Fußball | Finanzen Financial Fairplay - Vorschlag entschärft, aber Streit um Sanktionen

Stand: 16.12.2021 07:00 Uhr

Die UEFA wird in ihrem Exekutivkomitee den Stand der Verhandlungen zur Neuregelung des Financial Fairplays vorstellen. Auf der Tagesordnung der per Videokonferenz angesetzten Sitzung am Donnerstag (16.12.2021, 10 Uhr) steht ein "Zwischenstand zur Entwicklung der finanziellen Regularien". Es ist eines der wichtigsten Themen in der UEFA derzeit, denn die neuen Regeln des Financial Fairplays werden den europäischen Klubfußball in den kommenden Jahren prägen.

Von Chaled Nahar, Matthias Wolf

Ein Punkt, der in den Verhandlungen immer wieder angesprochen wurde und derzeit noch offen ist, sind Sanktionen bei Verstößen. In den alten Regeln wurden Regelverletzungen manchmal nicht sanktioniert oder Strafen von der Sportgerichtsbarkeit wieder aufgehoben.

So konnten Paris Saint-Germain und Manchester City in der Vergangenheit jeweils den Ausschluss aus der Champions League verhindern und mussten nur Geldstrafen bezahlen. "Geldstrafen haben auf Besitzer in den Vereinigten Arabischen Emiraten oder in Katar aber überhaupt keine abschreckende Wirkung", sagt ein europäischer Ligenvertreter im Gespräch mit der Sportschau. "Manche Klubs könnten diese Strafen sogar in ihre Strategie einkalkulieren. Nur sportliche Strafen wirken." Im ersten Vorschlag war von einer "Luxussteuer" die Rede, wenn ein Klub über die Begrenzungen hinaus wirtschaftet. Mit diesem Prinzip könnten sich wohlhabende Klubs Verstöße regelrecht erkaufen.

Zwei wichtige Änderungen am Vorschlag aus deutscher Sicht

Besonders in Deutschland herrscht aber grundsätzlich eher Erleichterung über den Verlauf der Verhandlungen. "Da sind wir deutlich moderater unterwegs als die Diskussion mal gestartet ist", sagte Christian Seifert, Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga (DFL) am Dienstag, ohne konkrete Details zu nennen. Nach Informationen der Sportschau gibt es aus deutscher Sicht vor allem zwei wichtige Änderungen:

  1. Die unbegrenzte Zufuhr von Investorengeld, die in dem aktuellen System noch klar eingeschränkt ist, steht nicht mehr in dem Vorschlag. Das große Aber: Wie die Zuwendungen begrenzt werden und in welcher Höhe, ist noch unklar. Aktuell im Gespräch ist ein mögliches Defizit zwischen Einnahmen und Ausgaben von 20 Millionen Euro pro Saison, das von Investoren ausgeglichen werden könnte. Hinzu könnten weitere 10 Millionen kommen, die an Bedingungen geknüpft wären. In der aktuellen Regelung sind es grundsätzlich 10 Millionen pro Saison.
  2. Zuletzt sah der Plan vor, dass nur ein bestimmter Teil der Einnahmen eines Klubs aus dem Fußballgeschäft für den Kader aufgewendet werden darf. Im Raum stand die Zahl von 70 Prozent. Der Vorschlag sah allerdings vor, dass diese Zahl nur für die der UEFA gemeldete A-Liste von 25 Spielern gelten soll. So hätten sich besonders reiche Klubs B-Mannschaften für nationale Wettbewerbe anlegen können. Auch denkbar wären Transfers, die nur der Spekulation auf Wertsteigerung dienen. Mit diesen Einnahmen hätten diese Klubs dann die Möglichkeit gehabt, in der A-Liste höhere Ausgaben zu rechtfertigen. Doch die Begrenzung dieser Kostenkontrolle auf die A-Liste soll nach Informationen der Sportschau nun nicht mehr greifen.

Als Seifert über Änderungen am Vorschlag sprach, bezeichnete er den Stand "als im weitesten Sinne gangbar" und mahnte an, dass nicht alle Wünsche erfüllt werden. "In anderen Ländern herrschen andere Vorstellungen."

Blockbildungen und Konflikte in den Gremien

Unter den Interessengruppen haben sich regelrechte Blöcke gebildet. Bei den Ligen befinden sich La Liga (Spanien) und die Premier League (England) in großen Teilen auf einer Linie mit der Bundesliga, während die Ligue 1 (Frankreich) und die Serie A (Italien) eine deutlichere Öffnung für Investoren befürworten.

Auch im Vorstand der einflussreichen Klubvereinigung ECA liegt keine einheitliche Linie vor. Paris Saint-Germain mit ECA-Chef Nasser Al-Khelaifi aus Katar als Präsident und Klubs wie Manchester City oder AC Mailand stehen für eine Deregulierung. Sie sehen in einer zu starken Kostenkontrolle ein Hindernis für Investitionen in den Fußball. Auch UEFA-Präsident Aleksander Ceferin äußerte sich teilweise in zumindest ähnlicher Form.

Im ECA-Vorstand stehen vor allem die Vertreter aus Deutschland wie Bayern München oder Borussia Dortmund dem entgegen.

Geschäftsführer von Young Boys Bern: Der Beste soll gewinnen, nicht der Reichste

Das gilt auch für Wanja Greuel. Der Geschäftsführer von Young Boys Bern sitzt ebenfalls im Vorstand der ECA. "Ich bin überzeugt, dass wir den Fußball in die falsche Richtung lenken", sagt er im Gespräch mit der Sportschau. "Ich möchte, dass in den nächsten Jahrzehnten die Klubs Titel gewinnen, die das beste Management und den besten Trainerstab haben. Diejenigen, die Strategien und Taktiken finden, um das Beste aus ihren Spielern auf dem Platz herauszuholen. Nicht diejenigen sollen triumphieren, die einfach das meiste Geld zur Verfügung haben, um einfach die besten Spieler zu kaufen und die höchsten Gehälter zu zahlen."

Seiner Ansicht nach müssen die neuen Regularien dies ermöglichen. "Wir müssen sicherstellen, dass die von uns geschaffenen Systeme Fairness auf allen Ebenen fördern", sagt Greuel. Zuletzt habe es eine völlig andere Entwicklung gegeben.

"Wir haben in den letzten zehn Jahren große Fehler gemacht. Während die Einnahmen im europäischen Fußball explodiert sind, haben wir die Kostenkontrolle vergessen." Die Kostenkontrolle sei aber die wichtigste Methode, um ein funktionierendes System für Wettbewerbsgleichgewicht und finanzielles Gleichgewicht herzustellen.

Entscheidung auf März 2022 vertagt

Eine Entscheidung, wie die Zukunft aussehen soll, wird am 22. März im UEFA-Exekutivkomitee erwartet - zunächst war eine Entscheidung bis Jahresende 2021 anvisiert worden. Die entscheidenden Sitzungen in den Gremien finden im Januar und Februar statt.