Fußball | WM in Katar Medienbericht - WM-Gastgeber Katar setzte CIA-Mitarbeiter auf Zwanziger an

Stand: 27.02.2022 18:45 Uhr

WM-Gastgeber Katar hat ehemalige Agenten der CIA auf den früheren DFB-Präsidenten Theo Zwanziger angesetzt. Der Kritiker sollte so besänftigt werden. Das berichtete am Sonntag (27.02.2022) die Nachrichtenagentur AP unter Berufung auf brisante Dokumente.

Demnach habe Katar mehr als zehn Millionen US-Dollar an ein Unternehmen gezahlt, das ehemalige Beamte des US-Geheimdienstes CIA beschäftige und von Kevin Chalker geführt wurde, der ebenfalls bei der CIA war. Bei ihrem "Project Riverbed" habe es diese Firma vor allem auf Zwanziger abgesehen, der unter hochrangigen Funktionären als einer der lautstärksten und frühesten Kritiker an der Entscheidung aufgefallen war, das größte Sportereignis der Welt an einen Staat zu vergeben, der für seine Menschenrechtsverletzungen und den skandalösen Umgang mit Gastarbeitern bekannt ist.

Schon im November 2021 hatte AP davon berichtet, dass der ehemalige CIA-Agent Kevin Chalker von Katar engagiert worden sei, um Meinungen zu beeinflussen.

Angebot für elektronisches Überwachungssystem

Die aktuellen Recherchen haben mit Theo Zwanziger ein konkretes Ziel ergeben. Außerdem zeigten sie, dass die Firma Global Risk Advisors (GRA) Katar angeboten habe, ein weitreichendes elektronisches Überwachungssystem einzusetzen, das auch bei der Weltmeisterschaft zum Einsatz kommen solle, die vom 21. November bis 18. Dezember ausgetragen wird.

Kevin Chalker bestätigte AP, dass es ein "Project Riverbed" gegeben habe, der aktuelle Bericht beruhe aber auf "falschen Informationen von nicht identifizierten Quellen". Chalkers Anwalt fügte hinzu, Zwanziger sei nie das Ziel einer verdeckten Operation gewesen.

AP behauptet, die Quellen und Dokumente gründlich geprüft zu haben. Daraus ergebe sich ein anderes Bild.

So sei das vorrangige Ziel der verdeckten Operation "Riverbed" gewesen, Zwanziger als eine "Bedrohung" Katars, die zugesprochene WM auch tatsächlich austragen zu dürfen, zu "neutralisieren". Der Versuch, Zwanziger und dessen Umfeld zu beeinflussen, sei von Januar 2012 bis Mitte 2014 unternommen worden.

"Krebsgeschwür des Weltfußballs"

Zwanziger kritisierte die 2010 erfolgte Vergabe der WM an Katar früh. Es habe schlicht bessere Bewerber gegeben, die Menschrechtslage in dem kleinen Staat am Persischen Golf sei schlecht, zudem gebe es eindeutige Hinweise auf Korruption. Nachdem Zwanziger Katar gar als "Krebsgeschwür des Weltfußballs" bezeichnete, verklagte ihn der katarische Fußballverband auf Unterlassung. Das Landgericht Düsseldorf urteilte, die Bezeichnung sei von der Meinungsfreiheit gedeckt.

Der heute 76 Jahre alte Zwanziger war von 2006 bis 2012 alleiniger Präsident des Deutschen Fußball-Bundes, nachdem er den Verband zuvor zusammen mit Gerhard Mayer-Vorfelder geführt hatte. Von 2011 bis 2015 saß der Jurist im Exekutivkomitee des Weltverbandes FIFA.

AP berichtet, dass die Firma GRA das "Project Riverbed" positiv bewertet habe. Zwanziger sei milder in seiner Kritik geworden und habe sich später in eine Richtung geäußert, die seit Jahren von vielen Funktionären zu hören ist: Das Turnier in Katar solle dafür genutzt werden, sich vor Ort ein Bild zu machen und lieber in einen Dialog für Verbesserungen einzutreten.

"Wenn die Spiele vorüber sind, ist es genauso wie vorher"

Zwanziger bestritt in der ungekürzten Version des Gesprächs mit AP, die dem Nachrichtenportal ntv.de vorliegt, durch die Geheimdienstmethoden auf die Seiten der Katari gezogen worden zu sein. Der ehemalige Präsident des DFB gab allerdings zu, "ein bisschen naiv" bezüglich der Menschenrechte gewesen zu sein.

Demnach sagte Zwanziger: "Ich glaube nicht mehr, dass Vergaben von Sportveranstaltungen Verbesserungen der Menschenrechtssituation bezwecken können. Die aktuellen Beispiele mit China und Russland zeigen: Wenn die Spiele vorüber sind, ist es genauso wie vorher."