Der Jubel der Stuttgarter beim Spiel gegen Darmstadt

Fußball-Bundesliga Mehr als Guirassy - der Stuttgarter Höhenflug

Stand: 25.09.2023 18:17 Uhr

Der VfB Stuttgart hat mit überzeugenden Leistungen in der Bundesliga zuletzt Fans und Verantwortliche verzückt. Und das hat nicht nur etwas mit Goalgetter Serhou Guirassy zu tun.

Es gibt Zeiten im Jahr, da ticken die Uhren anders in Stuttgart – wenn Wasen ist in Cannstatt, oder wenn der VfB Stuttgart Fußball spielt, als wäre auch auf dem Platz Volksfest. Dieser Tage fallen beide Ereignisse zusammen am Neckar.

Der VfB spielt in den ersten Wochen dieser Bundesliga-Saison nicht nur schönen, sondern auch extrem erfolgreichen Fußball, kletterte nach dem Sieg gegen Darmstadt 98 am Freitagabend damit sogar vorübergehend an die Tabellenspitze. Für Trainer Sebastian Hoeneß aber war letzteres schon nach dem Abpfiff nur ein untergeordnetes Thema. "Können wir gern drüber reden, aber das löst bei mir überhaupt nichts aus", sagte der Coach im Gespräch mit SWR Sport.

YouTube-Video von SWR Sport Fußball : "Guirassy ballert VfB zum Sieg und lässt Fans träumen - DEIN VfB #82| SWR Sport"

Leuchtreklame und Gänsehaut

Anders ist das bei den Fans der Schwaben. Die konnten auf dem Rückweg aus wahlweise dem Stadion oder dem Bierzelt, je nach Heimweg, den Erfolg noch einmal weiß auf schwarz sehen. Denn auf dem stillgelegten Gaskessel im Stuttgarter Osten prankte in großen, leuchtenden Lettern: "Wir gratulieren zur Tabellenführung." Wir, das war in diesem Fall eine regionale Biermarke, die die Glückwünsche mit Werbung verband. Den Fans dürfte das egal gewesen sein.

Die waren irgendwo zwischen Kaltgetränk und Leuchtreklame mit dem Mann beschäftigt, der aktuell den Unterschied macht bei den Stuttgartern: Serhou Guirassy. Der Goalgetter glänzte gegen die Lilien mit einem Strauß aus bekannten Talenten, also dem Toreschießen, und neuen Qualitäten. Guirassy fungierte als Vorlagengeber, legte Enzo Millot mit seinem ersten Assist in der Bundesliga das 2:1 (22. Minute) auf und sorgte nach seinem eigenen Treffer zum Ausgleich so dafür, dass der VfB die Partie drehen konnte.

Mehr als Guirassy

"Guirassy trifft, weil Guirassy weiß, dass er Guirassy ist", fasste es ein VfB-Fan nach dem Abpfiff zusammen. Die Analyse – so treffend wie knapp, und auch deshalb nicht genug für VfB-Coach Hoeneß. Er sieht in der besonderen Entwicklung Guirassys nicht nur Tore und Tabellenführung. "Er hat gezeigt, dass er ein Teamplayer ist und auch, dass er in schwierigen Phasen merkt, dass er investieren und gegen den Ball arbeiten muss. Das Gesamtpaket tut uns enorm gut, aber auch ihm."

Dass der VfB bei seinen Fans dieses leichte, fast flaue, aber gleichzeitig schöne Gefühl auslöst, das sich nach drei Runden Kettenkarussell auch auf dem Wasen in der Magengegend irgendwann einstellt, liegt aber nicht nur an Guirassy. Der bringt eben jene Leichtigkeit auf den Platz, in das Spiel des VfB, für die Balance aber sorgt Trainer Hoeneß.

Kollektiv und Momentum beim VfB

Er erinnert in Interviews und Gesprächen stets daran, dass Guirassy – seinem Torrekord zum Saisonstart zum Trotz – auf dem Boden bleiben soll, und vergisst nicht, auch das Kollektiv zu loben. Das es beim VfB in den vergangenen Jahren nicht immer gab und das auch deshalb vielleicht jetzt umso stärker wirkt. Spieler wie Millot, der bei vielen anderen Bundesligateams vermutlich der Unterschiedsspieler wäre, oder Pascal Stenzel, der an allen drei Stuttgarter Treffern am Freitagabend beteiligt war, der dank der Rückendeckung von Hoeneß mutiger agiert, sich Fehler erlauben darf und so zu einem wichtigen Faktor im Spiel der Schwaben geworden ist.

Und dann ist da, neben der Mischung aus individueller Qualität und dem Stuttgarter Kollektiv, noch etwas: "Wenn du einen Lauf hast als Mannschaft, dann ist es definitiv so, dass du dann die entscheidenden Momente auf deine Seite ziehst", so Hoeneß. Von diesen Momenten gibt es in Stuttgart aktuell mehr als einen und vielleicht ist auch das ein Grund, warum am Neckar dieser Tage die Uhren etwas anders ticken.