Jahresrückblick 2021 | Super League 48 Stunden Super League

Stand: 28.12.2021 07:56 Uhr

Es war der Fußball-Krimi des Jahres. Nicht EM, nicht Champions League, nicht Bundesliga. Die Gründung einer Super League aus zwölf europäischen Spitzenklubs hielt im April den Fußball wie kein anderes Ereignis in Atem. Für 48 Stunden.

Es ist Sonntagnachmittag, als zwölf Klubs die europäische Sportwelt aus den Angeln heben. Eine Mitteilung im PDF-Format macht am 18. April 2021 unter Journalisten die Runde. "Führende Fußballklubs verkünden neuen Wettbewerb Super League", lautet der Titel. Die Super League - was über Jahre nur ein Drohszenario war, wird in der Nacht zum 19. April Realität, als die einzelnen Klubs nach und nach die Echtheit der Mitteilung bestätigen.

Es ist ein beispielloser Bruch mit den europäischen Institutionen im Fußball. In Europas Fußball beginnt ein Sport-Krimi, der nur rund 48 Stunden dauern soll, der aber noch lange nachwirken wird.

Mehr Geld? Das reichte den zwölf Klubs nicht mehr

Der Zeitpunkt ist pikant gewählt. Am Tag nach der Gründung kommt das UEFA-Exekutivkomitee zusammen, um eine Reform der Champions League ab 2024 zu beschließen. Mehr Spiele, mehr Geld, mehr Sicherheit bei der Qualifikation. Auch diese Reform der UEFA soll, wie alle zuvor, die Großen zufriedenstellen. Auch um eine mögliche Super League von abtrünnigen Großklubs zu verhindern. Als am 19. April die Sonne aufgeht, ist klar, dass die Strategie fehlgeschlagen ist. Die Super League kommt nicht. Sie ist schon da. Die zwölf Klubs wollen nicht "mehr", sie wollen praktisch "alles".

Die UEFA setzt in den folgenden Stunden alles in Bewegung, um die Super League doch noch zu verhindern: Vor allem die Klubs werden bearbeitet. Die britische Regierung schaltet sich ein, die Premier League ebenfalls. Hinzu kommt der laute Protest vieler Fans, der in der Öffentlichkeit die größte Wirkung hat. Ausgerechnet die Fans, die sich sonst hinten anstellen dürfen, wenn es um ihre Interessen geht, helfen die UEFA mit aus der Patsche.

Was in den nächsten Stunden passiert, ist beispiellos: Ein Klub nach dem anderen zieht sich kleinlaut zurück. Im restlichen Fußball-Europa spottet man über die verkorkste Kommunikationsstrategie der vermeintlichen Superklubs. Chelsea und Manchester City wenden sich als erste wieder ab, es folgen die vier anderen englischen Klubs, dann Inter und AC Mailand sowie Atlético Madrid. Die lakonischen Begründungen: Man habe es sich halt anders überlegt oder "auf die Fans gehört".

Ceferin: "Einige Leute haben uns jahrelang angelogen"

Juventus-Chef Andrea Agnelli war eine treibende Kraft der Super League. Eine Tochter Agnellis ist ein Patenkind von UEFA-Präsident Aleksander Ceferin, doch für den war das Thema durch. "Es gibt keine Beziehung mehr", sagte Ceferin der Nachrichtenagentur AP. "Und es wird nie wieder eine Beziehung geben."

Ceferin fühlt sich von Agnelli hintergangen. Noch am Tag zuvor habe ihm Agnelli versichert, dass es keine Super League geben werde. Wenig später sei Agnelli nicht mehr ans Telefon gegangen. "Ich habe realisiert, dass es der reine Verrat war, dass uns einige Leute seit Jahren angelogen hatten", jammert Ceferin. Als die Super League wieder abgeblasen war, sagte der UEFA-Chef: "Ich denke, sie ist tot."

Weit gefehlt, denn zurück bleibt ein Trio aus Juventus, Real Madrid und FC Barcelona - und das hat bis heute nicht aufgegeben.

Real Madrids Präsident: "Die Super League ist Freiheit!"

Neben Agnelli ist es vor allem Real Madrids Präsident Florentino Perez, der weiter an der Super League arbeitet. Seiner Klage vor einem Handelsgericht in Madrid wird stattgegeben. Die UEFA muss alle verhängten Sanktionen gegen die zwölf Klubs zurücknehmen. Eine Entscheidung darüber, ob die UEFA ihre Stellung missbraucht hat für ein Monopol zur Verhinderung von Wettbewerb oder Innovationen, soll nun der Europäische Gerichtshof (EuGH) im kommenden Jahr fällen.

Auf diesen Tag bereiten sich mindestens die drei übrig gebliebenen Klubs offen vor. "Die Super League ist Freiheit", verkündet Perez auf der Hauptversammlung von Real Madrid 2021. Klubs könnten so "Eigentümer ihres eigenen Schicksals" sein. Und die Super League stehe für "finanzielle Nachhaltigkeit". Je nach Entscheidung des EuGH heißt es also 2022 womöglich erneut: Fußball-Krimi Super League. Fragt sich nur, für wie lange.