Fußball | 50+1-Regel 50+1-Regel: DFL verteidigt Ausnahmen für drei Klubs

Stand: 13.11.2021 08:20 Uhr

In einer Stellungnahme an das Bundeskartellamt hat die Deutsche Fußball Liga (DFL) die Ausnahmeregelung für Leverkusen, Hoffenheim und Wolfsburg von der 50+1-Regel verteidigt. Genau diese Ausnahmen hatte die Behörde zuvor kritisiert.

Von Chaled Nahar, Thorsten Poppe

In ihrer "Stellungnahme zur vorläufigen Einschätzung des Bundeskartellamts zur 50+1-Regel" verteidigt die DFL die gewährten Ausnahmen von der Regel für die Klubs Bayer 04 Leverkusen, VfL Wolfsburg und TSG Hoffenheim. Das Präsidium der DFL schreibt, dass es die vorläufige Beurteilung des Kartellamts zumindest in der entscheidenden Frage nicht teile: Dass die Ausnahmen für diese drei Klubs nicht wettbewerbskonform seien.

"Die mit der Grundregel verfolgten Ziele werden nicht durch die erteilten Förderausnahmen konterkariert, sondern setzen sich in der Regelung zur Förderausnahme - wenn auch in anderer Ausgestaltung - konsistent fort", heißt es in dem Dokument vom 29. September 2021, das der Sportschau vorliegt. Einige "Argumente und Tatsachen" hätten vom Kartellamt "noch keine oder keine hinreichende Berücksichtigung gefunden". Die DFL wirbt also um einen Fortbestand des Status quo und fordert eine Neubewertung ihrer vorgelegten Argumente. Auf Anfrage der Sportschau teilt die DFL mit, dass sie sich aktuell nicht öffentlich zu dem Thema äußern werde.

DFL über die drei Klubs: Sportlich nicht dominierend, sozial wertvoll

Die DFL argumentiert in ihrer Stellungnahme, dass die Ausnahme für Leverkusen, Wolfsburg und Hoffenheim den Zielen der 50+1-Regel nicht widerspreche. Eine unverhältnismäßige Bevorteilung der drei Klubs im sportlichen Wettbewerb gebe es nicht. Um das zu belegen, legt die DFL dem Bundeskartellamt unter anderem in einer Tabelle beispielsweise dar, wie häufig die drei Klubs eine Qualifikation zur Champions League oder zur Europa League verpasst haben. Zudem hätten sich in keiner der anderen Top-Ligen Europas seit 2010 so viele unterschiedliche Klubs für den Europapokal qualifiziert wie in Deutschland. Dies dokumentiere "die langfristige Ausgeglichenheit des Bundesliga-Wettbewerbs".

Die DFL schreibt den drei von der Regel ausgenommenen Klubs zudem eine andere Form der Verbundenheit mit ihren Eigentümern zu als es bei sonstigen Investoren der Fall sei. Das sorge für finanzielle Stabilität. Außerdem seien dadurch "die Wahrung sportlich-sozialer Belange" oder "die Berücksichtigung der kulturellen und sozialen Funktion des Sports" in diesen Klubs gewährleistet, schreibt die DFL und verweist dazu auch auf soziale Projekte von Leverkusen, Wolfsburg und Hoffenheim.

Bundeskartellamt befand 50+1 als "kartellrechtsneutral" - die Ausnahmen nicht

Die 50+1-Regel besagt, dass die Mehrheit der Anteile eines Vereins immer in den Händen der Mitglieder liegen soll. Der Einfluss von Investoren wird somit begrenzt. Eine Ausnahmeregelung erlaubt es jedoch Sponsoren, Investoren oder Gönnern, die den Fußballsport des Vereins ununterbrochen und erheblich gefördert haben - in diesem Fall mindestens 20 Jahre - vollständig zu übernehmen.

Das Bundeskartellamt hatte in seiner vorläufigen Einschätzung vom 31. Mai 2021 deutlich gemacht, dass die Grundregel von 50+1 zwar kartellrechtsneutral sei, die Ausnahmenregelung allerdings nicht. Auch dieses Schreiben liegt der Sportschau vor. Bei Klubs, die die Ausnahmeregelung nutzen, könne laut Bundeskartellamt der Einfluss des Muttervereins auf "null" reduziert werden. Die drei Klubs hätten durch die Ausnahmeregelung wirtschaftlich andere Möglichkeiten als der Rest. Die 50+1-Regel soll laut Kartellamt auch für eine gewisse Chancengleichheit im sportlichen Wettbewerb sorgen. Und das sei eben mit der Ausnahme nicht gegeben.

Kartellamt bat um Lösungen, wie die Regel konform gestaltet werden kann

Die Klubs aus Leverkusen, Wolfsburg und Hoffenheim, geprägt von einem Chemiekonzern, einem Autokonzern und von einem Milliardär, müssen also im Gegensatz zu den 33 anderen Vereinen der Bundesliga und der 2. Bundesliga die 50+1-Regel nicht einhalten. Das würde dem Ziel des vereinsgeprägten Wettbewerbs unter dem Dach der DFL entgegenstehen, so die Wettbewerbsbehörde.

Der Präsident des Bundeskartellamts, Andreas Mundt, sagte dazu im Deutschlandfunk: "Die 50+1-Regel ist für uns nicht zu beanstanden. Sie wird aber mit der Förderausnahme mit einem Mal in Gänze beseitigt. Also es gibt nur heiß oder kalt, hopp oder top." Mundt hatte deshalb eine sachliche Debatte aller Beteiligten empfohlen, und Lösungsvorschläge seitens der DFL eingefordert: "Der Ball liegt jetzt ganz eindeutig im Feld der DFL. Es gilt, Lösungen aufzuzeigen, wie man diese Gesamtregel, also 50+1 und die Ausnahmen, kartellrechtskonform gestalten kann."

Noch keine Lösungsvorschläge der DFL, dafür ein Wunsch nach Gesprächen

Auf diese zentrale Forderung des Bundeskartellamts geht die DFL in ihrer Stellungnahme noch nicht ein. Obwohl auch explizit in der vorläufigen Einschätzung der Wettbewerbsbehörde formuliert worden ist, dass es nun an der DFL sei, "einen kartellrechtskonformen Zustand herbeizuführen".

Die drei von der Regel ausgenommenen Klubs haben sich im Juni bereits an die 33 anderen Klubs der DFL gewandt. Dass sie aus dem Spielbetrieb genommen werden könnten, sei für sie "inakzeptabel", zitierte das Handelsblatt aus dem Brief. Das Schreiben der DFL an das Bundeskartellamt schließt nun mit dem Wunsch nach "lösungsorientierten Gesprächen", in denen es auch "um Möglichkeiten und Formen von Bestandsschutz für bereits erteilte Ausnahmen" gehen solle.