Sarah Puntigam (l.) im Duell mit Laura Freigang

Frauen-Bundesliga Kölner Zuschauerrekord mit Signalwirkung

Stand: 20.04.2023 11:59 Uhr

Der 1. FC Köln hat für sein Heimspiel in der Frauen-Bundesliga gegen Eintracht Frankfurt mehr als 31.500 Tickets verkauft. Die Kulisse ist ein Fingerzeig für das DFB-Pokalfinale an selber Stelle.

Sara Doorsoun hat sich erst gar keine Mühe gegeben, ihre Vorfreude zu unterdrücken. Zu gern ist die 44-fache deutsche Nationalspielerin noch in Köln, "meine Heimatstadt, mein Zuhause", wie die 31-Jährige betont. Dass nun das Auswärtsspiel mit Eintracht Frankfurt beim 1. FC Köln (Sonntag 13 Uhr) für die Frauen-Bundesliga vor einer neuen Rekordkulisse steigt, sei "etwas richtig Cooles", betont die Verteidigerin.

Stolze 31.500 Tickets sind dank einer konzertierten Werbeaktion für diese Partie abgesetzt, die einen Abstiegskandidaten (Köln) und Champions-League-Aspiranten (Frankfurt) zusammenführt. Die bisherige Bestmarke von 23.200 Besuchern - beim Eröffnungsspiel Eintracht gegen Bayern München im September vergangenen Jahres in der Frankfurter Arena - wird nun in Müngersdorf locker überboten.

Beim DFB-Pokalfinale waren nie mehr als 30.000 Fans

Doorsoun, Tochter eines Iraners und einer Türkin, freut sich auf Vater und Bruder im Stadion, ihren Neffen möchte sie nach Abpfiff mit auf den Rasen nehmen. Diesen besonderen Rahmen, sagte die mit einem rheinischen Frohsinn gesegnete Fußballerin, kenne man in der Domstadt für die Frauen ja ansonsten nur vom Pokalfinale – und auch dort kamen bislang nie mehr als 30.000 Besucher.

Bester Besuch waren 26.282 Zuschauer bei der ersten Auflage 2010 zwischen dem FCR Duisburg und FF USV Jena. "Wir wollen auf jeden Fall 30.000 plus x Zuschauer erreichen. Ich glaube, die Chancen stehen nicht schlecht", sagte DFB-Präsident Bernd Neuendorf kürzlich.

Diesmal stehen sich im Pokal-Endspiel in Köln der Seriensieger VfL Wolfsburg und Außenseiter SC Freiburg am 18. Mai (16.45 Uhr/live ARD) gegenüber: eingebettet in eine "Week of Women's Football" mit vielen Aktionen. Dass der 1. FC Köln einen Monat zuvor eine Art Probelauf durchzieht, kann da nicht schaden. "Die Lizenzvereine sind bei der Entwicklung des Frauenfußballs ganz wichtig", sagt DFB-Vizepräsidentin Sabine Mammitzsch. Verband und Vereine würden da Hand in Hand arbeiten.

Christian Keller hat erstmal eine neue Waschmaschine angeschafft

Dass der 1. FC Köln das Potenzial des Frauenfußballs erkennt und nutzt, ist überfällig. Lange gehörten die Rheinländer zu jenen Lizenzvereinen, die ihre Frauen-Abteilung stiefmütterlich behandelten. Geschäftsführer Christian Keller war erschreckt, als er zu Beginn seiner Amtszeit erfuhr, dass die Bundesliga-Spielerinnen ihre Trikots noch zuhause gewaschen haben.

Danach habe er erst einmal die Anschaffung einer Waschmaschine veranlasst, verriet Keller auf einer DFB-Veranstaltung zum Saisonstart. Inzwischen schreitet die Professionalisierung auch in seinem Klub voran. Keller sieht das Event als eine Art Kick-off: "Wir wollen zeigen: Der Frauenfußball kann, wenn man es richtig macht, auch aus Vermarktungsperspektive sehr interessant sein."

Die EM in England war eine Initialzündung

Eine große Werbekampagne, aber natürlich das auch das mit der EM in England ausgelöste Interesse machen den neuen Rekord möglich. Zur Erinnerung: Im Viertelfinale hatten sich Deutschland und Österreich im beschaulichen Londoner Stadtteil Brentford duelliert, die DFB-Frauen gewannen damals etwas glücklich mit 2:0.

Nach dem Turnier wechselte Österreichs Rekordnationalspielerin Sarah Puntigam an den Rhein, wo die 32-jährige Mittelfeldspielerin bislang eine sportlich eher unbefriedigende Saison erlebte. Trainer Sascha Glass musste kürzlich gehen, Abteilungsleiterin Nicole Bender-Rummler hat gemeinsam mit Nico Reese von den U17-Juniorinnen übernommen. Die Abstiegsgefahr ist noch nicht gebannt.

Sarah Puntigam würde am liebsten vor vollem Haus spielen

"Wir wollen mit den Fans im Rücken ein kleines Feuer entfachen", sagte Puntigam nun am Mittwoch (19.04.2023) in einer digitalen Medienrunde und fragte: "Warum machen wir nicht die Hütte voll?" Doorsoun sieht mit dem großen Rahmen den nächsten Beleg erbracht, "dass wir es geschafft haben, den Boom in den Liga-Alltag zu nehmen. Dieses Spiel ist sinnbildlich dafür, was wir im Sommer erreicht haben."

Im Hinspiel in Frankfurt voll gefordert: Sarah Puntigam vom 1. FC Köln

Im Hinspiel in Frankfurt voll gefordert: Sarah Puntigam vom 1. FC Köln

Nach dem Eröffnungsspiel von Eintracht Frankfurt zogen auch die TSG Hoffenheim (7109 Zuschauer gegen den VfL Wolfsburg), zweimal der VfL Wolfsburg (21.287 gegen Bayern, 14.027 gegen Frankfurt) und Werder Bremen (20.417 gegen SC Freiburg) bereits in die großen Arenen um. Der anachronistisch anmutende Schnitt von 806 Zuschauern aus der Vorsaison ist Geschichte. Nach 17 Spieltagen liegt er nun aktuell bei 2430 - also dreimal so hoch.

In zehn Jahren sollen es 60 Spiele vor mehr als 10.000 Zuschauern sein

Der Verband rechnet in seinen Prognosemodellen im nächsten Jahrzehnt im besten Fall mit 60 Spielen der Frauen-Bundesliga vor mehr als 10.000 Fans. Auf der Bremse steht ausgerechnet der FC Bayern als reichweitenstärkster Gesamtverein, der sowohl für den Liga-Gipfel als auch das DFB-Pokal-Halbfinale gegen den VfL Wolfsburg auf dem nur 2500 Plätze bietenden Campus verblieb.

Der Umzug in die 75.000 Zuschauer fassende Arena will wegen der Organisations- und Energiekosten im hohen sechsstelligen Bereich gut überlegt sein. Dennoch sind andere Klubs mutiger: Frankfurt wird seine Arena im Stadtwald für das Spitzenspiel gegen Wolfsburg am 14. Mai ein zweites Mal für die Eintracht-Fußballerinnen öffnen. "Dann", sagte Doorsoun grinsend, "wollen wir uns den Rekord zurückholen".