Reisende auf einem Bahnhof

Bahn und Polizei gelassen Für neun Euro zum DFB-Pokal und zurück

Stand: 29.07.2022 12:54 Uhr

Zum ersten Mal ist das 9-Euro-Ticket an einem Wochenende mit vollem Profifußballprogramm gültig. Es gibt in der 1. Runde des DFB-Pokals einige äußerst attraktive Spiele für Auswärtsfans, andere Strecken schrecken ab.

Der FC Bayern im Heimspiel wäre dem FC Hansa sicher aus finanziellen Gründen lieber gewesen, aber unter anderen Aspekten ist die Auswärtsaufgabe beim VfB Lübeck ein Traumlos. Sportlich gesehen ist der Zweitligist aus Rostock klarer Favorit beim Verein aus der Regionalliga Nord, und für die Auswärtsfans ist es nahezu perfekt - zumindest auf dem Papier.

Weniger als zwei Stunden beträgt die Fahrtzeit mit den Regionalzügen, nur ein Umstieg ist nötig, und das für neun Euro. Wenn alles glatt läuft und es an der Lübecker Lohmühle keine Verlängerung gibt, sind die Rostocker noch vor 21 Uhr wieder am Hauptbahnhof ihrer Stadt.

Mit dem Los dürften auch die Auswärtsfahrer des VfL Bochum zufrieden sein, denn mit FC Viktoria 1889 Berlin bekommt es der Bundesligist mit einem Absteiger aus der 3. Liga zu tun. Hadern dürften die Fans des VfL mit der Anstoßzeit am Samstag (30.07.2022) um 13 Uhr.

1.04 Uhr Abfahrt am Hauptbahnhof Bochum

So müssen die Bochumer, so sie denn das 9-Euro-Ticket nutzen wollen, schon um 1.04 Uhr an ihrem Hauptbahnhof losfahren. Dann wären sie nach Umstiegen in Hamm/Westfalen, Bielefeld, Braunschweig und Magdeburg planmäßig um 10.49 Uhr am Hauptbahnhof in Berlin, um von dort zum Jahn-Sportpark zu gelangen.

Aber nach Plan läuft bei der Deutschen Bahn derzeit im Regionalverkehr wenig. Die Züge sind vor allem an den Wochenenden häufig überfüllt, es gibt etliche Verspätungen. Viele Züge fallen auch aus, weil angesichts der immer noch sehr hohen Corona-Infektionszahlen Personal fehlt.

Die Bahn spricht beim 9-Euro-Ticket von einem großen Erfolg. "Mindestens 30 Millionen Menschen haben allein im ersten Monat Juni das Angebot genutzt", teilte eine Sprecherin mit. Auf die Anfrage der Sportschau, ob wegen des anstehenden vollen Fußballprogramms Sonderzüge und auch mehr Personal eingesetzt würden, ging die Bahn nicht ein. Allgemein antwortete sie, dass seit Juni mehr als 50 zusätzliche Züge und 700 zusätzliche Service- und Sicherheitskräfte eingesetzt würden.

Halbwegs zeitig und ein bisschen Puffer

Trotzdem dürfte sich die Reiselust der Fußballfans auf Strecken beschränken, die halbwegs zeitig und mit ein bisschen Puffer zu erreichen sind. Da gehört sicher die Strecke Rostock-Lübeck-Rostock zu, genau wie Hamburg-Duisburg-Hamburg (der FC St. Pauli spielt im Stadion des MSV gegen den SV Straelen), Berlin-Braunschweig-Berlin (Hertha bei der Eintracht) und Gelsenkirchen-Oldenburg-Gelsenkirchen.

Der FC Schalke 04 spielt am Sonntag um 13 Uhr im Marschweg-Stadion des VfB Oldenburg gegen den Viertligisten Bremer SV, dessen eigenes Stadion den Vorgaben des Deutschen Fußball-Bundes nicht genügt. Weniger als fünf Stunden dauert die Fahrt von Gelsenkirchen nach Oldenburg, und es darf davon ausgegangen werden, dass an den möglichen Umsteigebahnhöfen in Münster/Westfalen, Osnabrück und Bremen noch etliche Menschen mit königsblauen Trikots zusteigen werden.

"Business as usual" für Bundespolizei

Bahnhöfe sind unter Sicherheitsaspekten oft neuralgische Punkte, wenn Fangruppen aufeinandertreffen. Dass nun erstmals die Fans nahezu aller Profiklubs am Wochenende die Möglichkeit haben, für sehr wenig Geld ihrer Mannschaft hinterherzureisen, hat keine besonderen Auswirkungen auf die Einsatzplanungen der für Bahnhöfe und Zugverkehr zuständigen Bundespolizei. "Das ist erstmal business as usual", sagte Sprecherin Caroline Schröder.

Die Ansetzungen der Partien und Reiserouten ergeben auch nur wenige Stellen, an denen es Scharmützel geben könnte. Möglicherweise treffen bei Umstiegen in Hamm/Westf. und am Kölner Hauptbahnhof Gruppen aus Hannover (96 spielt beim TSV Schott Mainz) und Bielefeld (Arminia in Koblenz gegen den FV Engers 07) zusammen. Aber selbst wenn, geht so etwas nur selten über Schmähgesänge hinaus.

Wie verlockend das 9-Euro-Ticket ist, zeigt sich beim Preisvergleich für die Strecken Bochum-Berlin und Hannover-Mainz. Beide Strecken hin und zurück mit dem Fernverkehr würden selbst mit Bahncard50 (also einer Ermäßigung um die Hälfte) etwa 100 Euro kosten.

Manche Verbindungen sind mit so vielen Reisekilometern und Umstiegen verbunden, dass die Fahrt selbst beim Schnäppchenpreis abschreckend wirkt. Dazu gehören Köln-Regensburg-Köln (der FC beim SSV Jahn) und vor allem Hamburg-Bayreuth-Hamburg (HSV bei der SpVgg).

Option Übernachtung

Aber auch auf den ersten Blick verlockende Spiele haben ihre Tücken, so das Duell zwischen Kickers Offenbach und Fortuna Düsseldorf. Zwar dauert eine Fahrt planmäßig weniger als viereinhalb Stunden, da aber am Samstag erst um 18 Uhr Anstoß auf dem Bieberer Berg ist, wäre die Rückkehr in Düsseldorf erst gegen 4 Uhr.

Eine andere Option ist eine Übernachtung, die dann jedoch den Preisvorteil mindert oder aufhebt.

Bei den Pokalspielen am Freitag und Montag dürfte es kaum Fans geben, die vom 9-Euro-Ticket Gebrauch machen. Sollte ein Fan des Karlsruher SC sich dennoch dazu entschieden haben und sich am Morgen nach der Partie bei der TSG Neustrelitz um 6 Uhr in den ersten Zug setzen, würde er es vielleicht knapp zur 20-Uhr-Tagesschau nach Hause schaffen.

Für Fans des FC Hansa wäre der Oberligist hingegen ein anderes Traumlos gewesen. Noch am Freitag um 22.07 Uhr fährt der RE5 auf Gleis 3 in Neustrelitz ab, 76 Minuten später rollt er in Rostock ein. Planmäßig.