Trent Alexander-Arnold im Zweikampf gegen Anthony Elanga

Premier League Liverpool gegen Man United - Duell unter ungewohnten Vorzeichen

Stand: 03.03.2023 07:24 Uhr

Am 26. Spieltag der Premier League trifft der FC Liverpool auf Manchester United (Sonntag, 05.03.2023, Highlights der Partie in der Sportschau). Die "graue Maus" trifft auf ein Spitzenteam - nur sind dieses Jahr die Rollen vertauscht.

Ein Lächeln, ja fast schon ein breites Grinsen zog sich über das Gesicht von Jürgen Klopp. Sein Team, der FC Liverpool, hatte soeben den fünften Treffer von Real Madrid im Hinspiel des Achtelfinales der Champions League zum 2:5-Endstand eingeschenkt bekommen.

Ein bisschen Galgenhumor also. Zumindest in der Premier League (zehn Zähler aus den letzten vier Partien) konnten Liverpool und Jürgen Klopp die Formtief-Schlinge etwas lockern. Gegen Manchester United soll der nächste Befreiungsschlag her. Ein weiter Weg, denn Liverpool muss aktuell gleich mehrere Baustellen bearbeiten, um sich aus der Mini-Krise zu befreien.  

Liverpool-Spiel mit weniger Power

Klopp lässt seit Jahren einen intensiven Pressing-Fußball spielen. Seine Akteure müssen den Gegner früh und tief in der eigenen Hälfte stören, Sprint um Sprint anziehen. Und langsam macht sich der Verschleiß bemerkbar. Fehlt der Hunger, weil sich die Liverpooler mit den Erfolgen in nationalen und internationalen Wettbewerben satt gegessen haben?

Langjährige Stützen und Motoren der Mannschaft wie Fabinho (29 Jahre), Jordan Henderson (32), James Milner (37) oder Roberto Firmino (31) zeigen nicht mehr die Spritzigkeit und Zweikampfhärte, die sie vor wenigen Spielzeiten noch auszeichnete.  

Dadurch bieten sich immer wieder Räume für gefährliche Konter oder schnelle Umschaltmomente für die Gegner-Mannschaften. Und wenn Angriff und Mittelfeld erst einmal überbrückt sind, bröckelt die Liverpooler Defensiv-Wand. 28 Treffer kassierte das Team in der Premier League in dieser Spielzeit, in der gesamten vergangenen Saison waren es lediglich 26.

Jürgen Klopp über Defensive: "Zu passives Verteidigen"

Gegen Real Madrid bemängelte Klopp beim ersten Gegentor "zu passives Verteidigen", beim dritten Gegentor einen Ballverlust in einem "seltsamen Moment".

Klopp musste in dieser Saison besonders in der Innenverteidigung mehrfach verletzungsbedingt umstellen. Neben dem gesetzten Virgil van Dijk rotierten Joel Matip, Ibrahima Konate und Joe Gomez immer wieder in die Startformation. Langfristige defensive Stabilität kann so nur schwer entstehen.

FC Liverpool: Ineffizienter Angriff

Hinzu kommt, dass die Trumpfkarte der Außenverteidiger Andrew Robertson und Trent Alexander-Arnold ohnehin eher der offensive Einfluss ist. Robertson sammelte bisher die meisten Torvorlagen eines Außenverteidigers in der Geschichte der Premier League, Alexander-Arnold steht auf Platz drei. In dieser Saison gingen zusammengerechnet allerdings nur sieben Torvorlagen in der Premier League auf das Konto des Duos.

Was durchaus auch daran liegt, dass Liverpool laut offiziellen Statistiken der Premier League die meisten Großchancen (52) aller Teams in dieser Spielzeit vergab.

Manchester United im Formhoch

Ob der Knoten ausgerechnet gegen United platzt, ist fraglich. Für Liverpool könnte das Team aus Manchester nicht zu einem ungünstigeren Zeitpunkt vor der Tür stehen.

Es dauerte ein paar Monate, bis die Spielphilosophie von Erik ten Hag bei Manchester United verinnerlicht wurde, bis Eigengewächs Marcus Rashford zum Schlüsselspieler avancierte und bis ten Hag die richtigen Rollen für die Hauptdarsteller fand.

Seitdem haben die "Red Devils" neun der jüngsten elf Partien gewonnen, sicherten sich in der Europa League das Weiterkommen gegen den FC Barcelona und feierten jüngst den Pokalsieg im Carabao Cup gegen Newcastle United – der erste Titel seit sechs Jahren.

Neuzugänge bereichern Man United

Ten Hag sieht die Mentalität als entscheidenen Faktor: "Die Gewinner-Mentalität, die Spieler wie Raphael Varane, Casemiro oder David de Gea hier etabliert haben, ist essenziell", lobte der Niederländer.

Der brasilianische Mittelfeldmann Casemiro, der in der Verteidigung eher rustikal zu Werke geht, im eigenen Aufbauspiel den Ball aber durchaus streicheln kann, hat sich als feste Größe in der Aufstellung etabliert. Er weist Top-Werte in den relevantesten Defensiv-Kategorien (gewonnene Zweikämpfe, abgefangene Pässe, gewonnene Kopfballduellen oder geblockte Schüsse) auf und leitet mit seiner Übersicht immer wieder Gegenangriffe ein.

Marcus Rashford als Sinnbild der Formkurve

In der Offensive sorgt Shootingstar Marcus Rashford für wöchentliche Schlagzeilen. Der Flügelflitzer mit Torinstinkt sammelte wettbewerbsübergreifend 25 Treffer in der laufenden Spielzeit. "Rashford ist aktuell unaufhaltsam und hungrig auf Tore. Auch ein großes Lob an das Team, das ihn immer wieder in Szene setzt", lobte ten Hag nach dem Sieg gegen den FC Barcelona.

Wout Weghorst, ebenfalls Neuzugang, ist einer der Spieler, die Rashford in Szene setzen. Der bullige Stürmer zieht Verteidiger auf sich, kreiert dadurch Räume für die Flügelspieler und verfügt über ein feines Füßchen, um sie zu bedienen. Beispielsweise beim 2:0-Treffer gegen Newcastle United.

Es wird also eine schwere Aufgabe für das schwächelnde Spitzenteam Liverpool gegen das formstarke United. Jürgen Klopp könnte am Sonntag erneut ein Lächeln über die Lippen huschen - Anlass noch ausstehend.