Finale gegen Argentinien Brasilien bei der Copa - ein Triumph für Bolsonaro

Stand: 10.07.2021 11:30 Uhr

Brasilien greift im Endspiel der Copa América nach dem Titel. Ein Triumph von Neymar und Co. würde auch Brasiliens Präsidenten in die Karten spielen, der wegen seiner Corona-Politik in der Kritik steht.

Argentinien gegen Brasilien – ein größeres Spiel zwischen zwei Nationalmannschaften kann es nicht geben, in Südamerika. Beide Teams beanspruchen seit Jahrzehnten die Vormachtstellung auf dem Kontinent für sich. Das Traumfinale der Copa América, das am Sonntagmorgen (11.07.2021, 2.00 Uhr MESZ) in Rio de Janeiro steigt, ist natürlich auch ein Thema in den höchsten politischen Kreisen.

Argentinien gegen Brasilien - Schlagabtausch zwischen Präsidenten

Beim virtuellen Gipfel des südamerikanischen Wirtschaftsbündnisses Mercosur zwei Tage vor dem großen Finale wurde Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro nach seinem Tipp gefragt.

Bolsonaro, der während der Rede des zugeschalteten argentinischen Präsidenten Alberto Fernandez noch müde bis gelangweilt wirkte, war auf einmal hellwach: "Wir werden 5:0 gewinnen", sagte er und hielt seinem argentinischen Amtskollegen fünf ausgestreckte Finger entgegen.

"Darüber hinaus, geschätzter Fernandez, sollten Sie wissen, dass Brasilien immer das Beste für Argentinien und auch für Paraguay und Uruguay, will", so der 66-Jährige.

Copa America - überschattet von Corona und Politik

Südamerikas Kontinentalmeisterschaft war von Anfang an eine hochpolitische Veranstaltung. Vor allem für Bolsonaro, der sich als Ausrichter der prestigeträchtigen Copa profilieren wollte.

Wenige Wochen vor Beginn der Südamerikameisterschaft waren zunächst Kolumbien und dann Argentinien als Ausrichter abgesprungen. In Kolumbien kommt es seit Wochen zu blutigen Protesten, Argentinien wurde von der zweiten Welle der Corona-Pandemie hart getroffen.

Bolsonaro wirbt mit dem Fußball

Bolsonaro dagegen griff zu, als der Verband Conmebol die Südamerikameisterschaft den Brasilianern anbot. Ungeachtet der breiten Kritik im Land: In Brasilien haben sich fast 19 Millionen der 210 Millionen Landesbewohner mit dem Coronavirus infiziert, mehr als 530.000 Menschen sind im Zusammenhang mit Covid-19 gestorben. Das Land hat nach den USA die meisten Pandemie-Toten vermeldet, auch die Impfkampagne verläuft schleppend. Aktuell droht dem Präsidenten ein Amtsenthebungsverfahren wegen eines gigantischen Korruptionsskandals im Gesundheitsministerium.

Laut einer am Freitag veröffentlichten Umfrage des Instituts Datafolha sind erstmals mehr als die Hälfte der Brasilianer unzufrieden mit Bolsonaros Politik, Zustimmung erhalte er nur noch von einem Viertel der Wahlberechtigten. Der Präsident kündigte schon einmal vorsorglich an, ganz im Stile seines Vorbildes Donald Trump, er werde das Ergebnis der Wahlen im kommenden Jahr nicht anerkennen.

Bolsonaro-Unterstützer in der Selecao

Bolsonaro braucht dringend andere Schlagzeilen - die wiedererstarkte Selecao, die auch die WM-Qualifikation anführt und nun bei der Copa nach dem Titel greift, kommt da wie gerufen. Zumal er in Brasiliens Team einige Anhänger hinter sich weiß. Auch Superstar Neymar gab sich in der Vergangenheit als Bolsonaro-Unterstützer zu erkennen, ungeachtet nachgewiesener rassistischer Äußerungen des Präsidenten.

Casemiro war vor dem Turnier einer der wenigen Spieler, die die Entscheidung, die Copa kurzfristig nach Brasilien zu verlegen, öffentlich kritisiert hatte, wegen der wütenden Corona-Pandemie. Kurzzeitig flammte sogar eine Debatte um die Teilnahme der brasilianischen Nationalmannschaft auf. Doch je näher das Endspiel rückt, ist auch Corona kein Thema mehr: "Jetzt ist alles eine Sache der Mentalität und des Herzens. Ein Finale spielt man nicht, ein Finale gewinnt man", schwor Mittelfeldmann Casemiro seine Mitspieler auf den Klassiker gegen den Erzrivalen ein.

Anführer Neymar feierte nach dem überlegenen Sieg gegen Peru den Einzug ins Finale ausgelassen in der Kabine, mit dem kompletten Team, zu Sambamusik. Selbst Nationaltrainer Tite hatte ein "Reco-Reco" genanntes Rhythmusinstrument in der Hand, wie in einem Video auf Neymars Instagram-Account zu sehen war.

Neymar: "Freundschaft mit Messi ruht"

Neymar hatte zuvor schon klargemacht, dass er sich fürs Finale den Klassiker wünscht: "Ich möchte Argentinien, ich drücke die Daumen für Argentinien, ich habe Freunde dort."

Auch seinen Gegenpart bei Argentinien, Lionel Messi, zählte Neymar ausdrücklich dazu. Für den 34-Jährigen wird es womöglich die letzte Chance, den ersehnten großen Titel mit der "Albiceleste" zu gewinnen. Doch Neymar hielt dagegen: "Im Finale wird der Sieger Brasilien sein. Auch für mich wäre es schließlich der erste Titel."

Zehn Prozent Zuschauer-Auslastung im Maracana

Beim Triumph vor zwei Jahren fehlte Neymar verletzt. Sollten die Brasilianer tatsächlich ihren Titel verteidigen, dürften sie im Maracanã sogar mit den Fans feiern: Für das Finale sind knapp 8.000 Zuschauer im Stadion zugelassen, zehn Prozent der Kapazität des Fußballtempels. Zuvor fanden alle Spiele des Turniers ohne Publikum statt.

Einen Antrag des südamerikanischen Verbands Conmebol, der das Maracanã sogar zur Hälfte für Publikum freigeben wollte, wies die Stadtverwaltung von Rio de Janeiro allerdings zurück. Obwohl es dem Präsidenten wahrscheinlich gefallen hätte.