Fußball | Champions League BVB gegen Ajax - eine Niederlage als logische Folge

Stand: 04.11.2021 10:10 Uhr

Borussia Dortmund sucht die Schuld an der Niederlage gegen Ajax Amsterdam in der Roten Karte gegen Mats Hummels. Das ist verständlich, blendet aber andere Faktoren aus.

Manchen Fußballmannschaften wird nachgesagt, mit einer Überzahlsituation schlecht umgehen zu können. Ajax Amsterdam ist aus dieser Gruppe auszuschließen, das zeigte sich am Mittwochabend (03.11.2021) in Dortmund. Geduldig, bisweilen schnell, aber ohne Hast, spielte der Meister aus den Niederlanden den Ball von der einen auf die andere Seite, gerne auch über die Innenverteidiger.

Aus dem Verschieben der Dortmunder wurde ein zähes Verschleppen. Das sah jeder Fan des BVB, und die Blicke gingen bange zur Uhr auf der Anzeigetafel. Als sich die 70. Minute näherte, sollte allen klar gewesen sein, dass der Gegner zumindest noch zu einigen Chancen kommen würde.

Zwei Tore nach demselben Muster

Die Hoffnung, für den Willen und ein über lange Zeit sehr ordentliches Spiel mit dem Glück belohnt zu werden, den 1:0-Vorsprung bis zum Schlusspfiff zu verteidigen, verschwand jedoch schnell. Mit zwei Toren in der 72. und 83. Minute lenkte Ajax die Partie in seine Richtung.

Beide Treffer fielen nach demselben Muster. Die Mannschaft von Trainer Erik ten Hag kombinierte auf der linken Seite, verlagerte dann auf die rechte Seite zu Antony, der dem Spiel die für den BVB so zermürbende Breite gegeben hatte. Flanke aus dem Halbfeld, Tor. So lief es beide Mal ab.

Beim ersten Treffer stand Marco Reus weit von Antony weg, Marin Pongračić verlängerte den Ball, weil er nicht hoch genug sprang, beim zweiten Treffer stand Ansgar Knauff zu weit von Antony weg, verlor Manuel Akanji das Kopfballduell gegen Sébastien Haller.

Bei Knauff scheidet Müdigkeit als Grund aus, denn er war erst in der 76. Minute eingewechselt worden. Es war schlicht die Entfernung zum Gegner, die zu groß gewesen war, weil die Unterzahl kompensiert werden musste.

"Absurde Fehlentscheidung"

Die Unterzahl, hervorgerufen durch die Rote Karte gegen Mats Hummels in der 29. Minute, hat das Spiel stark beeinflusst, das belegen die Statistiken und optischen Eindrücke. Hummels behauptet, dass dem Platzverweis eine "absurde Fehlentscheidung" des englischen (sic!) Schiedsrichters Michael Oliver zugrundeliegt. Das dürfte auch in dieser Schärfe Konsens sein.

Julian Brandt behauptet, dass der BVB das Spiel gewonnen hätte, falls es bei einer Gleichzahl geblieben wäre. Das ist weder zu belegen noch zu widerlegen. Es ist verständlich, zumal wenn die Meinung in einem Moment von Müdigkeit und Enttäuschung abgefragt wird.

Viel besser als in Amsterdam

Borussia Dortmund zeigte im Heimspiel gegen Ajax, wie von Hummels einen Tag zuvor angekündigt, ein "ganz anderes Gesicht" als in Amsterdam beim demütigenden 0:4. Das Mittelfeld und die Viererkette hielten einen deutlich geringeren Abstand zur ersten Pressinglinie als gut zwei Wochen zuvor.

So kam der BVB in die Zweikämpfe, machte es den technisch hervorragend ausgebildeten Fußballern des Gegners schwer, ein Kombinationsspiel aufzuziehen. Im Offensivspiel wurde der Ball viel länger als in Amsterdam gehalten, die Dribblings waren mutiger. Der Bundesligist zeigte, was er in der Arena von Amsterdam hatte vermissen lassen.

Verletzungen mindern die Qualität enorm

Aber es gibt ein paar Einschränkungen, die an Brandts These Zweifel lassen. Steffen Tigges etwa ist ein Mittelstürmer, der den verletzten Erling Haaland ersetzte, aber wie Millionen andere Mittelstürmer ganz viele der Qualitäten des Norwegers nicht hat. Die Sprints hinter die Abwehrkette, ansonsten seine ganz große Stärke, bekam selbst Haaland in Amsterdam nicht hin. Tigges war am Mittwoch in Dortmund mehr Anläufer als Mittelstürmer. Er bekam nur zehn Pässe zugespielt, vier davon hatten Torwart Gregor Kobel als Absender.

Auch auf anderen Positionen fehlt dem BVB die Qualität, um die vielen Ausfälle zu ersetzen. Bei Axel Witsel kamen im Zentrum des Mittelfeldes Müdigkeit zu ohnehin schon vorhandenen Schnelligkeitsdefiziten. Mahmoud Dahoud und gerade Emre Can wegen dessen guter Physis wurden schmerzlich vermisst.

Ersatz des Ersatzes für den Ersatz

Marius Wolf ist schon der Ersatz des Ersatzes für Raphaël Guerreiro als linker Verteidiger. Als auch Wolf, der ordentlich spielte, dann verletzt vom Platz musste, kam Felix Passlack, der im Verbund mit Knauff in der letzten Viertelstunde die Aufgabe hatte, auf der linken Defensivseite Antony in Schach zu halten.

Das Niveau der Einzelspieler, gepaart mit dem reifen Zermürbungsspiel in Überzahl, gab letztlich für Ajax den Ausschlag.