Die deutschen Nationalspielerinnen Ann-Katrin Berger, Almuth Schult, Felicitas Rauch, Jule Brand und Marina Hegering (v.l.) jubeln über den Sieg mit den Fans.
analyse

Deutschland besiegt Dänemark Besser hätte der EM-Auftakt nicht laufen können

Stand: 09.07.2022 09:37 Uhr

Deutschland hat mit dem 4:0-Sieg gegen Dänemark bei der Euro 2022 ein erstes, dickes Ausrufezeichen gesetzt. Nicht nur mit dem Ergebnis, sondern vor allem mit der Art und Weise, wie ihn das Team als Einheit eingefahren hat.

Von Florian Neuhauss (London)

Es wirkte ein bisschen widerwillig. Lina Magull wurde die "Ehre" zuteil, sich nach dem Sieg gegen Dänemark vor eine Sponsorenwand zu stellen und vor laufender Kamera einen klobigen Pokal überreicht zu bekommen. Es war die Auszeichnung als beste Spielerin der Partie - aber so recht zu freuen, schien sich die 27-Jährige nicht.

Sekunden später huschte ihr aber doch ein Lächeln über die Lippen. Ersatzspielerin Laura Freigang hatte schnell ihr Smartphone aus dem Beutel geholt, um diesen Moment festzuhalten. Also schnitt Magull für ihre gute Freundin eine Grimasse und ließ sich noch einmal ablichten. "Uns verbindet ein besonderes Band", erklärte Freigang kurz darauf. "Und ich freue mich unglaublich für sie. Sie hat ein Riesen-Spiel gemacht."

Magull: "Bin stolz auf die ganze Mannschaft"

Mit ihrem 1:0, bei dem sie erst selbst den Ball eroberte und ihn dann unhaltbar für Torhüterin Lene Christensen ins Netz der Däninnen drosch, ebnete die Offensivspielerin den Weg zum Sieg. Nachdem sie zuvor schon ein paar Chancen ausgelassen hatte, "war beim Schuss auch viel Frust dabei", sagte Magull.

Auch wenn die 27-Jährige zusätzlich zu ihrem Treffer noch das 2:0 vorbereitete, wollte sie selbst nicht im Mittelpunkt stehen: "Ich bin sehr stolz auf die ganze Mannschaft. Wir haben eine hervorragende Leistung gezeigt und nie Zweifel aufkommen lassen", betonte Magull.

Popp und Co. schreiben besondere Geschichten

Es war ein Abend wie gemalt, ein Abend, der eine ganze Reihe besonderer Geschichten schrieb. Da war Torhüterin Merle Frohms, die bei ihrem ersten EM-Spiel ohne Gegentor blieb und mit einer schönen Parade das zwischenzeitliche 1:0 festhielt. "Wenn ich es mir vorher hätte aussuchen können, dann hätte ich mir dieses Spiel ausgesucht", sagte Deutschlands Nummer eins. "Es hätte nicht besser laufen können."

Da war das Innenverteidigungs-Duo Kathrin Hendrich/Marina Hegering, das überhaupt erst zum zweiten Mal so zusammengespielt hat - und eine ganz starke Partie gezeigt hat.

Und da waren die Jokerinnen: Erst erzielte Lena Lattwein 17 Minuten nach ihrer Einwechslung das 3:0 und sorgte mit ihrem ersten Länderspieltor überhaupt für die Entscheidung. Dann traf auch noch Alexandra Popp, die zusammen mit Lattwein in der 61. Spielminute das Spielfeld betreten hatte. Im Alter von 31 Jahren feierte die Mittelstürmerin ihr EM-Debüt, das zuvor stets Verletzungen verhindert hatten. Und auch diesmal war es überhaupt nur möglich, weil das Turnier Corona-bedingt um ein Jahr verschoben worden war.

DFB-Frauen präsentieren sich als richtige Mannschaft

Und während sich Deutschland Gedanken darüber macht, ob das Männer-Nationalteam gut damit fährt, sich einfach "Die Mannschaft" zu nennen, präsentieren sich die Frauen als eine eben solche. Die Spielerinnen in der Startelf hielten sich bei der Nationalhymne an den Händen.

Torhüterin Almuth Schult, der nach ihrer Baby-Pause nur der Platz hinter Frohms geblieben ist, applaudierte ihrer Kontrahentin beim Aufwärmen mehrfach für gelungene Aktionen und beschriftete wenig später auf der Ersatzbank akribisch alle Trinkflaschen mit den Namen ihrer Mitspielerinnen.

Hier stellt gerade jeder sein Ego hinten an. Natürlich will jeder spielen, aber jede unterstützt jede - weil wir ein gemeinsames Ziel haben.
Nationaltorhüterin Merle Frohms

Popp - noch auf der Ersatzbank - ging in einer Trinkpause aktiv auf ihre Kontrahentin im Sturmzentrum Lea Schüller zu, die bis dahin glücklos gestürmt hatte, und klatschte aufmunternd mit ihr ab. Am Ende hatten beide ein Tor erzielt.

Und als Lattwein gerade für das 3:0 gesorgt hatte, sprintete Hegering zur Seitenlinie, um mit Sara Doorsoun, Sophia Kleinherne und Sydney Lohmann, die sich gerade warmliefen, gemeinsam zu feiern. Die Bundestrainerin sagte: "Es ist ein großes Geschenk, mit dieser Mannschaft so aufs Feld gehen zu dürfen."

Lieber Fotos als ein schnöder Pokal

Als Voss-Tecklenburg und Magull zusammen zur Pressekonferenz kamen, stellte DFB-Pressesprecherin Annette Seitz die Trophäe der Spielerin des Spiels vor sie auf den Tisch. Magull räumte erst mal auf und der Pokal landete unter dem Tisch: "Den haben die Leute ja nun gesehen."

Es ist davon auszugehen, dass diese Auszeichnung keinen besonderen Platz bei ihr zu Hause bekommt. Anders könnte das vielleicht bei dem Foto sein, das Freigang von ihr und der Trophäe geschossen hat. Als Erinnerungsfoto an einen Abend, der kaum hätte besser laufen können.