausriefen. Ceferin vereinte geschickt alle sportpolitischen Interessengruppen hinter sich. Fanbündnisse und die britische Politik halfen der UEFA außerdem an entscheidender Stelle - die Super League scheiterte zunächst. Ein Rechtsstreit mit Real Madrid, dem FC Barcelona und Juventus Turin vor dem europäischen Gerichtshof läuft allerdings noch.

Russlands Krieg ab 2022: Russlands völkerrechtswidriger Angriffskrieg gegen die Ukraine legte auch die zahlreichen Verstrickungen der UEFA mit Russland deutlich offen. Der öffentliche Druck führte nach einigem Zögern der UEFA zum Ausschluss russischer Teams. Die UEFA kündigte zudem Großsponsor Gazprom und entzog Sankt Petersburg das Endspiel der Champions League. Bis heute sitzt mit Alexander Dyukov ein Gazprom-Manager im UEFA-Exekutivkomitee. 

"Noch mehr Ärger als in den vergangenen drei Jahren - das will ich mir gar nicht vorstellen", sagte Ceferin. 

Die Rivalität: UEFA gegen die FIFA

Über die Jahre entstand zwischen der UEFA und der FIFA eine große Rivalität. Präsident Gianni Infantino brachte die FIFA auf Expansionskurs, um mehr Einnahmen und damit mehr Macht im Fußball an den Weltverband zu reißen. Ceferin verhinderte vor allem im Zusammenschluss mit Südamerika einige Wünsche Infantinos: Die weltweite Nations League wurde bislang nicht umgesetzt, der Zwei-Jahres-Rhythmus der WM der Männer und Frauen ebenfalls nicht. Ceferin sagte allerdings zuletzt im ZDF: "Die Idee ist noch immer nicht vom Tisch. Ich finde, es ist ein riesiger Schwachsinn." Für die europäischen Interessen gilt das, woanders in der Welt fanden Infantinos Ideen allerdings zuletzt häufig Anklang. 

Die FIFA zwang Ceferin auch zu Zugeständnissen. Die Klub-WM mit 32 Teams, die den nationalen Ligen Ärger bereitet und die Spieler weiter belastet, ist ein Angriff auf das zentrale Geschäftsfeld der UEFA mit den europäischen Spitzenklubs, die sich über neue Einnahmen von der FIFA freuen.  

Das Erbe: die neue Champions League

Die größte Strukturveränderung erlebt unter Ceferin der Klubfußball der Männer. Die Reform der Champions League, der Europa League und der Conference League werden eines Tages Ceferins Erbe sein. Mehr Topsspiele und eine spannendere Vorrunde soll das Ligensystem bringen.

Der eigentliche Knackpunkt steht jedoch noch aus: Das europäische Geld sorgt seit Jahren für noch mehr Ungleichheit in den nationalen Ligen zu Gunsten der Spitzenklubs. Ab 2024 will die UEFA bis zu fünf Milliarden Euro statt bisher 3,5 Milliarden mit den Wettbewerben einnehmen - die Verteilung des Geldes wird den Fußball in Europa prägen. Ceferin sagt: "Das Anwachsen der Unterschiede können wir nur verlangsamen."

Auch im Fußball der Frauen setzte die UEFA unter Ceferin auf Wachstum. Die Reform der Champions League steigerte die Einnahmen um fast das Zehnfache auf rund 15 Millionen Euro, die EM 2022 in England brach viele Rekorde beim Geld und bei der Aufmerksamkeit.  

Die Aussicht: Ceferin sogar länger als 2027?

Die UEFA-Statuten gewähren allen Mitgliedern des Exekutivkomitees sowie dem Präsidenten nur drei Amtszeiten, auch Teile einer Amtszeit gelten als eine Amtszeit, heißt es ausdrücklich. Als 2017 ein Jahr nach Ceferins Wahl die Begrenzung auf drei Amtszeiten eingeführt wurde, verankerte der Kongress auch einen Bestandsschutz für Funktionäre, die schon im Amt waren - dazu gehört Ceferin. "Amtszeiten, die vor dem 1. Juli 2017 absolviert wurden, zählen nicht im Hinblick auf die Amtszeitbegrenzung", heißt es im Anhang. Der 2016 erstmals gewählte Ceferin könnte 2027 also ein viertes Mal für das Amt antreten, das ihm aktuell 2,7 Millionen Schweizer Franken im Jahr plus Pensionsansprüche garantiert. 

FIFA-Präsident Gianni Infantino, offiziell ebenfalls nur zu drei Amtszeiten berechtigt, kann ebenfalls bis 2031 im Amt bleiben. Der FIFA-Rat stellte zuletzt laut FIFA einstimmig klar, dass die Begrenzung auf drei Amtszeiten laut Statuten der FIFA zwar gilt. Eine erneute Wiederwahl Infantinos 2027 bis 2031 sei aber trotzdem möglich, weil die drei Jahre nach dem Rücktritt Blatters zwischen 2016 und 2019 keine vollständige Amtszeit gewesen seien. Infantino wurde im März beim FIFA-Kongress in Kigali/Ruanda somit erst in seine offiziell zweite Amtszeit gewählt.