Fußball | Bundesliga Fans auf dem Rasen: Überrollt von Emotionen

Stand: 09.05.2022 17:21 Uhr

Bei Eintracht Frankfurt, Schalke 04 und dem 1. FC Köln stürmten zuletzt Fans nach Schlusspfiff den Platz. Beim Platzsturm in Schalke gab es Verletzte, die ausufernden Jubelfeiern stellen auch die Sicherheitskonzepte der Bundesligaklubs in Frage.

Nach einem wilden Wochenende konnte der 1. FC Köln Entwarnung geben: Beim Platzsturm mehrerer Tausend Fans, die am Samstag (07.05.2022) trotz der 0:1-Niederlage gegen Wolfsburg den Einzug in den europäischen Wettbewerb feierten, hat es nach bisher vorliegenden Erkenntnissen keine Verletzten gegeben. Und auch der Rasen im Stadion muss nicht neu angelegt werden - dies war zuvor die größte Sorge beim klammen Verein, der von drohenden Schäden in sechsstelliger Höhe gesprochen hatte, wenn das Spielfeld von feiernden Massen ramponiert würde.

Platzsturm in Köln - trotz Warnung des Vereins

Aus diesem Grund hatte der Klub vor dem Spiel die Fans auch dazu aufgerufen, von einem Platzsturm abzusehen, wurde dann aber doch von der erwartbaren Euphorie in Müngersdorf überrollt. Der FC hat bislang zwar nur die Qualifikation für die Playoffs der UEFA Conference League erreicht - den kleinsten europäischen Wettbewerb. Nach dem Beinahe-Abstieg in der Vorsaison, der erst in der Relegation abgewendet worden war, wurde dies aber wie die Wiederauferstehung des Vereins gefeiert.

Bei Kölns Spielern rief die Stadion-Party gemischte Reaktionen hervor. Von Kapitän Jonas Hector ist das Bild überliefert, wie er nach dem Abpfiff frustriert auf dem Rasen hockt - und erst von einigen in seinem Rücken heranstürmenden Fans hochgezogen werden und zum Mitfeiern animiert werden muss. Anthony Modeste hingegen ließ sich gerne mitreißen: Kölns Torjäger, wie schon beim Europapokal-Einzug vor fünf Jahren Volksheld, wurde von den Fans durchs Stadion getragen, bevor auch er sich in die Kabine flüchtete, wie der komplette Rest des Teams.

Köln-Trainer Baumgart: Verständnis für Euphorie der Fans

FC-Trainer Steffen Baumgart hatte Verständnis für die Euphorie, auch dass die Fans den Rasen stürmen, sei "völlig in Ordnung". Der Mannschaft sei weniger zum Feiern zumute, weil der Europa-League-Platz an Union verloren ging. "Innerlich muss ich trotzdem grinsen", sagte Baumgart und fasste damit ganz gut die zweigeteilte Gemütslage beim FC zusammen. Geschäftsführer Christian Keller erklärte: "Nach sportlich sehr schweren Zeiten, haben wir ein gewisses Verständnis dafür. Unsere Aufgabe war es, die Energie so zu kanalisieren, dass es friedlich bleibt. Das haben wir erreicht."

Doch noch am späten Samstagabend gab es beim FC Schalke ähnliche Szenen, als rund 2.000 Fans den Platz stürmten und den Wiederaufstieg der Königsblauen feierten. Zwei Tage zuvor hatten die Anhänger von Eintracht Frankfurt nach dem Einzug ins Europa-League-Endspiel den Rasen erobert. Eine auffallende Häufung von überschäumenden Emotionen bei den Fans, die in manchen Kommentaren auch mit Verwunderung aufgenommen wurden.

Erklären lassen sie sich zum Teil vielleicht auch dadurch, dass die Fans mehr als zwei Jahre lang weitestgehend aus den Stadien verbannt waren, wegen der Pandemie. Vermisst wurden dabei das besondere Stadionerlebnis und das gemeinsame Feiern, auch mit den Spielern. Diese Entzugserscheinungen, so viel Küchenpsychologie sei erlaubt, werden in den Stadien nun umso ausgelassener getilgt.

Schwerverletzte auf Schalke - "Katastrophe verhindert"

Zu denken geben müssen dabei allerdings die erheblichen Sicherheitsrisiken, die am vergangenen Wochenende zutage traten, wenn eine größere Zahl an Fans in den Innenraum strömt - unkontrolliert. Und wenn Fans dabei Zäune übersteigen oder aus nicht unerheblicher Höhe in einen Betongraben springen, um aufs Spielfeld zu gelangen, wie am Samstag in Schalke geschehen. Dort entstand nach Berichten von Reportern vor Ort zwischenzeitlich eine bedrohliche Lage, weil Zuschauer am unteren Rand der Tribüne durch nachrückende Fans zusammengedrängt wurden.

Die Polizei Gelsenkirchen sprach in einer Stellungnahme am Montag von 18 Verletzten, darunter seien neun Schwerverletzte. Nach Polizeiangaben kam es zu den Verletzungen unmittelbar nach Spielende, als mehrere Tausend Fans von den Zuschauerrängen auf den Rasen in der Arena drängten. Nur durch das Eingreifen zahlreicher Polizeikräfte sei Schlimmeres verhindert worden, teilte Einsatzleiter Peter Both mit: "Dieser Platzsturm hätte auch in einer Katastrophe enden können."

DFB nimmt Ermittlungen auf

Der DFB kündigte am Montag an, dass der Kontrollausschuss nach den Vorfällen in Köln und Gelsenkirchen Ermittlungen aufgenommen habe. Die Klubs müssen Stellungnahmen abgeben und wohl auch mit Konsequenzen rechnen. Fortuna Düsseldorf etwa bekam 2012 nach den chaotischen Zuständen in der Relegation, als eine Vielzahl von Fans allerdings noch während der Partie auf den Rasen strömten, eine Strafe von 150.000 Euro und einen Teilausschluss von Fans aufgebrummt.

Sicherheitskonzepte der Klubs im Fokus

Für die Sicherheit im Stadion, dazu zählt auch der Schutz des Spielfelds, sind grundsätzlich die Klubs zuständig. Deren Sicherheitskonzepte rücken deshalb nun verstärkt in den Fokus. Denn Szenen wie in Gelsenkirchen, Frankfurt oder Köln werfen die Frage auf, ob die von den Klubs beauftragten Sicherheitsdienste überhaupt ausreichend Personal im Stadion aufbieten, um größere Fanmengen auf den Tribünen zu halten. Oder ob sie überhaupt adäquat geschult sind, auch über vorhandene Fluchtwege, um auf mögliche Paniksituationen angemessen zu reagieren.