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Brief an die FIFA Iranische Sportler fordern Ausschluss von der Fußball-WM

Stand: 21.10.2022 18:47 Uhr

Eine Gruppe von iranischen Sportlern fordert, dass die FIFA den iranischen Fußballverband suspendiert und damit auch von der WM ausschließt.

"Es wird Zeit, zu handeln", heißt es in einem am Dienstag (18.10.2022) versandten Brief der Gruppe an den Rat der FIFA. Das wichtigste Gremium des Weltverbands tritt am Samstag um 11 Uhr Ortszeit in Neuseeland zusammen.

Der renommierte Sportanwalt Juan de Dios Crespo, der die Gruppe vertritt und auch den Brief verschickte, hofft, dass der Rat der FIFA sich bei der Sitzung in Auckland mit der Forderung auseinandersetzen wird. Bislang, so de Dios Crespo, habe es von der FIFA keine Reaktion gegeben.

Sollte dies so bleiben, kündigte er im Gespräch mit der Sportschau "weitere Schritte" an, etwa eine Klage vor dem CAS, dem höchsten Sportgerichtshof, vor dem er schon etliche Prozesse führte.

Die Gruppe begründet ihre Forderung auch mit der Gewalt gerade gegen Frauen, mit der das iranische Regime die seit Wochen andauernden Proteste niederschlagen will.

Gruppe sieht Verletzung des FIFA-Statuts

Um der FIFA allerdings auch einen juristischen Weg aufzuzeigen, den iranischen Verband zu suspendieren, bezieht sie sich konkret auf einige Artikel des FIFA-Statuts. So heiße es in Artikel 19, dass jeder Mitgliedsverband unabhängig, ohne Einmischung von etwa Politik oder Wirtschaft, Entscheidungen treffen müsse.

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Diesen Artikel sieht Anwalt de Dios Crespo verletzt, da iranische Frauen nicht in Stadien dürften, um Fußballspiele zu sehen. Dies sei aber keine Vorgabe des iranischen Verbandes, sondern der Wille des Regimes der islamischen Republik.

"Dem iranischen Verband fehlt offenkundig die Autonomie, Statuten und Regularien der FIFA umzusetzen und - dies ist das Wichtigste - die selbst auferlegten Werte zu achten", heißt es in dem Schreiben, das der Sportschau im Wortlaut vorliegt.

Daher könne die FIFA den Iran mit Verweis auf Verletzung des Artikels 19 ausschließen. Es gebe zwar auch noch die Möglichkeit, auf die ständige Verletzung von Menschenrechten hinzuweisen, aber dies sieht de Dios Crespo als juristisch deutlicher schwieriger an.

Iran in einer WM-Gruppe mit den USA

Da die WM, bei der der Iran auf England, Wales und seinen politischen Erzfeind USA trifft, schon am 20. November beginne, dränge die Zeit, heißt es in dem Brief.

Die Anzeigetafel bei der WM-Gruppenauslosung mit der Gruppe B

Die Anzeigetafel bei der WM-Gruppenauslosung mit der Gruppe B

Die Aussichten, dass die Gruppe Erfolg hat, erscheinen gering. Das Verbot für Frauen, Stadien zu besuchen, gibt es schon seit Jahren. Es ist kaum davon auszugehen, dass die FIFA es ein paar Wochen vor ihrem größten Turnier als Anlass für Sanktionen nimmt.

Der andere von de Dios Crespo aufgezeigte Weg, den Iran wegen stetiger Menschenrechtsverletzungen zu belangen, scheint noch abwegiger vor einer WM in einem Land, das seit der Vergabe wegen seiner Menschenrechtsverletzungen in der Kritik steht.

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Allerdings steigt der Druck auf den Weltverband. Zum einen, weil die von de Dios Crespo vertretene Gruppe die dritte namhafte ist, die einen Ausschluss Irans fordert. Zuvor hatten dies schon die Frauenrechtsbewegung "Open Stadiums" und die Kampagne "United for Navid" getan. Die Gruppe besteht vor allem aus iranischen Exilsportlern, die sich nach dem Tod von Navid Afkari gegründet hatte. Der im Iran sehr beliebte Ringer war trotz internationaler Proteste im Herbst 2020 nach einem Schauprozess hingerichtet worden.

Zum anderen mehren sich die Belege, dass der Iran massive Unterstützung Russlands in deren Angriffskrieg gegen die Ukraine leistet. So soll der Iran nicht nur Drohnen liefern, mit denen zivile Ziele in der Ukraine angegriffen werden, sondern iranische Experten sollen auch russische Soldaten in der Bedienung solcher Drohnen anleiten.

Die Ukraine drohte bereits, die diplomatischen Beziehungen zu Teheran abzubrechen. Die Europäische Union und die USA denken darüber nach, die seit Jahren schon verhängten Sanktionen zu verschärfen.

Namen der Unterzeichner nur zum Teil bekannt

Wer den jüngsten Brief an den FIFA-Rat unterzeichnete, ist nur zum Teil bekannt. Die Mehrheit der Gruppe wolle ihren Namen nicht preisgeben, sagte de Dios Crespo. Er bestätigte der Sportschau allerdings, dass vier Sportlerinnen und Sportler dazu gehören, die von der "FAZ" aufgeführt werden. Die Zeitung berichtete bereits am Donnerstag (20.10.2022) über den Brief und benannte den "FIFA-akkreditierten Schiedsrichter Mohammadreza Faghani, den "Bruder des Weltklassereferees Alireza Faghani", den "in Deutschland lebenden früheren Weltklasse-Judoka und heutigen Trainer Vahid Sarlak sowie die frühere Fußball-Nationalspielerin Shiva Amini" zu den Unterzeichnern.

Sie reihen sich damit ein in die Gruppe der mutigen Sportlerinnen und Sportler, zu denen in erster Linie Elnaz Rekabi gehört. Die Kletterin war bei den Asienmeisterschaften in Seoul ohne das von den Mullahs vorgeschriebene Kopftuch angetreten. Dies galt als Zeichen der Solidarität mit vielen Frauen im Iran und außergewöhnlich mutigem Protest gegen das Regime. Rekabi wurde in Sozialen Medien und bei ihrer Rückkehr nach Teheran dafür gefeiert. Dass sie das fehlende Kopftuch zwischenzeitlich zum Versehen erklärte, deutet auf den massiven Druck hin, der auf sie ausgeübt wurde.