Schweiz - Spanien 2:4 nach Elfmeterschießen Elfmeter-Drama - tapfere Schweizer scheitern an Spanien

Stand: 02.07.2021 20:33 Uhr

Nach einem Eigentor durch Denis Zakaria schien die Schweiz im Viertelfinale gegen Spanien auf der Verliererstraße. Doch die Eidgenossen erholten sich, steckten einen Platzverweis weg - und scheiterten tragisch im Elfmeterschießen.

Beim 4:2 (1:1, 0:0, 3:1) für die Spanier, die mit unterkühlten, manchmal leidenschaftslos wirkenden Ballbesitzfußball ihrer Favoritenrolle nur zu Beginn gerecht wurden, hatte Jordi Alba schon in der 8. Minute den Weg bereitet. Seinen Schuss wollte Zakaria blocken, fälschte den Ball dabei aber so stark ab, dass Yann Sommer im Tor chancenlos und die UEFA davon überzeugt war, diese Aktion als Eigentor werten zu müssen.

Pannen-Rekord ausgebaut

Dass Zakaria an diesem Freitag (02.07.21) in St. Petersburg bereits zum zehnten Eigentor-Schützen dieser EURO avancierte, hat auch mit dieser Art der Bewertung zu tun: Im Sinne des Fußballs wäre es richtiger gewesen, Alba den Treffer zuzuerkennen, denn er wollte eindeutig selbst das Tor erzielen. Kurios: In allen Endrunden der EM-Geschichte zusammen genommen hatte es bisher erst neun Eigentore gegeben.

Fast schon tragisch ist inzwischen auch die interne Pannenserie zwischen Zakaria und Sommer, die im Bundesliga-Alltag gemeinsam für Mönchengladbach spielen.

Tragik zwischen Sommer und Zakaria

Am 1. Februar des Vorjahres unterlief Zakaria als Mittelmann einer Dreierkette mal seinen eigenen Schlussmann so unglücklich, dass dem bei einer 2:0-Führung der Borussen in Leipzig der Ball aus der Hand flutschte. Das nutzte Leipzig zum Anschlusstor und holte am Ende noch einen Punkt.

Viel schlimmer und auch mit Folgen für Zakarias weitere Karriere war der nächste Crash zwischen ihm und Sommer im darauffolgenden März. Beim Rauslaufen verletzte der Keeper seinen Vordermann so unglücklich am Knie, dass Zakaria einen Knorpelschaden davontrug, operiert werden musste und neun Monate lang ausfiel. So richtig in Form gekommen ist er danach nicht mehr, und auch bei dieser EURO bekam er erst seinen Platz zurück, weil sich Xhaka beim Sensations-Coup gegen Frankreich die zweite Gelbe Karte wegen Meckerns abgeholt hatte.

Widerstands-Toleranz als große Stärke

Doch die Schweiz hat bei diesem Turnier mehrfach gezeigt, dass es außer Dänemark kein Team gibt, dass sich so sehr an Widerständen hochziehen kann. Diese Fähigkeit ist ganz eng verbunden mit dem Typ Xhaka.

Der Spielverlauf gegen Spanien wäre für ihn ein Fest gewesen. Das frühe 0:1 durch ein Eigentor, dann auch noch die frühe Verletzung von Breel Embolo, der schon in der 23. Minute mit Problemen in der Kniebeuge durch Ruben Vargas ersetzt werden musste. Auffällig war nach diesen beiden Rückschlägen, dass die Schweiz im ersten Durchgang auch ohne Xhaka stabil blieb, nichts an ihrer Ordnung und Ausrichtung änderte und Spanien kaum klare Abschlüsse ermöglichte.

Shaqiri frech, Zakaria im Pech

Im Spiel nach vorne fehlte allerdings ein Xhaka, der vor allem gegen Frankreich mit genialen Pässen in die Tiefe geglänzt hatte. Zakaria zeigte zwar nach dem 0:1 in den Zweikämpfen eine gute Präsenz, doch wie sein Nebenmann Remo Freuler tat er zu wenig für das Offensivspiel. Immerhin: In Sachen Leadership rückte Xherdan Shaqiri nicht nur durch die Übernahme der Kapitänsbinde an die Spitze der Schweizer.

Seine Frechheit und sein Draufgängertum machten das Team von Vladimir Petkovic selbstbewusster, exemplarisch war sein Versuch in der 52. Minute, eine Ecke direkt zu verwandeln - Spaniens Keeper Unai Simon überstand die kurze Schrecksekunde schadlos. Spanien machte es sich in dieser Phase deutlich zu bequem und konnte von großem Glück sagen, dass kurz danach ein Kopfball von - ausgerechnet - Zakaria nur um Zentimeter am linken Pfosten vorbeiging.

Auch Spanien kann Pannen

Die Schweiz nutzte diese beiden Szenen aber als Mutmacher und erntete den verdienten Lohn. Als sich die beiden spanischen Innenverteidiger Pau Torres und der schon im gesamten Turnier überforderte Aymeric Laporte in der 68. Minute einen Slapstick-Doppelfehler leisteten, schob Freuler den Ball vor dem Tor quer zu Shaqiri, der eiskalt zum 1:1 einschob.

Das Spiel schien danach auf die Seite der inzwischen deutlich zweikampfstärkeren Schweizer zu kippen. Doch die schwächten sich selbst. Im Niemandsland des Mittelfeldes rauschte Freuler, der offenbar auch mal ein Zeichen in Sachen Aggressivität setzen wollte, in einen Zweikampf mit Gerard Moreno. Der Schweizer traf dabei sehr viel Ball, aber auch etwas Bein, und Schiedsrichter Michael Oliver war von der Dynamik des Einsteigens offenbar so beeindruckt, dass er Rot zeigte (78.).

Nicht falsch genug für den VAR

Die Entscheidung war mindestens umstritten, aber nicht so eindeutig falsch, dass sich der Video Assistant Referee zum Eingreifen genötigt sah. Mit Xhaka und Freuler fehlte nun das komplette zentrale Mittelfeld, dazu musste nach Embolo im ersten Durchgang nun auch noch Shaqiri mit Knieproblemen raus.

In der Verlängerung erhöhten die Spanier die Schlagzahl wieder deutlich, hatten durch Gerard Moreno, Jordi Alba, Dani Olmo und noch einmal Moreno gefährliche Abschlüsse. Die Schweiz ließ sich immer weiter in die eigene Hälfte drängen, hatten keine Entlastung mehr - aber einmal mehr einen überragenden Sommer.

Xhaka hält die letzte Rede

Der Goalie rettete seine Schweiz mit genialen Paraden in die zweite Hälfte der Verlängerung, in deren Pause Xhaka auf das Feld geeilt war. Er brüllte im Kreis der "Nati" nochmal eine flammende Motiavtionsrede, die sicher auch dazu beitrug, dass es seine Kollegen trotz insgesamt 43 Minuten in Unterzahl bis ins Elfmeterschießen schafften.

Dort sah es zunächst sogar gut aus für die Eidgenossen, weil Sergio Busquets den Pfosten traf und Sommer gegen Rodri parierte. Doch nach dem verwandelten Versuch von Mario Gavranovic ging plötzlich nichts mehr: Fabian Schär, Manuel Akanji und Ruben Vargas vergaben allesamt, Mikel Oyarzabal beendete den Showdown dann schließlich mit einem Kracher ins rechte Eck.